ben abschneidet, wenn man die Augen alsdann auf das horizontale Holz richtet, ferner den Kopf etwas vorzubiegen, zu blinzen und aufwärts zu sehen an- fängt; so wird man bald unten an dem Holze einen schönen gelbrothen Saum, oben über demselben einen schönen hellblauen entdecken. Je dunkelgrauer und gleicher der Himmel, je dämmernder das Zimmer und folglich je ruhiger das Auge, desto lebhafter wird sich die Erscheinung zeigen, ob sie sich gleich einem auf- merksamen Beobachter auch bey hellem Tage darstellen wird.
421.
Man biege nunmehr den Kopf zurück und blinzle mit den Augen dergestalt, daß man den horizontalen Fensterstab unter sich sehe, so wird auch das Phäno- men umgekehrt erscheinen. Man wird nehmlich die obere Kante gelb und die untre blau sehen.
422.
In einer dunkeln Kammer stellen sich die Beob- achtungen am besten an. Wenn man vor die Oeff- nung, vor welche man gewöhnlich das Sonnen-Mi- kroskop schraubt, ein weißes Papier heftet, wird man den untern Rand des Kreises blau, den obern gelb erblicken, selbst indem man die Augen ganz offen hat, oder sie nur in so fern zublinzt, daß kein Hof sich mehr um das Weiße herum zeigt. Biegt man den Kopf zurück, so sieht man die Farben umgekehrt.
I. 11
ben abſchneidet, wenn man die Augen alsdann auf das horizontale Holz richtet, ferner den Kopf etwas vorzubiegen, zu blinzen und aufwaͤrts zu ſehen an- faͤngt; ſo wird man bald unten an dem Holze einen ſchoͤnen gelbrothen Saum, oben uͤber demſelben einen ſchoͤnen hellblauen entdecken. Je dunkelgrauer und gleicher der Himmel, je daͤmmernder das Zimmer und folglich je ruhiger das Auge, deſto lebhafter wird ſich die Erſcheinung zeigen, ob ſie ſich gleich einem auf- merkſamen Beobachter auch bey hellem Tage darſtellen wird.
421.
Man biege nunmehr den Kopf zuruͤck und blinzle mit den Augen dergeſtalt, daß man den horizontalen Fenſterſtab unter ſich ſehe, ſo wird auch das Phaͤno- men umgekehrt erſcheinen. Man wird nehmlich die obere Kante gelb und die untre blau ſehen.
422.
In einer dunkeln Kammer ſtellen ſich die Beob- achtungen am beſten an. Wenn man vor die Oeff- nung, vor welche man gewoͤhnlich das Sonnen-Mi- kroſkop ſchraubt, ein weißes Papier heftet, wird man den untern Rand des Kreiſes blau, den obern gelb erblicken, ſelbſt indem man die Augen ganz offen hat, oder ſie nur in ſo fern zublinzt, daß kein Hof ſich mehr um das Weiße herum zeigt. Biegt man den Kopf zuruͤck, ſo ſieht man die Farben umgekehrt.
I. 11
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ben abſchneidet, wenn man die Augen alsdann auf
das horizontale Holz richtet, ferner den Kopf etwas
vorzubiegen, zu blinzen und aufwaͤrts zu ſehen an-
faͤngt; ſo wird man bald unten an dem Holze einen
ſchoͤnen gelbrothen Saum, oben uͤber demſelben einen
ſchoͤnen hellblauen entdecken. Je dunkelgrauer und
gleicher der Himmel, je daͤmmernder das Zimmer und
folglich je ruhiger das Auge, deſto lebhafter wird ſich
die Erſcheinung zeigen, ob ſie ſich gleich einem auf-
merkſamen Beobachter auch bey hellem Tage darſtellen
wird.
421.
Man biege nunmehr den Kopf zuruͤck und blinzle
mit den Augen dergeſtalt, daß man den horizontalen
Fenſterſtab unter ſich ſehe, ſo wird auch das Phaͤno-
men umgekehrt erſcheinen. Man wird nehmlich die
obere Kante gelb und die untre blau ſehen.
422.
In einer dunkeln Kammer ſtellen ſich die Beob-
achtungen am beſten an. Wenn man vor die Oeff-
nung, vor welche man gewoͤhnlich das Sonnen-Mi-
kroſkop ſchraubt, ein weißes Papier heftet, wird man
den untern Rand des Kreiſes blau, den obern gelb
erblicken, ſelbſt indem man die Augen ganz offen hat,
oder ſie nur in ſo fern zublinzt, daß kein Hof ſich
mehr um das Weiße herum zeigt. Biegt man den
Kopf zuruͤck, ſo ſieht man die Farben umgekehrt.
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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/215>, abgerufen am 21.11.2024.
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