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Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819.

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welche man die mystische nennen müsste:
sie treibt den Menschen aus dem vorher-
gehenden Zustand, der noch immer ängst-
lich und drückend bleibt, zur Vereinigung
mit Gott schon in diesem Leben und zur
vorläufigen Entsagung derjenigen Güter,
deren allenfallsiger Verlust uns schmerzen
könnte. Sondert man die verschiedenen
Zwecke bey allen bildlichen Darstellungen
des Orients, so hat man schon viel gewon-
nen, indem man sich sonst in Vermischung
derselben immer gehindert fühlt, bald eine
Nutzanwendung sucht, wo keine ist, dann
aber eine tieferliegende Bedeutung über-
sicht. Auffallende Beyspiele sämmtlicher
Arten zu geben, müsste das Buch der Pa-
rabeln interessant und lehrreich machen.
Wohin die von uns diessmal vorgetragenen
zu ordnen seyn möchten, wird dem ein-
sichtigen Leser überlassen.

Buch des Parsen. Nur vielfache
Ableitungen haben den Dichter verhindert
die so abstrakt scheinende und doch so
praktisch eingreifende Sonn- und Feuer-
Verehrung in ihrem ganzen Umfange dich-
terisch darzustellen, wozu der herrlichste

welche man die mystische nennen müſste:
sie treibt den Menschen aus dem vorher-
gehenden Zustand, der noch immer ängst-
lich und drückend bleibt, zur Vereinigung
mit Gott schon in diesem Leben und zur
vorläufigen Entsagung derjenigen Güter,
deren allenfallsiger Verlust uns schmerzen
könnte. Sondert man die verschiedenen
Zwecke bey allen bildlichen Darstellungen
des Orients, so hat man schon viel gewon-
nen, indem man sich sonst in Vermischung
derselben immer gehindert fühlt, bald eine
Nutzanwendung sucht, wo keine ist, dann
aber eine tieferliegende Bedeutung über-
sicht. Auffallende Beyspiele sämmtlicher
Arten zu geben, müſste das Buch der Pa-
rabeln interessant und lehrreich machen.
Wohin die von uns dieſsmal vorgetragenen
zu ordnen seyn möchten, wird dem ein-
sichtigen Leser überlassen.

Buch des Parsen. Nur vielfache
Ableitungen haben den Dichter verhindert
die so abstrakt scheinende und doch so
praktisch eingreifende Sonn- und Feuer-
Verehrung in ihrem ganzen Umfange dich-
terisch darzustellen, wozu der herrlichste

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[420[422]/0432] welche man die mystische nennen müſste: sie treibt den Menschen aus dem vorher- gehenden Zustand, der noch immer ängst- lich und drückend bleibt, zur Vereinigung mit Gott schon in diesem Leben und zur vorläufigen Entsagung derjenigen Güter, deren allenfallsiger Verlust uns schmerzen könnte. Sondert man die verschiedenen Zwecke bey allen bildlichen Darstellungen des Orients, so hat man schon viel gewon- nen, indem man sich sonst in Vermischung derselben immer gehindert fühlt, bald eine Nutzanwendung sucht, wo keine ist, dann aber eine tieferliegende Bedeutung über- sicht. Auffallende Beyspiele sämmtlicher Arten zu geben, müſste das Buch der Pa- rabeln interessant und lehrreich machen. Wohin die von uns dieſsmal vorgetragenen zu ordnen seyn möchten, wird dem ein- sichtigen Leser überlassen. Buch des Parsen. Nur vielfache Ableitungen haben den Dichter verhindert die so abstrakt scheinende und doch so praktisch eingreifende Sonn- und Feuer- Verehrung in ihrem ganzen Umfange dich- terisch darzustellen, wozu der herrlichste

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819, S. 420[422]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/432>, abgerufen am 24.11.2024.