Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

und zufälligen Behandlungen verbargen und kaum ge-
saßt werden konnten.

Daß mit einer klugen Anwendung von Säuren
und Alcalien viel, ja beynah alles gethan sey, ward
ihm klar, und bey dem Drange zum Allgemeinen, den
er in sich fühlte, wollte er dem Material seines Ge-
schäfts und dessen Anwendung nicht allein, sondern
zugleich der ganzen Natur, einen eben so einfachen
Gegensatz zum Grunde legen. Deshalb wurden ihm
Feuer und Wasser die zwey Haupt-Elemente. Jenem
gesellte er die Säuren, diesem die Alcalien zu. In
jenem wollte er zugleich die hochrothe, in diesem die
blaue Farbe finden, und hiermit war seine Theorie
abgeschlossen; das Uebrige sollte sich hieraus entwi-
ckeln und ergeben.

Da die eminentesten und beständigsten Farben
aus den Metallen hervorzubringen waren; so schenkte
er auch diesen vorzügliche Aufmerksamkeit und eine
besondere Ehrfurcht. Dem Feuer, den Säuren,
dem Hochrothen soll Gold und Eisen, dem Wasser,
den Alcalien, dem Blauen soll vorzüglich Kupfer
antworten und gemäß seyn; und überall wo man
diese Farben finde, soll etwas wo nicht gerade wirk-
lich Metallisches, doch dem Metallischen nahe Ver-
wandtes und Analoges angetroffen werden.

Man sieht leicht, daß diese Vorstellungsart sehr
beschränkt ist und bey der Anwendung oft genug unbe-

und zufaͤlligen Behandlungen verbargen und kaum ge-
ſaßt werden konnten.

Daß mit einer klugen Anwendung von Saͤuren
und Alcalien viel, ja beynah alles gethan ſey, ward
ihm klar, und bey dem Drange zum Allgemeinen, den
er in ſich fuͤhlte, wollte er dem Material ſeines Ge-
ſchaͤfts und deſſen Anwendung nicht allein, ſondern
zugleich der ganzen Natur, einen eben ſo einfachen
Gegenſatz zum Grunde legen. Deshalb wurden ihm
Feuer und Waſſer die zwey Haupt-Elemente. Jenem
geſellte er die Saͤuren, dieſem die Alcalien zu. In
jenem wollte er zugleich die hochrothe, in dieſem die
blaue Farbe finden, und hiermit war ſeine Theorie
abgeſchloſſen; das Uebrige ſollte ſich hieraus entwi-
ckeln und ergeben.

Da die eminenteſten und beſtaͤndigſten Farben
aus den Metallen hervorzubringen waren; ſo ſchenkte
er auch dieſen vorzuͤgliche Aufmerkſamkeit und eine
beſondere Ehrfurcht. Dem Feuer, den Saͤuren,
dem Hochrothen ſoll Gold und Eiſen, dem Waſſer,
den Alcalien, dem Blauen ſoll vorzuͤglich Kupfer
antworten und gemaͤß ſeyn; und uͤberall wo man
dieſe Farben finde, ſoll etwas wo nicht gerade wirk-
lich Metalliſches, doch dem Metalliſchen nahe Ver-
wandtes und Analoges angetroffen werden.

