Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite
L.
Mineralien.

613.

Die Farben der Mineralien sind alle chemischer
Natur, und so kann ihre Entstehungsweise aus dem,
was wir von den chemischen Farben gesagt haben,
ziemlich entwickelt werden.

614.

Die Farbenbenennungen stehn unter den äußern
Kennzeichen oben an, und man hat sich, im Sinne
der neuern Zeit, große Mühe gegeben, jede vorkom-
mende Erscheinung genau zu bestimmen und festzuhal-
ten; man hat aber dadurch, wie uns dünkt, neue
Schwierigkeiten erregt, welche beym Gebrauch manche
Unbequemlichkeit veranlassen.

615.

Freylich führt auch dieses, sobald man bedenkt,
wie die Sache entstanden, seine Entschuldigung mit
sich. Der Maler hatte von jeher das Vorrecht, die
Farbe zu handhaben. Die wenigen specificirten Far-
ben standen fest, und dennoch kamen durch künstliche
Mischungen unzählige Schattirungen hervor, welche
die Oberfläche der natürlichen Gegenstände nachahmten.
War es daher ein Wunder, wenn man auch diesen Mi-

L.
Mineralien.

613.

Die Farben der Mineralien ſind alle chemiſcher
Natur, und ſo kann ihre Entſtehungsweiſe aus dem,
was wir von den chemiſchen Farben geſagt haben,
ziemlich entwickelt werden.

614.

Die Farbenbenennungen ſtehn unter den aͤußern
Kennzeichen oben an, und man hat ſich, im Sinne
der neuern Zeit, große Muͤhe gegeben, jede vorkom-
mende Erſcheinung genau zu beſtimmen und feſtzuhal-
ten; man hat aber dadurch, wie uns duͤnkt, neue
Schwierigkeiten erregt, welche beym Gebrauch manche
Unbequemlichkeit veranlaſſen.

615.

Freylich fuͤhrt auch dieſes, ſobald man bedenkt,
wie die Sache entſtanden, ſeine Entſchuldigung mit
ſich. Der Maler hatte von jeher das Vorrecht, die
Farbe zu handhaben. Die wenigen ſpecificirten Far-
ben ſtanden feſt, und dennoch kamen durch kuͤnſtliche
Miſchungen unzaͤhlige Schattirungen hervor, welche
die Oberflaͤche der natuͤrlichen Gegenſtaͤnde nachahmten.
War es daher ein Wunder, wenn man auch dieſen Mi-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0282" n="228"/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">L.</hi><lb/><hi rendition="#g">Mineralien</hi>.</hi> </head><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            <div n="4">
              <head>613.</head><lb/>
              <p>Die Farben der Mineralien &#x017F;ind alle chemi&#x017F;cher<lb/>
Natur, und &#x017F;o kann ihre Ent&#x017F;tehungswei&#x017F;e aus dem,<lb/>
was wir von den chemi&#x017F;chen Farben ge&#x017F;agt haben,<lb/>
ziemlich entwickelt werden.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>614.</head><lb/>
              <p>Die Farbenbenennungen &#x017F;tehn unter den a&#x0364;ußern<lb/>
Kennzeichen oben an, und man hat &#x017F;ich, im Sinne<lb/>
der neuern Zeit, große Mu&#x0364;he gegeben, jede vorkom-<lb/>
mende Er&#x017F;cheinung genau zu be&#x017F;timmen und fe&#x017F;tzuhal-<lb/>
ten; man hat aber dadurch, wie uns du&#x0364;nkt, neue<lb/>
Schwierigkeiten erregt, welche beym Gebrauch manche<lb/>
Unbequemlichkeit veranla&#x017F;&#x017F;en.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>615.</head><lb/>
              <p>Freylich fu&#x0364;hrt auch die&#x017F;es, &#x017F;obald man bedenkt,<lb/>
wie die Sache ent&#x017F;tanden, &#x017F;eine Ent&#x017F;chuldigung mit<lb/>
&#x017F;ich. Der Maler hatte von jeher das Vorrecht, die<lb/>
Farbe zu handhaben. Die wenigen &#x017F;pecificirten Far-<lb/>
ben &#x017F;tanden fe&#x017F;t, und dennoch kamen durch ku&#x0364;n&#x017F;tliche<lb/>
Mi&#x017F;chungen unza&#x0364;hlige Schattirungen hervor, welche<lb/>
die Oberfla&#x0364;che der natu&#x0364;rlichen Gegen&#x017F;ta&#x0364;nde nachahmten.<lb/>
War es daher ein Wunder, wenn man auch die&#x017F;en Mi-<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[228/0282] L. Mineralien. 613. Die Farben der Mineralien ſind alle chemiſcher Natur, und ſo kann ihre Entſtehungsweiſe aus dem, was wir von den chemiſchen Farben geſagt haben, ziemlich entwickelt werden. 614. Die Farbenbenennungen ſtehn unter den aͤußern Kennzeichen oben an, und man hat ſich, im Sinne der neuern Zeit, große Muͤhe gegeben, jede vorkom- mende Erſcheinung genau zu beſtimmen und feſtzuhal- ten; man hat aber dadurch, wie uns duͤnkt, neue Schwierigkeiten erregt, welche beym Gebrauch manche Unbequemlichkeit veranlaſſen. 615. Freylich fuͤhrt auch dieſes, ſobald man bedenkt, wie die Sache entſtanden, ſeine Entſchuldigung mit ſich. Der Maler hatte von jeher das Vorrecht, die Farbe zu handhaben. Die wenigen ſpecificirten Far- ben ſtanden feſt, und dennoch kamen durch kuͤnſtliche Miſchungen unzaͤhlige Schattirungen hervor, welche die Oberflaͤche der natuͤrlichen Gegenſtaͤnde nachahmten. War es daher ein Wunder, wenn man auch dieſen Mi-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/282
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/282>, abgerufen am 11.05.2024.