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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

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und die Wolken und die Federn der Vögel; denn weil
hier die Strahlen auf die Glätte fallen, und bald so oder
so temperirt werden, entstehen verschiedene Farben, wie
auch durch die Finsterniß geschieht.

33.

Keine Farbe sehen wir aber rein, wie sie ist, son-
dern entweder durch den Einfluß fremder Farben, oder
durch Licht und Schatten verändert; wir mögen daher
einen Körper in den Sonnenstrahlen oder im Schat-
ten sehen, bey starker oder schwacher Beleuchtung, bey
der oder jener Neigung der Flächen; immer wird die
Farbe anders erscheinen.

34.

Eben so geschieht es bey Feuer-, Monden- oder
Lampenlicht; denn ein jedes von diesen hat eine eigene
Farbe. Wenn sie nun mit der Farbe des Körpers durch
einander spielt, so entsteht die gemischte Farbe, die wir
sehen.

35.

Wenn das Licht auf irgend einen Körper fällt und
dadurch z. B. einen purpurnen oder grünen Schein an-
nimmt, von da aber auf einen andern Körper geworfen
wird und von der Farbe desselben abermals eine Ver-
änderung erleidet; so geschieht dieß zwar in der That,
doch nicht für die Empfindung: denn das Licht kommt
zum Auge von vielerley Farben getränkt, aber nur die-
jenige, welche vorzüglich wirkt, wird empfunden. So
erscheint im Wasser alles wasserhaft, im Spiegel nach

und die Wolken und die Federn der Voͤgel; denn weil
hier die Strahlen auf die Glaͤtte fallen, und bald ſo oder
ſo temperirt werden, entſtehen verſchiedene Farben, wie
auch durch die Finſterniß geſchieht.

33.

Keine Farbe ſehen wir aber rein, wie ſie iſt, ſon-
dern entweder durch den Einfluß fremder Farben, oder
durch Licht und Schatten veraͤndert; wir moͤgen daher
einen Koͤrper in den Sonnenſtrahlen oder im Schat-
ten ſehen, bey ſtarker oder ſchwacher Beleuchtung, bey
der oder jener Neigung der Flaͤchen; immer wird die
Farbe anders erſcheinen.

34.

Eben ſo geſchieht es bey Feuer-, Monden- oder
Lampenlicht; denn ein jedes von dieſen hat eine eigene
Farbe. Wenn ſie nun mit der Farbe des Koͤrpers durch
einander ſpielt, ſo entſteht die gemiſchte Farbe, die wir
ſehen.

35.

Wenn das Licht auf irgend einen Koͤrper faͤllt und
dadurch z. B. einen purpurnen oder gruͤnen Schein an-
nimmt, von da aber auf einen andern Koͤrper geworfen
wird und von der Farbe deſſelben abermals eine Ver-
aͤnderung erleidet; ſo geſchieht dieß zwar in der That,
doch nicht fuͤr die Empfindung: denn das Licht kommt
zum Auge von vielerley Farben getraͤnkt, aber nur die-
jenige, welche vorzuͤglich wirkt, wird empfunden. So
erſcheint im Waſſer alles waſſerhaft, im Spiegel nach

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[34/0068] und die Wolken und die Federn der Voͤgel; denn weil hier die Strahlen auf die Glaͤtte fallen, und bald ſo oder ſo temperirt werden, entſtehen verſchiedene Farben, wie auch durch die Finſterniß geſchieht. 33. Keine Farbe ſehen wir aber rein, wie ſie iſt, ſon- dern entweder durch den Einfluß fremder Farben, oder durch Licht und Schatten veraͤndert; wir moͤgen daher einen Koͤrper in den Sonnenſtrahlen oder im Schat- ten ſehen, bey ſtarker oder ſchwacher Beleuchtung, bey der oder jener Neigung der Flaͤchen; immer wird die Farbe anders erſcheinen. 34. Eben ſo geſchieht es bey Feuer-, Monden- oder Lampenlicht; denn ein jedes von dieſen hat eine eigene Farbe. Wenn ſie nun mit der Farbe des Koͤrpers durch einander ſpielt, ſo entſteht die gemiſchte Farbe, die wir ſehen. 35. Wenn das Licht auf irgend einen Koͤrper faͤllt und dadurch z. B. einen purpurnen oder gruͤnen Schein an- nimmt, von da aber auf einen andern Koͤrper geworfen wird und von der Farbe deſſelben abermals eine Ver- aͤnderung erleidet; ſo geſchieht dieß zwar in der That, doch nicht fuͤr die Empfindung: denn das Licht kommt zum Auge von vielerley Farben getraͤnkt, aber nur die- jenige, welche vorzuͤglich wirkt, wird empfunden. So erſcheint im Waſſer alles waſſerhaft, im Spiegel nach

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/68>, abgerufen am 18.04.2024.