Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

rimentum Crucis versucht: denn nicht die Zahl der
Experimente sondern ihr Gewicht muß man ansehen,
und wenn man mit Einem ausreicht, was sollen uns
mehrere."

"Hätte ich mehrere für nöthig gehalten, so hätte
ich sie beybringen können: denn bevor ich meinen er-
sten Brief über die Farben an Dich schrieb, hatte ich
die Versuche sehr umständlich bearbeitet, und ein Buch
über diesen Gegenstand geschrieben, in welchem die vor-
nehmsten von mir angestellten Experimente ausführlich
erzählt werden, und da trifft sichs, daß unter ihnen
sich die vorzüglichsten, welche Lucas mir übersendet
hat, mitbefinden. Was aber die Versuche betrifft,
die ich in meinem ersten Briefe vortrage, so sind es
nur die, welche ich aus meinem größern Aufsatz aus-
zuwählen für gut befunden."

"Wenn aber auch in jenem an Dich gerichteten
Briefe der sämmtliche Vorrath meiner Versuche ent-
halten wäre, so würde doch Lucas nicht wohl thun zu
behaupten, daß mir Experimente abgehen, bis er jene
wenigen selbst versucht: denn wenn einige darunter
eine völlige Beweiskraft haben, so brauchen sie keine
weiteren Helfershelfer, noch lassen sie Raum, über
dasjenige was sie bewiesen haben, weiter zu streiten."

Dieses wären denn die Verhandlungen, welche
zwischen Newton und seinen ersten Widersachern vor-
gekommen und welcher die Schule stets mit großem

rimentum Crucis verſucht: denn nicht die Zahl der
Experimente ſondern ihr Gewicht muß man anſehen,
und wenn man mit Einem ausreicht, was ſollen uns
mehrere.“

„Haͤtte ich mehrere fuͤr noͤthig gehalten, ſo haͤtte
ich ſie beybringen koͤnnen: denn bevor ich meinen er-
ſten Brief uͤber die Farben an Dich ſchrieb, hatte ich
die Verſuche ſehr umſtaͤndlich bearbeitet, und ein Buch
uͤber dieſen Gegenſtand geſchrieben, in welchem die vor-
nehmſten von mir angeſtellten Experimente ausfuͤhrlich
erzaͤhlt werden, und da trifft ſichs, daß unter ihnen
ſich die vorzuͤglichſten, welche Lucas mir uͤberſendet
hat, mitbefinden. Was aber die Verſuche betrifft,
die ich in meinem erſten Briefe vortrage, ſo ſind es
nur die, welche ich aus meinem groͤßern Aufſatz aus-
zuwaͤhlen fuͤr gut befunden.“

„Wenn aber auch in jenem an Dich gerichteten
Briefe der ſaͤmmtliche Vorrath meiner Verſuche ent-
halten waͤre, ſo wuͤrde doch Lucas nicht wohl thun zu
behaupten, daß mir Experimente abgehen, bis er jene
wenigen ſelbſt verſucht: denn wenn einige darunter
eine voͤllige Beweiskraft haben, ſo brauchen ſie keine
weiteren Helfershelfer, noch laſſen ſie Raum, uͤber
dasjenige was ſie bewieſen haben, weiter zu ſtreiten.“

Dieſes waͤren denn die Verhandlungen, welche
zwiſchen Newton und ſeinen erſten Widerſachern vor-
gekommen und welcher die Schule ſtets mit großem

