häuslichen Kriegen zwischen dem König und dem Adel, oder zu wüthenden Kämpfen zwischen jenen beyden ge- trennten Familien verwendet, wenn nicht irgend ein- mal ein muthiger Fürst ihre Kräfte zu fremden Er- oberungen zu gebrauchen wußte. Die zwey Rosen wa- ren in der Person des Königs Heinrich des VII. ver- einigt, dessen Regierung, wie seine Gemüthsart, heim- lich, streng, eifersüchtig, geizig, aber dabey siegreich und weise war. Wie wenig aber diese Zeit sich zu neuen Entdeckungen vorbereitet fand, sieht man daraus, wie gering er das Anerbieten des Christoph Columbus zu schätzen wußte. Die Regierung Heinrichs des VIII. war kräftig, kühn, prächtig, freygebig und gelehrt, aber die Veränderung der Religion trat ein und dieß allein war genug den Geist der Menschen zu beschäftigen."
"Die Regierung Königs Eduard des VI. war un- ruhig wegen des Zwiespalts derer die während seiner Minderjährigkeit regierten, und die Kürze seines Le- bens hat uns jener Früchte beraubt, die man nach den bewundernswerthen Anfängen dieses Königs hoffen konnte. Die Regierung der Königinn Maria war schwach, melancholisch, blutdürstig gegen die Prote- stanten, verdunkelt durch eine fremde Heirat und un- glücklich durch den Verlust von Calais. Dagegen war die Regierung der Königinn Elisabeth lang, triumphi- rend, friedlich nach innen, und nach außen glorreich. Da zeigte sich, zu welcher Höhe die Engländer steigen können, wenn sie ein Fürst anführt, der ihren Herzen so gut als ihren Händen gebieten kann. In ihren
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haͤuslichen Kriegen zwiſchen dem Koͤnig und dem Adel, oder zu wuͤthenden Kaͤmpfen zwiſchen jenen beyden ge- trennten Familien verwendet, wenn nicht irgend ein- mal ein muthiger Fuͤrſt ihre Kraͤfte zu fremden Er- oberungen zu gebrauchen wußte. Die zwey Roſen wa- ren in der Perſon des Koͤnigs Heinrich des VII. ver- einigt, deſſen Regierung, wie ſeine Gemuͤthsart, heim- lich, ſtreng, eiferſuͤchtig, geizig, aber dabey ſiegreich und weiſe war. Wie wenig aber dieſe Zeit ſich zu neuen Entdeckungen vorbereitet fand, ſieht man daraus, wie gering er das Anerbieten des Chriſtoph Columbus zu ſchaͤtzen wußte. Die Regierung Heinrichs des VIII. war kraͤftig, kuͤhn, praͤchtig, freygebig und gelehrt, aber die Veraͤnderung der Religion trat ein und dieß allein war genug den Geiſt der Menſchen zu beſchaͤftigen.“
„Die Regierung Koͤnigs Eduard des VI. war un- ruhig wegen des Zwieſpalts derer die waͤhrend ſeiner Minderjaͤhrigkeit regierten, und die Kuͤrze ſeines Le- bens hat uns jener Fruͤchte beraubt, die man nach den bewundernswerthen Anfaͤngen dieſes Koͤnigs hoffen konnte. Die Regierung der Koͤniginn Maria war ſchwach, melancholiſch, blutduͤrſtig gegen die Prote- ſtanten, verdunkelt durch eine fremde Heirat und un- gluͤcklich durch den Verluſt von Calais. Dagegen war die Regierung der Koͤniginn Eliſabeth lang, triumphi- rend, friedlich nach innen, und nach außen glorreich. Da zeigte ſich, zu welcher Hoͤhe die Englaͤnder ſteigen koͤnnen, wenn ſie ein Fuͤrſt anfuͤhrt, der ihren Herzen ſo gut als ihren Haͤnden gebieten kann. In ihren
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haͤuslichen Kriegen zwiſchen dem Koͤnig und dem Adel,
oder zu wuͤthenden Kaͤmpfen zwiſchen jenen beyden ge-
trennten Familien verwendet, wenn nicht irgend ein-
mal ein muthiger Fuͤrſt ihre Kraͤfte zu fremden Er-
oberungen zu gebrauchen wußte. Die zwey Roſen wa-
ren in der Perſon des Koͤnigs Heinrich des VII. ver-
einigt, deſſen Regierung, wie ſeine Gemuͤthsart, heim-
lich, ſtreng, eiferſuͤchtig, geizig, aber dabey ſiegreich
und weiſe war. Wie wenig aber dieſe Zeit ſich zu
neuen Entdeckungen vorbereitet fand, ſieht man daraus,
wie gering er das Anerbieten des Chriſtoph Columbus
zu ſchaͤtzen wußte. Die Regierung Heinrichs des VIII.
war kraͤftig, kuͤhn, praͤchtig, freygebig und gelehrt, aber
die Veraͤnderung der Religion trat ein und dieß allein
war genug den Geiſt der Menſchen zu beſchaͤftigen.“
„Die Regierung Koͤnigs Eduard des VI. war un-
ruhig wegen des Zwieſpalts derer die waͤhrend ſeiner
Minderjaͤhrigkeit regierten, und die Kuͤrze ſeines Le-
bens hat uns jener Fruͤchte beraubt, die man nach den
bewundernswerthen Anfaͤngen dieſes Koͤnigs hoffen
konnte. Die Regierung der Koͤniginn Maria war
ſchwach, melancholiſch, blutduͤrſtig gegen die Prote-
ſtanten, verdunkelt durch eine fremde Heirat und un-
gluͤcklich durch den Verluſt von Calais. Dagegen war
die Regierung der Koͤniginn Eliſabeth lang, triumphi-
rend, friedlich nach innen, und nach außen glorreich.
Da zeigte ſich, zu welcher Hoͤhe die Englaͤnder ſteigen
koͤnnen, wenn ſie ein Fuͤrſt anfuͤhrt, der ihren Herzen
ſo gut als ihren Haͤnden gebieten kann. In ihren
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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/421>, abgerufen am 21.11.2024.
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