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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

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Durch solche Betrachtungen veranlaßt, durch
solche Nöthigungen gedrängt, lassen wir meistens
die Verfasser selbst sprechen; ja wir hätten die Ori-
ginale lieber als die Uebersetzung geliefert, wenn
uns nicht eine gewisse Gleichförmigkeit und allge-
meinere Brauchbarkeit zu dem Gegentheil bewogen
hätte. Der einsichtsvolle Leser wird sich mit jedem
besonders unterhalten; wir haben gesucht ihm
sein Urtheil zu erleichtern, nicht ihm vorzugreifen.
Die Belege sind bey der Hand, und ein fähiger
Geist wird sie leicht zusammenschmelzen. Die Wie-
derholung am Schlusse wird hiezu behülflich seyn.

Wollte man uns hier noch eine heitere Anmer-
kung erlauben, so würden wir sagen: daß durch
diese Art, jeden Verfasser seinen Irrthum wie seine
Wahrheit frey aussprechen zu lassen, auch für die
Freunde des Unwahren und Falschen gesorgt sey,
denen hierdurch die beste Gelegenheit verschafft wird,
dem Seltsamsten und am wenigsten Haltbaren ihren
Beyfall zuzuwenden.

Nach diesem Ersten, welches eigentlich den
Grund unserer Bemühung ausmacht, haben wir
charakteristische Skizzen, einzelne biographische Züge,
manchen bedeutenden Mann betreffend, aphoristisch

Durch ſolche Betrachtungen veranlaßt, durch
ſolche Noͤthigungen gedraͤngt, laſſen wir meiſtens
die Verfaſſer ſelbſt ſprechen; ja wir haͤtten die Ori-
ginale lieber als die Ueberſetzung geliefert, wenn
uns nicht eine gewiſſe Gleichfoͤrmigkeit und allge-
meinere Brauchbarkeit zu dem Gegentheil bewogen
haͤtte. Der einſichtsvolle Leſer wird ſich mit jedem
beſonders unterhalten; wir haben geſucht ihm
ſein Urtheil zu erleichtern, nicht ihm vorzugreifen.
Die Belege ſind bey der Hand, und ein faͤhiger
Geiſt wird ſie leicht zuſammenſchmelzen. Die Wie-
derholung am Schluſſe wird hiezu behuͤlflich ſeyn.

Wollte man uns hier noch eine heitere Anmer-
kung erlauben, ſo wuͤrden wir ſagen: daß durch
dieſe Art, jeden Verfaſſer ſeinen Irrthum wie ſeine
Wahrheit frey ausſprechen zu laſſen, auch fuͤr die
Freunde des Unwahren und Falſchen geſorgt ſey,
denen hierdurch die beſte Gelegenheit verſchafft wird,
dem Seltſamſten und am wenigſten Haltbaren ihren
Beyfall zuzuwenden.

Nach dieſem Erſten, welches eigentlich den
Grund unſerer Bemuͤhung ausmacht, haben wir
charakteriſtiſche Skizzen, einzelne biographiſche Zuͤge,
manchen bedeutenden Mann betreffend, aphoriſtiſch

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[IX/0015] Durch ſolche Betrachtungen veranlaßt, durch ſolche Noͤthigungen gedraͤngt, laſſen wir meiſtens die Verfaſſer ſelbſt ſprechen; ja wir haͤtten die Ori- ginale lieber als die Ueberſetzung geliefert, wenn uns nicht eine gewiſſe Gleichfoͤrmigkeit und allge- meinere Brauchbarkeit zu dem Gegentheil bewogen haͤtte. Der einſichtsvolle Leſer wird ſich mit jedem beſonders unterhalten; wir haben geſucht ihm ſein Urtheil zu erleichtern, nicht ihm vorzugreifen. Die Belege ſind bey der Hand, und ein faͤhiger Geiſt wird ſie leicht zuſammenſchmelzen. Die Wie- derholung am Schluſſe wird hiezu behuͤlflich ſeyn. Wollte man uns hier noch eine heitere Anmer- kung erlauben, ſo wuͤrden wir ſagen: daß durch dieſe Art, jeden Verfaſſer ſeinen Irrthum wie ſeine Wahrheit frey ausſprechen zu laſſen, auch fuͤr die Freunde des Unwahren und Falſchen geſorgt ſey, denen hierdurch die beſte Gelegenheit verſchafft wird, dem Seltſamſten und am wenigſten Haltbaren ihren Beyfall zuzuwenden. Nach dieſem Erſten, welches eigentlich den Grund unſerer Bemuͤhung ausmacht, haben wir charakteriſtiſche Skizzen, einzelne biographiſche Zuͤge, manchen bedeutenden Mann betreffend, aphoriſtiſch

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. IX. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/15>, abgerufen am 28.03.2024.