Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

doch finden wir die Corallen bis zum schönsten Gelb-
roth hinaufgesteigert, welches in andern Wurmgehäu-
sen sich bis nahe zum Purpur hinanhebt.

638.

Die Gehäuse der Schalthiere sind schön gezeich-
net und gefärbt; doch ist zu bemerken, daß weder
die Landschnecken, noch die Schale der Muscheln des
süßen Wassers mit so hohen Farben geziert sind, als
die des Meerwassers.

639.

Bey Betrachtung der Muschelschalen, besonders
der gewundenen, bemerken wir, daß zu ihrem Ent-
stehen eine Versammlung unter sich ähnlicher, thieri-
scher Organe sich wachsend vorwärts bewegte, und,
indem sie sich um eine Axe drehten, das Gehäuse
durch eine Folge von Riefen, Rändern, Rinnen und
Erhöhungen, nach einem immer sich vergrößernden
Maaßstab, hervorbrachten. Wir bemerken aber auch
zugleich, daß diesen Organen irgend ein mannigfaltig
färbender Saft beywohnen mußte, der die Oberfläche
des Gehäuses, wahrscheinlich durch unmittelbare Ein-
wirkung des Meerwassers, mit farbigen Linien, Punc-
ten, Flecken und Schattirungen, Epochenweis be-
zeichnete, und so die Spuren seines steigenden Wachs-
thums auf der Außenseite dauernd hinterließ, indeß
die innre meistens weiß oder nur blaßgefärbt angetrof-
fen wird.

doch finden wir die Corallen bis zum ſchoͤnſten Gelb-
roth hinaufgeſteigert, welches in andern Wurmgehaͤu-
ſen ſich bis nahe zum Purpur hinanhebt.

638.

Die Gehaͤuſe der Schalthiere ſind ſchoͤn gezeich-
net und gefaͤrbt; doch iſt zu bemerken, daß weder
die Landſchnecken, noch die Schale der Muſcheln des
ſuͤßen Waſſers mit ſo hohen Farben geziert ſind, als
die des Meerwaſſers.

639.

Bey Betrachtung der Muſchelſchalen, beſonders
der gewundenen, bemerken wir, daß zu ihrem Ent-
ſtehen eine Verſammlung unter ſich aͤhnlicher, thieri-
ſcher Organe ſich wachſend vorwaͤrts bewegte, und,
indem ſie ſich um eine Axe drehten, das Gehaͤuſe
durch eine Folge von Riefen, Raͤndern, Rinnen und
Erhoͤhungen, nach einem immer ſich vergroͤßernden
Maaßſtab, hervorbrachten. Wir bemerken aber auch
zugleich, daß dieſen Organen irgend ein mannigfaltig
faͤrbender Saft beywohnen mußte, der die Oberflaͤche
des Gehaͤuſes, wahrſcheinlich durch unmittelbare Ein-
wirkung des Meerwaſſers, mit farbigen Linien, Punc-
ten, Flecken und Schattirungen, Epochenweis be-
zeichnete, und ſo die Spuren ſeines ſteigenden Wachs-
thums auf der Außenſeite dauernd hinterließ, indeß
die innre meiſtens weiß oder nur blaßgefaͤrbt angetrof-
fen wird.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0290" n="236"/>
doch finden wir die Corallen bis zum &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten Gelb-<lb/>
roth hinaufge&#x017F;teigert, welches in andern Wurmgeha&#x0364;u-<lb/>
&#x017F;en &#x017F;ich bis nahe zum Purpur hinanhebt.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>638.</head><lb/>
              <p>Die Geha&#x0364;u&#x017F;e der Schalthiere &#x017F;ind &#x017F;cho&#x0364;n gezeich-<lb/>
net und gefa&#x0364;rbt; doch i&#x017F;t zu bemerken, daß weder<lb/>
die Land&#x017F;chnecken, noch die Schale der Mu&#x017F;cheln des<lb/>
&#x017F;u&#x0364;ßen Wa&#x017F;&#x017F;ers mit &#x017F;o hohen Farben geziert &#x017F;ind, als<lb/>
die des Meerwa&#x017F;&#x017F;ers.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>639.</head><lb/>
              <p>Bey Betrachtung der Mu&#x017F;chel&#x017F;chalen, be&#x017F;onders<lb/>
der gewundenen, bemerken wir, daß zu ihrem Ent-<lb/>
&#x017F;tehen eine Ver&#x017F;ammlung unter &#x017F;ich a&#x0364;hnlicher, thieri-<lb/>
&#x017F;cher Organe &#x017F;ich wach&#x017F;end vorwa&#x0364;rts bewegte, und,<lb/>
indem &#x017F;ie &#x017F;ich um eine Axe drehten, das Geha&#x0364;u&#x017F;e<lb/>
durch eine Folge von Riefen, Ra&#x0364;ndern, Rinnen und<lb/>
Erho&#x0364;hungen, nach einem immer &#x017F;ich vergro&#x0364;ßernden<lb/>
Maaß&#x017F;tab, hervorbrachten. Wir bemerken aber auch<lb/>
zugleich, daß die&#x017F;en Organen irgend ein mannigfaltig<lb/>
fa&#x0364;rbender Saft beywohnen mußte, der die Oberfla&#x0364;che<lb/>
des Geha&#x0364;u&#x017F;es, wahr&#x017F;cheinlich durch unmittelbare Ein-<lb/>
wirkung des Meerwa&#x017F;&#x017F;ers, mit farbigen Linien, Punc-<lb/>
ten, Flecken und Schattirungen, Epochenweis be-<lb/>
zeichnete, und &#x017F;o die Spuren &#x017F;eines &#x017F;teigenden Wachs-<lb/>
thums auf der Außen&#x017F;eite dauernd hinterließ, indeß<lb/>
die innre mei&#x017F;tens weiß oder nur blaßgefa&#x0364;rbt angetrof-<lb/>
fen wird.</p>
            </div><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[236/0290] doch finden wir die Corallen bis zum ſchoͤnſten Gelb- roth hinaufgeſteigert, welches in andern Wurmgehaͤu- ſen ſich bis nahe zum Purpur hinanhebt. 638. Die Gehaͤuſe der Schalthiere ſind ſchoͤn gezeich- net und gefaͤrbt; doch iſt zu bemerken, daß weder die Landſchnecken, noch die Schale der Muſcheln des ſuͤßen Waſſers mit ſo hohen Farben geziert ſind, als die des Meerwaſſers. 639. Bey Betrachtung der Muſchelſchalen, beſonders der gewundenen, bemerken wir, daß zu ihrem Ent- ſtehen eine Verſammlung unter ſich aͤhnlicher, thieri- ſcher Organe ſich wachſend vorwaͤrts bewegte, und, indem ſie ſich um eine Axe drehten, das Gehaͤuſe durch eine Folge von Riefen, Raͤndern, Rinnen und Erhoͤhungen, nach einem immer ſich vergroͤßernden Maaßſtab, hervorbrachten. Wir bemerken aber auch zugleich, daß dieſen Organen irgend ein mannigfaltig faͤrbender Saft beywohnen mußte, der die Oberflaͤche des Gehaͤuſes, wahrſcheinlich durch unmittelbare Ein- wirkung des Meerwaſſers, mit farbigen Linien, Punc- ten, Flecken und Schattirungen, Epochenweis be- zeichnete, und ſo die Spuren ſeines ſteigenden Wachs- thums auf der Außenſeite dauernd hinterließ, indeß die innre meiſtens weiß oder nur blaßgefaͤrbt angetrof- fen wird.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/290
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/290>, abgerufen am 23.11.2024.