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0472" n="438"/>
rimentum Crucis ver&#x017F;ucht: denn nicht die Zahl der<lb/>
Experimente &#x017F;ondern ihr Gewicht muß man an&#x017F;ehen,<lb/>
und wenn man mit Einem ausreicht, was &#x017F;ollen uns<lb/>
mehrere.&#x201C;</p><lb/>
            <p>&#x201E;Ha&#x0364;tte ich mehrere fu&#x0364;r no&#x0364;thig gehalten, &#x017F;o ha&#x0364;tte<lb/>
ich &#x017F;ie beybringen ko&#x0364;nnen: denn bevor ich meinen er-<lb/>
&#x017F;ten Brief u&#x0364;ber die Farben an Dich &#x017F;chrieb, hatte ich<lb/>
die Ver&#x017F;uche &#x017F;ehr um&#x017F;ta&#x0364;ndlich bearbeitet, und ein Buch<lb/>
u&#x0364;ber die&#x017F;en Gegen&#x017F;tand ge&#x017F;chrieben, in welchem die vor-<lb/>
nehm&#x017F;ten von mir ange&#x017F;tellten Experimente ausfu&#x0364;hrlich<lb/>
erza&#x0364;hlt werden, und da trifft &#x017F;ichs, daß unter ihnen<lb/>
&#x017F;ich die vorzu&#x0364;glich&#x017F;ten, welche Lucas mir u&#x0364;ber&#x017F;endet<lb/>
hat, mitbefinden. Was aber die Ver&#x017F;uche betrifft,<lb/>
die ich in meinem er&#x017F;ten Briefe vortrage, &#x017F;o &#x017F;ind es<lb/>
nur die, welche ich aus meinem gro&#x0364;ßern Auf&#x017F;atz aus-<lb/>
zuwa&#x0364;hlen fu&#x0364;r gut befunden.&#x201C;</p><lb/>
            <p>&#x201E;Wenn aber auch in jenem an Dich gerichteten<lb/>
Briefe der &#x017F;a&#x0364;mmtliche Vorrath meiner Ver&#x017F;uche ent-<lb/>
halten wa&#x0364;re, &#x017F;o wu&#x0364;rde doch Lucas nicht wohl thun zu<lb/>
behaupten, daß mir Experimente abgehen, bis er jene<lb/>
wenigen &#x017F;elb&#x017F;t ver&#x017F;ucht: denn wenn einige darunter<lb/>
eine vo&#x0364;llige Beweiskraft haben, &#x017F;o brauchen &#x017F;ie keine<lb/>
weiteren Helfershelfer, noch la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie Raum, u&#x0364;ber<lb/>
dasjenige was &#x017F;ie bewie&#x017F;en haben, weiter zu &#x017F;treiten.&#x201C;</p><lb/>
            <p>Die&#x017F;es wa&#x0364;ren denn die Verhandlungen, welche<lb/>
zwi&#x017F;chen Newton und &#x017F;einen er&#x017F;ten Wider&#x017F;achern vor-<lb/>
gekommen und welcher die Schule &#x017F;tets mit großem<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[438/0472] rimentum Crucis verſucht: denn nicht die Zahl der Experimente ſondern ihr Gewicht muß man anſehen, und wenn man mit Einem ausreicht, was ſollen uns mehrere.“ „Haͤtte ich mehrere fuͤr noͤthig gehalten, ſo haͤtte ich ſie beybringen koͤnnen: denn bevor ich meinen er- ſten Brief uͤber die Farben an Dich ſchrieb, hatte ich die Verſuche ſehr umſtaͤndlich bearbeitet, und ein Buch uͤber dieſen Gegenſtand geſchrieben, in welchem die vor- nehmſten von mir angeſtellten Experimente ausfuͤhrlich erzaͤhlt werden, und da trifft ſichs, daß unter ihnen ſich die vorzuͤglichſten, welche Lucas mir uͤberſendet hat, mitbefinden. Was aber die Verſuche betrifft, die ich in meinem erſten Briefe vortrage, ſo ſind es nur die, welche ich aus meinem groͤßern Aufſatz aus- zuwaͤhlen fuͤr gut befunden.“ „Wenn aber auch in jenem an Dich gerichteten Briefe der ſaͤmmtliche Vorrath meiner Verſuche ent- halten waͤre, ſo wuͤrde doch Lucas nicht wohl thun zu behaupten, daß mir Experimente abgehen, bis er jene wenigen ſelbſt verſucht: denn wenn einige darunter eine voͤllige Beweiskraft haben, ſo brauchen ſie keine weiteren Helfershelfer, noch laſſen ſie Raum, uͤber dasjenige was ſie bewieſen haben, weiter zu ſtreiten.“ Dieſes waͤren denn die Verhandlungen, welche zwiſchen Newton und ſeinen erſten Widerſachern vor- gekommen und welcher die Schule ſtets mit großem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/472
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 438. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/472>, abgerufen am 22.11.2024.