Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

redner findet, selbst in der neuern Epoche, die ihren
Untergang entschieden hätte herbeyführen müssen, wenn
die Menschen, unter dem Druck einer beschränkten Ge-
wohnheit hinlebend, zu einem neuen Apercü Augen
und Geist entschieden froh hinaufheben könnten.

Wird übrigens ein Muster verlangt, wie ein
echter Newtonianer gedacht und gesprochen, und sich
die Sache vorgestellt; so kann diese übrigens sehr
gut geschriebene und mit heiterm Enthusiasmus vorge-
tragene Lobschrift zur Hand genommen und beherzigt
werden.

Georg Simon Klügel.

Die Lehre von der Achromasie war wie ein frucht-
barer und unzerstörlicher Same über das Feld der Wis-
senschaften ausgestreut. So manches davon auch un-
ter die Schuldornen fiel, um daselbst zu ersticken, so
manches davon auch von den immer geschäftigen theo-
retisch-critischen Vögeln aufgepickt und verschluckt
wurde, so manches davon das Schicksal hatte, auf
dem platten Wege der Gemeinheit zertreten zu werden:
so konnte es doch nicht fehlen, daß in guten und trag-
baren Boden ein Theil treulich aufgenommen ward,
und wo nicht gleich Frucht trug, doch wenigstens im
Stillen keimte.

redner findet, ſelbſt in der neuern Epoche, die ihren
Untergang entſchieden haͤtte herbeyfuͤhren muͤſſen, wenn
die Menſchen, unter dem Druck einer beſchraͤnkten Ge-
wohnheit hinlebend, zu einem neuen Aperçuͤ Augen
und Geiſt entſchieden froh hinaufheben koͤnnten.

Wird uͤbrigens ein Muſter verlangt, wie ein
echter Newtonianer gedacht und geſprochen, und ſich
die Sache vorgeſtellt; ſo kann dieſe uͤbrigens ſehr
gut geſchriebene und mit heiterm Enthuſiasmus vorge-
tragene Lobſchrift zur Hand genommen und beherzigt
werden.

Georg Simon Kluͤgel.

Die Lehre von der Achromaſie war wie ein frucht-
barer und unzerſtoͤrlicher Same uͤber das Feld der Wiſ-
ſenſchaften ausgeſtreut. So manches davon auch un-
ter die Schuldornen fiel, um daſelbſt zu erſticken, ſo
manches davon auch von den immer geſchaͤftigen theo-
retiſch-critiſchen Voͤgeln aufgepickt und verſchluckt
wurde, ſo manches davon das Schickſal hatte, auf
dem platten Wege der Gemeinheit zertreten zu werden:
ſo konnte es doch nicht fehlen, daß in guten und trag-
baren Boden ein Theil treulich aufgenommen ward,
und wo nicht gleich Frucht trug, doch wenigſtens im
Stillen keimte.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0624" n="590"/>
redner findet, &#x017F;elb&#x017F;t in der neuern Epoche, die ihren<lb/>
Untergang ent&#x017F;chieden ha&#x0364;tte herbeyfu&#x0364;hren mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, wenn<lb/>
die Men&#x017F;chen, unter dem Druck einer be&#x017F;chra&#x0364;nkten Ge-<lb/>
wohnheit hinlebend, zu einem neuen Aper<hi rendition="#aq">ç</hi>u&#x0364; Augen<lb/>
und Gei&#x017F;t ent&#x017F;chieden froh hinaufheben ko&#x0364;nnten.</p><lb/>
            <p>Wird u&#x0364;brigens ein Mu&#x017F;ter verlangt, wie ein<lb/>
echter Newtonianer gedacht und ge&#x017F;prochen, und &#x017F;ich<lb/>
die Sache vorge&#x017F;tellt; &#x017F;o kann die&#x017F;e u&#x0364;brigens &#x017F;ehr<lb/>
gut ge&#x017F;chriebene und mit heiterm Enthu&#x017F;iasmus vorge-<lb/>
tragene Lob&#x017F;chrift zur Hand genommen und beherzigt<lb/>
werden.</p>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#g">Georg Simon Klu&#x0364;gel</hi>.</head><lb/>
            <p>Die Lehre von der Achroma&#x017F;ie war wie ein frucht-<lb/>
barer und unzer&#x017F;to&#x0364;rlicher Same u&#x0364;ber das Feld der Wi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en&#x017F;chaften ausge&#x017F;treut. So manches davon auch un-<lb/>
ter die Schuldornen fiel, um da&#x017F;elb&#x017F;t zu er&#x017F;ticken, &#x017F;o<lb/>
manches davon auch von den immer ge&#x017F;cha&#x0364;ftigen theo-<lb/>
reti&#x017F;ch-criti&#x017F;chen Vo&#x0364;geln aufgepickt und ver&#x017F;chluckt<lb/>
wurde, &#x017F;o manches davon das Schick&#x017F;al hatte, auf<lb/>
dem platten Wege der Gemeinheit zertreten zu werden:<lb/>
&#x017F;o konnte es doch nicht fehlen, daß in guten und trag-<lb/>
baren Boden ein Theil treulich aufgenommen ward,<lb/>
und wo nicht gleich Frucht trug, doch wenig&#x017F;tens im<lb/>
Stillen keimte.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[590/0624] redner findet, ſelbſt in der neuern Epoche, die ihren Untergang entſchieden haͤtte herbeyfuͤhren muͤſſen, wenn die Menſchen, unter dem Druck einer beſchraͤnkten Ge- wohnheit hinlebend, zu einem neuen Aperçuͤ Augen und Geiſt entſchieden froh hinaufheben koͤnnten. Wird uͤbrigens ein Muſter verlangt, wie ein echter Newtonianer gedacht und geſprochen, und ſich die Sache vorgeſtellt; ſo kann dieſe uͤbrigens ſehr gut geſchriebene und mit heiterm Enthuſiasmus vorge- tragene Lobſchrift zur Hand genommen und beherzigt werden. Georg Simon Kluͤgel. Die Lehre von der Achromaſie war wie ein frucht- barer und unzerſtoͤrlicher Same uͤber das Feld der Wiſ- ſenſchaften ausgeſtreut. So manches davon auch un- ter die Schuldornen fiel, um daſelbſt zu erſticken, ſo manches davon auch von den immer geſchaͤftigen theo- retiſch-critiſchen Voͤgeln aufgepickt und verſchluckt wurde, ſo manches davon das Schickſal hatte, auf dem platten Wege der Gemeinheit zertreten zu werden: ſo konnte es doch nicht fehlen, daß in guten und trag- baren Boden ein Theil treulich aufgenommen ward, und wo nicht gleich Frucht trug, doch wenigſtens im Stillen keimte.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/624
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 590. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/624>, abgerufen am 02.05.2024.