Convexglas mit dem Concavglase zusammengenommen zeigt die Farben nach dem Gesetz des letztern. Sind alle drey Gläser zusammengelegt, so mag man das Son- nenbild nach dem Focus zusammenziehen, oder sich das- selbe hinter dem Brennpuncte ausdehnen lassen, niemals zeigen sich farbige Ränder, und die von dem Künstler intendirte Achromasie bewährt sich hier abermals.
349.
Da jedoch das Crownglas durchaus eine grünliche Farbe hat, so daß besonders bey großen und starken Objectiven etwas von einem grünlichen Schein mit un- ter laufen, und sich daneben die geforderte Purpurfarbe unter gewissen Umständen einstellen mag; welches uns jedoch, bey wiederholten Versuchen mit mehreren Ob- jectiven, nicht vorgekommen: so hat man hierzu die wunderbarsten Erklärungen ersonnen und sich, da man theoretisch die Unmöglichkeit achromatischer Ferngläser zu beweisen genöthigt war, gewissermaßen gefreut, eine solche radicale Verbesserung läugnen zu können; wovon jedoch nur in der Geschichte dieser Erfindungen um- ständlich gehandelt werden kann.
Convexglas mit dem Concavglaſe zuſammengenommen zeigt die Farben nach dem Geſetz des letztern. Sind alle drey Glaͤſer zuſammengelegt, ſo mag man das Son- nenbild nach dem Focus zuſammenziehen, oder ſich daſ- ſelbe hinter dem Brennpuncte ausdehnen laſſen, niemals zeigen ſich farbige Raͤnder, und die von dem Kuͤnſtler intendirte Achromaſie bewaͤhrt ſich hier abermals.
349.
Da jedoch das Crownglas durchaus eine gruͤnliche Farbe hat, ſo daß beſonders bey großen und ſtarken Objectiven etwas von einem gruͤnlichen Schein mit un- ter laufen, und ſich daneben die geforderte Purpurfarbe unter gewiſſen Umſtaͤnden einſtellen mag; welches uns jedoch, bey wiederholten Verſuchen mit mehreren Ob- jectiven, nicht vorgekommen: ſo hat man hierzu die wunderbarſten Erklaͤrungen erſonnen und ſich, da man theoretiſch die Unmoͤglichkeit achromatiſcher Fernglaͤſer zu beweiſen genoͤthigt war, gewiſſermaßen gefreut, eine ſolche radicale Verbeſſerung laͤugnen zu koͤnnen; wovon jedoch nur in der Geſchichte dieſer Erfindungen um- ſtaͤndlich gehandelt werden kann.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0189"n="135"/>
Convexglas mit dem Concavglaſe zuſammengenommen<lb/>
zeigt die Farben nach dem Geſetz des letztern. Sind<lb/>
alle drey Glaͤſer zuſammengelegt, ſo mag man das Son-<lb/>
nenbild nach dem Focus zuſammenziehen, oder ſich daſ-<lb/>ſelbe hinter dem Brennpuncte ausdehnen laſſen, niemals<lb/>
zeigen ſich farbige Raͤnder, und die von dem Kuͤnſtler<lb/>
intendirte Achromaſie bewaͤhrt ſich hier abermals.</p></div><lb/><divn="4"><head>349.</head><lb/><p>Da jedoch das Crownglas durchaus eine gruͤnliche<lb/>
Farbe hat, ſo daß beſonders bey großen und ſtarken<lb/>
Objectiven etwas von einem gruͤnlichen Schein mit un-<lb/>
ter laufen, und ſich daneben die geforderte Purpurfarbe<lb/>
unter gewiſſen Umſtaͤnden einſtellen mag; welches uns<lb/>
jedoch, bey wiederholten Verſuchen mit mehreren Ob-<lb/>
jectiven, nicht vorgekommen: ſo hat man hierzu die<lb/>
wunderbarſten Erklaͤrungen erſonnen und ſich, da man<lb/>
theoretiſch die Unmoͤglichkeit achromatiſcher Fernglaͤſer<lb/>
zu beweiſen genoͤthigt war, gewiſſermaßen gefreut, eine<lb/>ſolche radicale Verbeſſerung laͤugnen zu koͤnnen; wovon<lb/>
jedoch nur in der Geſchichte dieſer Erfindungen um-<lb/>ſtaͤndlich gehandelt werden kann.</p></div></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div></div></body></text></TEI>
[135/0189]
Convexglas mit dem Concavglaſe zuſammengenommen
zeigt die Farben nach dem Geſetz des letztern. Sind
alle drey Glaͤſer zuſammengelegt, ſo mag man das Son-
nenbild nach dem Focus zuſammenziehen, oder ſich daſ-
ſelbe hinter dem Brennpuncte ausdehnen laſſen, niemals
zeigen ſich farbige Raͤnder, und die von dem Kuͤnſtler
intendirte Achromaſie bewaͤhrt ſich hier abermals.
349.
Da jedoch das Crownglas durchaus eine gruͤnliche
Farbe hat, ſo daß beſonders bey großen und ſtarken
Objectiven etwas von einem gruͤnlichen Schein mit un-
ter laufen, und ſich daneben die geforderte Purpurfarbe
unter gewiſſen Umſtaͤnden einſtellen mag; welches uns
jedoch, bey wiederholten Verſuchen mit mehreren Ob-
jectiven, nicht vorgekommen: ſo hat man hierzu die
wunderbarſten Erklaͤrungen erſonnen und ſich, da man
theoretiſch die Unmoͤglichkeit achromatiſcher Fernglaͤſer
zu beweiſen genoͤthigt war, gewiſſermaßen gefreut, eine
ſolche radicale Verbeſſerung laͤugnen zu koͤnnen; wovon
jedoch nur in der Geſchichte dieſer Erfindungen um-
ſtaͤndlich gehandelt werden kann.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/189>, abgerufen am 04.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.