Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

so wird alle Schwärze weggenommen und sodann in
ein helles leuchtendes Roth verwandelt. Maria sagt
gleichfalls: Wenn Laton mit Alzebric, d. h. mit Schwe-
fel, verbrennt, und das Weichliche drauf gegossen wird,
so daß dessen Hitze aufgehoben werde, dann wird die
Dunkelheit und Schwärze davon weggenommen und
derselbe in das reinste Gold verwandelt. Nicht weni-
ger sagt Datin der Philosoph: Wenn du aber Laton
mit Schwefel verbrennst und das Weichliche wiederholt
auf ihn gießest; so wird seine Natur aus dem Guten
ins Bessere mit Hülfe Gottes gewendet. Auch ein an-
derer sagt: Wenn der reine Laton so lange gekocht
wird, bis er wie Fischaugen glänzt, so ist seine Nütz-
lichkeit zu erwarten. Dann sollst du wissen, daß er zu
seiner Natur und zu seiner Farbe zurückkehrt. Ein an-
derer sagt gleichfalls: Jemehr etwas gewaschen wird,
desto klarer und besser erscheint es. Wird er nicht ab-
gewaschen, so wird er nicht rein erscheinen, noch zu sei-
ner Farbe zurückkehren. Desgleichen sagt Maria:
Nichts ist, was vom Lato die Dunkelheit noch die
Farbe wegnehmen könne, aber Azoc ist gleichsam seine
Decke, nämlich zuerst, wenn er gekocht wird: denn er
färbt ihn und macht ihn weiß; dann aber beherrscht
Lato den Azoc, macht ihn zu Wein, d. i. roth.

Wie sehr der König Calid durch diese Unterhal-
tung sich erbaut und aufgeklärt gefunden habe, über-
lassen wir unsern Lesern selbst zu beurtheilen.



14 *

ſo wird alle Schwaͤrze weggenommen und ſodann in
ein helles leuchtendes Roth verwandelt. Maria ſagt
gleichfalls: Wenn Laton mit Alzebric, d. h. mit Schwe-
fel, verbrennt, und das Weichliche drauf gegoſſen wird,
ſo daß deſſen Hitze aufgehoben werde, dann wird die
Dunkelheit und Schwaͤrze davon weggenommen und
derſelbe in das reinſte Gold verwandelt. Nicht weni-
ger ſagt Datin der Philoſoph: Wenn du aber Laton
mit Schwefel verbrennſt und das Weichliche wiederholt
auf ihn gießeſt; ſo wird ſeine Natur aus dem Guten
ins Beſſere mit Huͤlfe Gottes gewendet. Auch ein an-
derer ſagt: Wenn der reine Laton ſo lange gekocht
wird, bis er wie Fiſchaugen glaͤnzt, ſo iſt ſeine Nuͤtz-
lichkeit zu erwarten. Dann ſollſt du wiſſen, daß er zu
ſeiner Natur und zu ſeiner Farbe zuruͤckkehrt. Ein an-
derer ſagt gleichfalls: Jemehr etwas gewaſchen wird,
deſto klarer und beſſer erſcheint es. Wird er nicht ab-
gewaſchen, ſo wird er nicht rein erſcheinen, noch zu ſei-
ner Farbe zuruͤckkehren. Desgleichen ſagt Maria:
Nichts iſt, was vom Lato die Dunkelheit noch die
Farbe wegnehmen koͤnne, aber Azoc iſt gleichſam ſeine
Decke, naͤmlich zuerſt, wenn er gekocht wird: denn er
faͤrbt ihn und macht ihn weiß; dann aber beherrſcht
Lato den Azoc, macht ihn zu Wein, d. i. roth.

Wie ſehr der Koͤnig Calid durch dieſe Unterhal-
tung ſich erbaut und aufgeklaͤrt gefunden habe, uͤber-
laſſen wir unſern Leſern ſelbſt zu beurtheilen.



