Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819.Schlechter Trost. Mitternachts weint' und schluchtzt' ich, Weil ich dein entbehrte. Da kamen Nachtgespenster Und ich schämte mich. Nachtgespenster, sagt ich, Schluchzend und weinend Feindet ihr mich, dem ihr sonst Schlafendem vorüberzogt. Grosse Güter vermiss' ich. Denkt nicht schlimmer von mir Den ihr sonst weise nanntet, Grosses Uebel betrifft ihn! -- Und die Nachtgespenster Mit langen Gesichtern Zogen vorbey, Ob ich weise oder thörig Völlig unbekümmert. Schlechter Trost. Mitternachts weint’ und schluchtzt’ ich, Weil ich dein entbehrte. Da kamen Nachtgespenster Und ich schämte mich. Nachtgespenster, sagt ich, Schluchzend und weinend Feindet ihr mich, dem ihr sonst Schlafendem vorüberzogt. Groſse Güter vermiss’ ich. Denkt nicht schlimmer von mir Den ihr sonst weise nanntet, Groſses Uebel betrifft ihn! — Und die Nachtgespenster Mit langen Gesichtern Zogen vorbey, Ob ich weise oder thörig Völlig unbekümmert. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0064" n="54"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Schlechter Trost</hi></hi>.</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <l>Mitternachts weint’ und schluchtzt’ ich,</l><lb/> <l>Weil ich dein entbehrte.</l><lb/> <l>Da kamen Nachtgespenster</l><lb/> <l>Und ich schämte mich.</l><lb/> <l>Nachtgespenster, sagt ich,</l><lb/> <l>Schluchzend und weinend</l><lb/> <l>Feindet ihr mich, dem ihr sonst</l><lb/> <l>Schlafendem vorüberzogt.</l><lb/> <l>Groſse Güter vermiss’ ich.</l><lb/> <l>Denkt nicht schlimmer von mir</l><lb/> <l>Den ihr sonst weise nanntet,</l><lb/> <l>Groſses Uebel betrifft ihn! —</l><lb/> <l>Und die Nachtgespenster</l><lb/> <l>Mit langen Gesichtern</l><lb/> <l>Zogen vorbey,</l><lb/> <l>Ob ich weise oder thörig</l><lb/> <l>Völlig unbekümmert.</l> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [54/0064]
Schlechter Trost.
Mitternachts weint’ und schluchtzt’ ich,
Weil ich dein entbehrte.
Da kamen Nachtgespenster
Und ich schämte mich.
Nachtgespenster, sagt ich,
Schluchzend und weinend
Feindet ihr mich, dem ihr sonst
Schlafendem vorüberzogt.
Groſse Güter vermiss’ ich.
Denkt nicht schlimmer von mir
Den ihr sonst weise nanntet,
Groſses Uebel betrifft ihn! —
Und die Nachtgespenster
Mit langen Gesichtern
Zogen vorbey,
Ob ich weise oder thörig
Völlig unbekümmert.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/64 |
Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/64>, abgerufen am 03.07.2024. |