Man ſieht leicht, daß dieſe Vorſtellungsart ſehr
beſchraͤnkt iſt und bey der Anwendung oft genug unbe-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0665" n="631"/>
und zufa&#x0364;lligen Behandlungen verbargen und kaum ge-<lb/>
&#x017F;aßt werden konnten.</p><lb/>
            <p>Daß mit einer klugen Anwendung von Sa&#x0364;uren<lb/>
und Alcalien viel, ja beynah alles gethan &#x017F;ey, ward<lb/>
ihm klar, und bey dem Drange zum Allgemeinen, den<lb/>
er in &#x017F;ich fu&#x0364;hlte, wollte er dem Material &#x017F;eines Ge-<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;fts und de&#x017F;&#x017F;en Anwendung nicht allein, &#x017F;ondern<lb/>
zugleich der ganzen Natur, einen eben &#x017F;o einfachen<lb/>
Gegen&#x017F;atz zum Grunde legen. Deshalb wurden ihm<lb/>
Feuer und Wa&#x017F;&#x017F;er die zwey Haupt-Elemente. Jenem<lb/>
ge&#x017F;ellte er die Sa&#x0364;uren, die&#x017F;em die Alcalien zu. In<lb/>
jenem wollte er zugleich die hochrothe, in die&#x017F;em die<lb/>
blaue Farbe finden, und hiermit war &#x017F;eine Theorie<lb/>
abge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en; das Uebrige &#x017F;ollte &#x017F;ich hieraus entwi-<lb/>
ckeln und ergeben.</p><lb/>
            <p>Da die eminente&#x017F;ten und be&#x017F;ta&#x0364;ndig&#x017F;ten Farben<lb/>
aus den Metallen hervorzubringen waren; &#x017F;o &#x017F;chenkte<lb/>
er auch die&#x017F;en vorzu&#x0364;gliche Aufmerk&#x017F;amkeit und eine<lb/>
be&#x017F;ondere Ehrfurcht. Dem Feuer, den Sa&#x0364;uren,<lb/>
dem Hochrothen &#x017F;oll Gold und Ei&#x017F;en, dem Wa&#x017F;&#x017F;er,<lb/>
den Alcalien, dem Blauen &#x017F;oll vorzu&#x0364;glich Kupfer<lb/>
antworten und gema&#x0364;ß &#x017F;eyn; und u&#x0364;berall wo man<lb/>
die&#x017F;e Farben finde, &#x017F;oll etwas wo nicht gerade wirk-<lb/>
lich Metalli&#x017F;ches, doch dem Metalli&#x017F;chen nahe Ver-<lb/>
wandtes und Analoges angetroffen werden.</p><lb/>
            <p>Man &#x017F;ieht leicht, daß die&#x017F;e Vor&#x017F;tellungsart &#x017F;ehr<lb/>
be&#x017F;chra&#x0364;nkt i&#x017F;t und bey der Anwendung oft genug unbe-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[631/0665] und zufaͤlligen Behandlungen verbargen und kaum ge- ſaßt werden konnten. Daß mit einer klugen Anwendung von Saͤuren und Alcalien viel, ja beynah alles gethan ſey, ward ihm klar, und bey dem Drange zum Allgemeinen, den er in ſich fuͤhlte, wollte er dem Material ſeines Ge- ſchaͤfts und deſſen Anwendung nicht allein, ſondern zugleich der ganzen Natur, einen eben ſo einfachen Gegenſatz zum Grunde legen. Deshalb wurden ihm Feuer und Waſſer die zwey Haupt-Elemente. Jenem geſellte er die Saͤuren, dieſem die Alcalien zu. In jenem wollte er zugleich die hochrothe, in dieſem die blaue Farbe finden, und hiermit war ſeine Theorie abgeſchloſſen; das Uebrige ſollte ſich hieraus entwi- ckeln und ergeben. Da die eminenteſten und beſtaͤndigſten Farben aus den Metallen hervorzubringen waren; ſo ſchenkte er auch dieſen vorzuͤgliche Aufmerkſamkeit und eine beſondere Ehrfurcht. Dem Feuer, den Saͤuren, dem Hochrothen ſoll Gold und Eiſen, dem Waſſer, den Alcalien, dem Blauen ſoll vorzuͤglich Kupfer antworten und gemaͤß ſeyn; und uͤberall wo man dieſe Farben finde, ſoll etwas wo nicht gerade wirk- lich Metalliſches, doch dem Metalliſchen nahe Ver- wandtes und Analoges angetroffen werden. Man ſieht leicht, daß dieſe Vorſtellungsart ſehr beſchraͤnkt iſt und bey der Anwendung oft genug unbe-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/665
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 631. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/665>, abgerufen am 07.05.2024.