beschränkt sich alles Wesentliche, was über diesen gro- ßen Künstler bis auf uns gekommen.
Nun bleibt uns noch ein schwieriger Punct in den Nachrichten des Plinius zu untersuchen übrig; wobey aber wenig Hoffnung ist, denselben völlig ins Klare zu setzen. Mehrmals berichtet nämlich der angeführte Schriftsteller, die älteren großen griechischen Meister hätten ihre unsterblichen Werke nur mit vier Farben gemalt. Er geht noch weiter und specificirt sogar diese vier Farben, deren sich seiner Angabe nach Apelles, Echion, Melanthius und Nicomachus, mit Ausschluß aller andern Pigmente, sollen bedient haben.
Von den weißen Farben ist es das Melinum al- lein, welches eine Kreide war: das Erethrische hielt man für das beste; von den ockerartigen, das Atticum, wahrscheinlich ein schöner heller Ocker; von den rothen die pontische Sinopis, ohne Zweifel eine rothe Erde wie die Neapolitanische; und von den schwarzen das Atramentum. Unter der letzten Benennung wird, wie es scheint, von Plinius alle schwarze Farbe, oder Schwärze überhaupt, und oft eine besondere Art Schwarz verstanden; wie hier der Fall seyn mag: und folglich ist es ungewiß, ob er das Erdpech, den Kien- ruß, Kohlschwarz, oder die aus gebrannten Weinhefen und aus Weintrestern verfertigte schwarze Farbe, oder gar das verkohlte Elfenbein, dessen Erfindung er dem Apelles zuschreibt, gemeynt habe.
beſchraͤnkt ſich alles Weſentliche, was uͤber dieſen gro- ßen Kuͤnſtler bis auf uns gekommen.
Nun bleibt uns noch ein ſchwieriger Punct in den Nachrichten des Plinius zu unterſuchen uͤbrig; wobey aber wenig Hoffnung iſt, denſelben voͤllig ins Klare zu ſetzen. Mehrmals berichtet naͤmlich der angefuͤhrte Schriftſteller, die aͤlteren großen griechiſchen Meiſter haͤtten ihre unſterblichen Werke nur mit vier Farben gemalt. Er geht noch weiter und ſpecificirt ſogar dieſe vier Farben, deren ſich ſeiner Angabe nach Apelles, Echion, Melanthius und Nicomachus, mit Ausſchluß aller andern Pigmente, ſollen bedient haben.
Von den weißen Farben iſt es das Melinum al- lein, welches eine Kreide war: das Erethriſche hielt man fuͤr das beſte; von den ockerartigen, das Atticum, wahrſcheinlich ein ſchoͤner heller Ocker; von den rothen die pontiſche Sinopis, ohne Zweifel eine rothe Erde wie die Neapolitaniſche; und von den ſchwarzen das Atramentum. Unter der letzten Benennung wird, wie es ſcheint, von Plinius alle ſchwarze Farbe, oder Schwaͤrze uͤberhaupt, und oft eine beſondere Art Schwarz verſtanden; wie hier der Fall ſeyn mag: und folglich iſt es ungewiß, ob er das Erdpech, den Kien- ruß, Kohlſchwarz, oder die aus gebrannten Weinhefen und aus Weintreſtern verfertigte ſchwarze Farbe, oder gar das verkohlte Elfenbein, deſſen Erfindung er dem Apelles zuſchreibt, gemeynt habe.
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beſchraͤnkt ſich alles Weſentliche, was uͤber dieſen gro-
ßen Kuͤnſtler bis auf uns gekommen.
Nun bleibt uns noch ein ſchwieriger Punct in den
Nachrichten des Plinius zu unterſuchen uͤbrig; wobey
aber wenig Hoffnung iſt, denſelben voͤllig ins Klare
zu ſetzen. Mehrmals berichtet naͤmlich der angefuͤhrte
Schriftſteller, die aͤlteren großen griechiſchen Meiſter
haͤtten ihre unſterblichen Werke nur mit vier Farben
gemalt. Er geht noch weiter und ſpecificirt ſogar
dieſe vier Farben, deren ſich ſeiner Angabe nach
Apelles, Echion, Melanthius und Nicomachus, mit
Ausſchluß aller andern Pigmente, ſollen bedient
haben.
Von den weißen Farben iſt es das Melinum al-
lein, welches eine Kreide war: das Erethriſche hielt
man fuͤr das beſte; von den ockerartigen, das Atticum,
wahrſcheinlich ein ſchoͤner heller Ocker; von den rothen
die pontiſche Sinopis, ohne Zweifel eine rothe Erde
wie die Neapolitaniſche; und von den ſchwarzen das
Atramentum. Unter der letzten Benennung wird, wie
es ſcheint, von Plinius alle ſchwarze Farbe, oder
Schwaͤrze uͤberhaupt, und oft eine beſondere Art
Schwarz verſtanden; wie hier der Fall ſeyn mag: und
folglich iſt es ungewiß, ob er das Erdpech, den Kien-
ruß, Kohlſchwarz, oder die aus gebrannten Weinhefen
und aus Weintreſtern verfertigte ſchwarze Farbe, oder
gar das verkohlte Elfenbein, deſſen Erfindung er dem
Apelles zuſchreibt, gemeynt habe.
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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/123>, abgerufen am 24.11.2024.
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