Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.796. Die Wirkung dieser Farbe ist so einzig wie ihre 797. Von der Eifersucht der Regenten auf den Purpur 798. Das Purpurglas zeigt eine wohlerleuchtete Land- 799. Da die beyden Materialien, deren sich die Fär- 796. Die Wirkung dieſer Farbe iſt ſo einzig wie ihre 797. Von der Eiferſucht der Regenten auf den Purpur 798. Das Purpurglas zeigt eine wohlerleuchtete Land- 799. Da die beyden Materialien, deren ſich die Faͤr- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0353" n="299"/> <div n="4"> <head>796.</head><lb/> <p>Die Wirkung dieſer Farbe iſt ſo einzig wie ihre<lb/> Natur. Sie gibt einen Eindruck ſowohl von Ernſt<lb/> und Wuͤrde, als von Huld und Anmuth. Jenes<lb/> leiſtet ſie in ihrem dunklen verdichteten, dieſes in ih-<lb/> rem hellen verduͤnnten Zuſtande. Und ſo kann ſich die<lb/> Wuͤrde des Alters und die Liebenswuͤrdigkeit der Ju-<lb/> gend in Eine Farbe kleiden.</p> </div><lb/> <div n="4"> <head>797.</head><lb/> <p>Von der Eiferſucht der Regenten auf den Purpur<lb/> erzaͤhlt uns die Geſchichte manches. Eine Umgebung<lb/> von dieſer Farbe iſt immer ernſt und praͤchtig.</p> </div><lb/> <div n="4"> <head>798.</head><lb/> <p>Das Purpurglas zeigt eine wohlerleuchtete Land-<lb/> ſchaft in furchtbarem Lichte. So muͤßte der Farbeton<lb/> uͤber Erd’ und Himmel am Tage des Gerichts ausge-<lb/> breitet ſeyn.</p> </div><lb/> <div n="4"> <head>799.</head><lb/> <p>Da die beyden Materialien, deren ſich die Faͤr-<lb/> berey zur Hervorbringung dieſer Farbe vorzuͤglich be-<lb/> dient, der Kermes und die Cochenille, ſich mehr oder<lb/> weniger zum Plus und Minus neigen; auch ſich durch<lb/> Behandlung mit Saͤuern und Alcalien heruͤber und hin-<lb/> uͤber fuͤhren laſſen: ſo iſt zu bemerken, daß die Franzo-<lb/> ſen ſich auf der wirkſamen Seite halten, wie der fran-<lb/> zoͤſiſche Scharlach zeigt, welcher ins Gelbe zieht; die<lb/> Italiaͤner hingegen auf der paſſiven Seite verharren,<lb/> ſo daß ihr Scharlach eine Ahndung von Blau behaͤlt.</p> </div><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [299/0353]
796.
Die Wirkung dieſer Farbe iſt ſo einzig wie ihre
Natur. Sie gibt einen Eindruck ſowohl von Ernſt
und Wuͤrde, als von Huld und Anmuth. Jenes
leiſtet ſie in ihrem dunklen verdichteten, dieſes in ih-
rem hellen verduͤnnten Zuſtande. Und ſo kann ſich die
Wuͤrde des Alters und die Liebenswuͤrdigkeit der Ju-
gend in Eine Farbe kleiden.
797.
Von der Eiferſucht der Regenten auf den Purpur
erzaͤhlt uns die Geſchichte manches. Eine Umgebung
von dieſer Farbe iſt immer ernſt und praͤchtig.
798.
Das Purpurglas zeigt eine wohlerleuchtete Land-
ſchaft in furchtbarem Lichte. So muͤßte der Farbeton
uͤber Erd’ und Himmel am Tage des Gerichts ausge-
breitet ſeyn.
799.
Da die beyden Materialien, deren ſich die Faͤr-
berey zur Hervorbringung dieſer Farbe vorzuͤglich be-
dient, der Kermes und die Cochenille, ſich mehr oder
weniger zum Plus und Minus neigen; auch ſich durch
Behandlung mit Saͤuern und Alcalien heruͤber und hin-
uͤber fuͤhren laſſen: ſo iſt zu bemerken, daß die Franzo-
ſen ſich auf der wirkſamen Seite halten, wie der fran-
zoͤſiſche Scharlach zeigt, welcher ins Gelbe zieht; die
Italiaͤner hingegen auf der paſſiven Seite verharren,
ſo daß ihr Scharlach eine Ahndung von Blau behaͤlt.
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