14 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0245" n="211"/>
&#x017F;o wird alle Schwa&#x0364;rze weggenommen und &#x017F;odann in<lb/>
ein helles leuchtendes Roth verwandelt. Maria &#x017F;agt<lb/>
gleichfalls: Wenn Laton mit Alzebric, d. h. mit Schwe-<lb/>
fel, verbrennt, und das Weichliche drauf gego&#x017F;&#x017F;en wird,<lb/>
&#x017F;o daß de&#x017F;&#x017F;en Hitze aufgehoben werde, dann wird die<lb/>
Dunkelheit und Schwa&#x0364;rze davon weggenommen und<lb/>
der&#x017F;elbe in das rein&#x017F;te Gold verwandelt. Nicht weni-<lb/>
ger &#x017F;agt Datin der Philo&#x017F;oph: Wenn du aber Laton<lb/>
mit Schwefel verbrenn&#x017F;t und das Weichliche wiederholt<lb/>
auf ihn gieße&#x017F;t; &#x017F;o wird &#x017F;eine Natur aus dem Guten<lb/>
ins Be&#x017F;&#x017F;ere mit Hu&#x0364;lfe Gottes gewendet. Auch ein an-<lb/>
derer &#x017F;agt: Wenn der reine Laton &#x017F;o lange gekocht<lb/>
wird, bis er wie Fi&#x017F;chaugen gla&#x0364;nzt, &#x017F;o i&#x017F;t &#x017F;eine Nu&#x0364;tz-<lb/>
lichkeit zu erwarten. Dann &#x017F;oll&#x017F;t du wi&#x017F;&#x017F;en, daß er zu<lb/>
&#x017F;einer Natur und zu &#x017F;einer Farbe zuru&#x0364;ckkehrt. Ein an-<lb/>
derer &#x017F;agt gleichfalls: Jemehr etwas gewa&#x017F;chen wird,<lb/>
de&#x017F;to klarer und be&#x017F;&#x017F;er er&#x017F;cheint es. Wird er nicht ab-<lb/>
gewa&#x017F;chen, &#x017F;o wird er nicht rein er&#x017F;cheinen, noch zu &#x017F;ei-<lb/>
ner Farbe zuru&#x0364;ckkehren. Desgleichen &#x017F;agt Maria:<lb/>
Nichts i&#x017F;t, was vom Lato die Dunkelheit noch die<lb/>
Farbe wegnehmen ko&#x0364;nne, aber Azoc i&#x017F;t gleich&#x017F;am &#x017F;eine<lb/>
Decke, na&#x0364;mlich zuer&#x017F;t, wenn er gekocht wird: denn er<lb/>
fa&#x0364;rbt ihn und macht ihn weiß; dann aber beherr&#x017F;cht<lb/>
Lato den Azoc, macht ihn zu Wein, d. i. roth.</p><lb/>
          <p>Wie &#x017F;ehr der Ko&#x0364;nig Calid durch die&#x017F;e Unterhal-<lb/>
tung &#x017F;ich erbaut und aufgekla&#x0364;rt gefunden habe, u&#x0364;ber-<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en wir un&#x017F;ern Le&#x017F;ern &#x017F;elb&#x017F;t zu beurtheilen.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <fw place="bottom" type="sig">14 *</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[211/0245] ſo wird alle Schwaͤrze weggenommen und ſodann in ein helles leuchtendes Roth verwandelt. Maria ſagt gleichfalls: Wenn Laton mit Alzebric, d. h. mit Schwe- fel, verbrennt, und das Weichliche drauf gegoſſen wird, ſo daß deſſen Hitze aufgehoben werde, dann wird die Dunkelheit und Schwaͤrze davon weggenommen und derſelbe in das reinſte Gold verwandelt. Nicht weni- ger ſagt Datin der Philoſoph: Wenn du aber Laton mit Schwefel verbrennſt und das Weichliche wiederholt auf ihn gießeſt; ſo wird ſeine Natur aus dem Guten ins Beſſere mit Huͤlfe Gottes gewendet. Auch ein an- derer ſagt: Wenn der reine Laton ſo lange gekocht wird, bis er wie Fiſchaugen glaͤnzt, ſo iſt ſeine Nuͤtz- lichkeit zu erwarten. Dann ſollſt du wiſſen, daß er zu ſeiner Natur und zu ſeiner Farbe zuruͤckkehrt. Ein an- derer ſagt gleichfalls: Jemehr etwas gewaſchen wird, deſto klarer und beſſer erſcheint es. Wird er nicht ab- gewaſchen, ſo wird er nicht rein erſcheinen, noch zu ſei- ner Farbe zuruͤckkehren. Desgleichen ſagt Maria: Nichts iſt, was vom Lato die Dunkelheit noch die Farbe wegnehmen koͤnne, aber Azoc iſt gleichſam ſeine Decke, naͤmlich zuerſt, wenn er gekocht wird: denn er faͤrbt ihn und macht ihn weiß; dann aber beherrſcht Lato den Azoc, macht ihn zu Wein, d. i. roth. Wie ſehr der Koͤnig Calid durch dieſe Unterhal- tung ſich erbaut und aufgeklaͤrt gefunden habe, uͤber- laſſen wir unſern Leſern ſelbſt zu beurtheilen. 14 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/245
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/245>, abgerufen am 20.04.2024.