In der Wissenschaft kann also nicht verlangt wer- den, daß derjenige, der etwas für sie zu leisten gedenkt, ihr das ganze Leben widme, sie ganz überschaue und umgehe; welches überhaupt auch für den Eingeweihten eine hohe Forderung ist. Durchsucht man jedoch die Geschichte der Wissenschaften überhaupt, besonders aber die Geschichte der Naturwissenschaft; so findet man, daß manches Vorzüglichere von Einzelnen in einzelnen Fächern, sehr oft von Laien geleistet worden.
Wohin irgend die Neigung, Zufall oder Gelegen- heit den Menschen führt, welche Phänomene besonders ihm auffallen, ihm einen Antheil abgewinnen, ihn fest- halten, ihn beschäftigen, immer wird es zum Vortheil der Wissenschaft seyn. Denn jedes neue Verhältniß, das an den Tag kommt, jede neue Behandlungsart, selbst das Unzulängliche, selbst der Irrthum ist brauch- bar, oder aufregend und für die Folge nicht verloren.
In diesem Sinne mag der Verfasser denn auch mit einiger Beruhigung auf seine Arbeit zurücksehen; in dieser Betrachtung kann er wohl einigen Muth schöpfen zu dem, was zu thun noch übrig bleibt, und, zwar nicht mit sich selbst zufrieden, doch in sich selbst getrost, das Geleistete und Zu-leistende einer theilneh- menden Welt und Nachwelt empfehlen.
Multi pertransibunt et augebitur scientia.
In der Wiſſenſchaft kann alſo nicht verlangt wer- den, daß derjenige, der etwas fuͤr ſie zu leiſten gedenkt, ihr das ganze Leben widme, ſie ganz uͤberſchaue und umgehe; welches uͤberhaupt auch fuͤr den Eingeweihten eine hohe Forderung iſt. Durchſucht man jedoch die Geſchichte der Wiſſenſchaften uͤberhaupt, beſonders aber die Geſchichte der Naturwiſſenſchaft; ſo findet man, daß manches Vorzuͤglichere von Einzelnen in einzelnen Faͤchern, ſehr oft von Laien geleiſtet worden.
Wohin irgend die Neigung, Zufall oder Gelegen- heit den Menſchen fuͤhrt, welche Phaͤnomene beſonders ihm auffallen, ihm einen Antheil abgewinnen, ihn feſt- halten, ihn beſchaͤftigen, immer wird es zum Vortheil der Wiſſenſchaft ſeyn. Denn jedes neue Verhaͤltniß, das an den Tag kommt, jede neue Behandlungsart, ſelbſt das Unzulaͤngliche, ſelbſt der Irrthum iſt brauch- bar, oder aufregend und fuͤr die Folge nicht verloren.
In dieſem Sinne mag der Verfaſſer denn auch mit einiger Beruhigung auf ſeine Arbeit zuruͤckſehen; in dieſer Betrachtung kann er wohl einigen Muth ſchoͤpfen zu dem, was zu thun noch uͤbrig bleibt, und, zwar nicht mit ſich ſelbſt zufrieden, doch in ſich ſelbſt getroſt, das Geleiſtete und Zu-leiſtende einer theilneh- menden Welt und Nachwelt empfehlen.
Multi pertransibunt et augebitur scientia.
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In der Wiſſenſchaft kann alſo nicht verlangt wer-
den, daß derjenige, der etwas fuͤr ſie zu leiſten gedenkt,
ihr das ganze Leben widme, ſie ganz uͤberſchaue und
umgehe; welches uͤberhaupt auch fuͤr den Eingeweihten
eine hohe Forderung iſt. Durchſucht man jedoch die
Geſchichte der Wiſſenſchaften uͤberhaupt, beſonders aber
die Geſchichte der Naturwiſſenſchaft; ſo findet man,
daß manches Vorzuͤglichere von Einzelnen in einzelnen
Faͤchern, ſehr oft von Laien geleiſtet worden.
Wohin irgend die Neigung, Zufall oder Gelegen-
heit den Menſchen fuͤhrt, welche Phaͤnomene beſonders
ihm auffallen, ihm einen Antheil abgewinnen, ihn feſt-
halten, ihn beſchaͤftigen, immer wird es zum Vortheil
der Wiſſenſchaft ſeyn. Denn jedes neue Verhaͤltniß,
das an den Tag kommt, jede neue Behandlungsart,
ſelbſt das Unzulaͤngliche, ſelbſt der Irrthum iſt brauch-
bar, oder aufregend und fuͤr die Folge nicht verloren.
In dieſem Sinne mag der Verfaſſer denn auch
mit einiger Beruhigung auf ſeine Arbeit zuruͤckſehen;
in dieſer Betrachtung kann er wohl einigen Muth
ſchoͤpfen zu dem, was zu thun noch uͤbrig bleibt, und,
zwar nicht mit ſich ſelbſt zufrieden, doch in ſich ſelbſt
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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/406>, abgerufen am 05.12.2024.
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