berzeugung des Verfassers geschrieben sind. Die Re- sultate dieser Bemühungen enthält mein polemischer Theil.
Wenn ich nun auf diese Weise das Grundlose der Newtonischen Lehre, besonders nach genauer Einsicht in das Phänomen der Achromasie, vollkommen er- kannte; so half mir zu einem neuen theoretischen Weg jenes erste Gewahrwerden, daß ein entschiedenes Aus- einandertreten, Gegensetzen, Vertheilen, Differenzi- ren, oder wie man es nennen wollte, bey den pris- matischen Farbenerscheinungen statt habe, welches ich mir kurz und gut unter der Formel der Polarität zu- sammenfaßte, von der ich überzeugt war, daß sie auch bey den übrigen Farben-Phänomenen durchgeführt werden könne.
Was mir inzwischen als Privatmann nicht gelingen mochte, bey irgend Jemand Theilnahme zu erregen, der sich zu meinen Untersuchungen gesellt, meine Ue- berzeugungen aufgenommen und darnach fortgearbeitet hätte, das wollte ich nun als Autor versuchen, ich wollte die Frage an das größere Publicum bringen. Ich stellte daher die nothwendigsten Bilder zusammen, die man bey den subjectiven Versuchen zum Grunde legen mußte. Sie waren schwarz und weiß, damit sie als Apparat dienen, damit sie Jedermann sogleich durchs Prisma beschauen könnte. Andere waren bunt, um zu zeigen, wie diese schwarzen und weißen Bilder durchs Prisma verändert würden. Die Nähe einer
berzeugung des Verfaſſers geſchrieben ſind. Die Re- ſultate dieſer Bemuͤhungen enthaͤlt mein polemiſcher Theil.
Wenn ich nun auf dieſe Weiſe das Grundloſe der Newtoniſchen Lehre, beſonders nach genauer Einſicht in das Phaͤnomen der Achromaſie, vollkommen er- kannte; ſo half mir zu einem neuen theoretiſchen Weg jenes erſte Gewahrwerden, daß ein entſchiedenes Aus- einandertreten, Gegenſetzen, Vertheilen, Differenzi- ren, oder wie man es nennen wollte, bey den pris- matiſchen Farbenerſcheinungen ſtatt habe, welches ich mir kurz und gut unter der Formel der Polaritaͤt zu- ſammenfaßte, von der ich uͤberzeugt war, daß ſie auch bey den uͤbrigen Farben-Phaͤnomenen durchgefuͤhrt werden koͤnne.
Was mir inzwiſchen als Privatmann nicht gelingen mochte, bey irgend Jemand Theilnahme zu erregen, der ſich zu meinen Unterſuchungen geſellt, meine Ue- berzeugungen aufgenommen und darnach fortgearbeitet haͤtte, das wollte ich nun als Autor verſuchen, ich wollte die Frage an das groͤßere Publicum bringen. Ich ſtellte daher die nothwendigſten Bilder zuſammen, die man bey den ſubjectiven Verſuchen zum Grunde legen mußte. Sie waren ſchwarz und weiß, damit ſie als Apparat dienen, damit ſie Jedermann ſogleich durchs Prisma beſchauen koͤnnte. Andere waren bunt, um zu zeigen, wie dieſe ſchwarzen und weißen Bilder durchs Prisma veraͤndert wuͤrden. Die Naͤhe einer
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0719"n="685"/>
berzeugung des Verfaſſers geſchrieben ſind. Die Re-<lb/>ſultate dieſer Bemuͤhungen enthaͤlt mein polemiſcher<lb/>
Theil.</p><lb/><p>Wenn ich nun auf dieſe Weiſe das Grundloſe der<lb/>
Newtoniſchen Lehre, beſonders nach genauer Einſicht<lb/>
in das Phaͤnomen der Achromaſie, vollkommen er-<lb/>
kannte; ſo half mir zu einem neuen theoretiſchen Weg<lb/>
jenes erſte Gewahrwerden, daß ein entſchiedenes Aus-<lb/>
einandertreten, Gegenſetzen, Vertheilen, Differenzi-<lb/>
ren, oder wie man es nennen wollte, bey den pris-<lb/>
matiſchen Farbenerſcheinungen ſtatt habe, welches ich<lb/>
mir kurz und gut unter der Formel der Polaritaͤt zu-<lb/>ſammenfaßte, von der ich uͤberzeugt war, daß ſie auch<lb/>
bey den uͤbrigen Farben-Phaͤnomenen durchgefuͤhrt<lb/>
werden koͤnne.</p><lb/><p>Was mir inzwiſchen als Privatmann nicht gelingen<lb/>
mochte, bey irgend Jemand Theilnahme zu erregen,<lb/>
der ſich zu meinen Unterſuchungen geſellt, meine Ue-<lb/>
berzeugungen aufgenommen und darnach fortgearbeitet<lb/>
haͤtte, das wollte ich nun als Autor verſuchen, ich<lb/>
wollte die Frage an das groͤßere Publicum bringen.<lb/>
Ich ſtellte daher die nothwendigſten Bilder zuſammen,<lb/>
die man bey den ſubjectiven Verſuchen zum Grunde<lb/>
legen mußte. Sie waren ſchwarz und weiß, damit<lb/>ſie als Apparat dienen, damit ſie Jedermann ſogleich<lb/>
durchs Prisma beſchauen koͤnnte. Andere waren bunt,<lb/>
um zu zeigen, wie dieſe ſchwarzen und weißen Bilder<lb/>
durchs Prisma veraͤndert wuͤrden. Die Naͤhe einer<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[685/0719]
berzeugung des Verfaſſers geſchrieben ſind. Die Re-
ſultate dieſer Bemuͤhungen enthaͤlt mein polemiſcher
Theil.
Wenn ich nun auf dieſe Weiſe das Grundloſe der
Newtoniſchen Lehre, beſonders nach genauer Einſicht
in das Phaͤnomen der Achromaſie, vollkommen er-
kannte; ſo half mir zu einem neuen theoretiſchen Weg
jenes erſte Gewahrwerden, daß ein entſchiedenes Aus-
einandertreten, Gegenſetzen, Vertheilen, Differenzi-
ren, oder wie man es nennen wollte, bey den pris-
matiſchen Farbenerſcheinungen ſtatt habe, welches ich
mir kurz und gut unter der Formel der Polaritaͤt zu-
ſammenfaßte, von der ich uͤberzeugt war, daß ſie auch
bey den uͤbrigen Farben-Phaͤnomenen durchgefuͤhrt
werden koͤnne.
Was mir inzwiſchen als Privatmann nicht gelingen
mochte, bey irgend Jemand Theilnahme zu erregen,
der ſich zu meinen Unterſuchungen geſellt, meine Ue-
berzeugungen aufgenommen und darnach fortgearbeitet
haͤtte, das wollte ich nun als Autor verſuchen, ich
wollte die Frage an das groͤßere Publicum bringen.
Ich ſtellte daher die nothwendigſten Bilder zuſammen,
die man bey den ſubjectiven Verſuchen zum Grunde
legen mußte. Sie waren ſchwarz und weiß, damit
ſie als Apparat dienen, damit ſie Jedermann ſogleich
durchs Prisma beſchauen koͤnnte. Andere waren bunt,
um zu zeigen, wie dieſe ſchwarzen und weißen Bilder
durchs Prisma veraͤndert wuͤrden. Die Naͤhe einer
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 685. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/719>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.