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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

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43.

Deswegen auch alle ältere Knospen schwärzer sind
als die neuen; diese aber gelblicher, weil die Feuchtig-
keit in ihnen sich noch nicht völlig geschwärzt hat. Wenn
nun aber, bey langsamerem Wachsthum, die Feuch-
tigkeit lange in ihnen verweilt, so wird das der Luft
ausgesetzte Feuchte nach und nach schwarz und die Farbe
lauchartig, indem sie durch ein ganz reines Schwarz
temperirt ist.

44.

Diejenigen Theile der Pflanzen aber, in denen
das Feuchte nicht mit den Sonnenstrahlen gemischt
wird, bleiben weiß, wenn sie nicht etwa schon ver-
altet und ausgetrocknet und daher schwarz geworden
sind.

45.

Deswegen auch an den Pflanzen alles, was über der
Erde steht, zuerst grün ist, unter der Erde aber Sten-
gel, Wurzeln und Keime die weiße Farbe haben. So
wie man sie aber von der Erde entblößt, wird, wie
gesagt ist, alles grün; weil die Feuchtigkeit, welche
durch die Keime zu den übrigen Theilen durchseigt, die
Natur dieser Farbe hat und zu dem Wachsthum der
Früchte sogleich verbraucht wird.

46.

Wenn die Früchte aber nicht mehr zunehmen, weil
die Wärme die zufließende Nahrung nicht mehr beherr-
schen kann, sondern die Feuchtigkeit nur von der Wärme

43.

Deswegen auch alle aͤltere Knospen ſchwaͤrzer ſind
als die neuen; dieſe aber gelblicher, weil die Feuchtig-
keit in ihnen ſich noch nicht voͤllig geſchwaͤrzt hat. Wenn
nun aber, bey langſamerem Wachsthum, die Feuch-
tigkeit lange in ihnen verweilt, ſo wird das der Luft
ausgeſetzte Feuchte nach und nach ſchwarz und die Farbe
lauchartig, indem ſie durch ein ganz reines Schwarz
temperirt iſt.

44.

Diejenigen Theile der Pflanzen aber, in denen
das Feuchte nicht mit den Sonnenſtrahlen gemiſcht
wird, bleiben weiß, wenn ſie nicht etwa ſchon ver-
altet und ausgetrocknet und daher ſchwarz geworden
ſind.

45.

Deswegen auch an den Pflanzen alles, was uͤber der
Erde ſteht, zuerſt gruͤn iſt, unter der Erde aber Sten-
gel, Wurzeln und Keime die weiße Farbe haben. So
wie man ſie aber von der Erde entbloͤßt, wird, wie
geſagt iſt, alles gruͤn; weil die Feuchtigkeit, welche
durch die Keime zu den uͤbrigen Theilen durchſeigt, die
Natur dieſer Farbe hat und zu dem Wachsthum der
Fruͤchte ſogleich verbraucht wird.

46.

Wenn die Fruͤchte aber nicht mehr zunehmen, weil
die Waͤrme die zufließende Nahrung nicht mehr beherr-
ſchen kann, ſondern die Feuchtigkeit nur von der Waͤrme

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[39/0073] 43. Deswegen auch alle aͤltere Knospen ſchwaͤrzer ſind als die neuen; dieſe aber gelblicher, weil die Feuchtig- keit in ihnen ſich noch nicht voͤllig geſchwaͤrzt hat. Wenn nun aber, bey langſamerem Wachsthum, die Feuch- tigkeit lange in ihnen verweilt, ſo wird das der Luft ausgeſetzte Feuchte nach und nach ſchwarz und die Farbe lauchartig, indem ſie durch ein ganz reines Schwarz temperirt iſt. 44. Diejenigen Theile der Pflanzen aber, in denen das Feuchte nicht mit den Sonnenſtrahlen gemiſcht wird, bleiben weiß, wenn ſie nicht etwa ſchon ver- altet und ausgetrocknet und daher ſchwarz geworden ſind. 45. Deswegen auch an den Pflanzen alles, was uͤber der Erde ſteht, zuerſt gruͤn iſt, unter der Erde aber Sten- gel, Wurzeln und Keime die weiße Farbe haben. So wie man ſie aber von der Erde entbloͤßt, wird, wie geſagt iſt, alles gruͤn; weil die Feuchtigkeit, welche durch die Keime zu den uͤbrigen Theilen durchſeigt, die Natur dieſer Farbe hat und zu dem Wachsthum der Fruͤchte ſogleich verbraucht wird. 46. Wenn die Fruͤchte aber nicht mehr zunehmen, weil die Waͤrme die zufließende Nahrung nicht mehr beherr- ſchen kann, ſondern die Feuchtigkeit nur von der Waͤrme

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/73>, abgerufen am 25.04.2024.