Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819.Dreistigkeit. Worauf kommt es überall an Dass der Mensch gesundet? Jeder höret gern den Schall an Der zum Ton sich rundet. Alles weg! was deinen Lauf stört! Nur kein düster Streben! Eh er singt und eh er aufhört Muss der Dichter leben. Und so mag des Lebens Erzklang Durch die Seele dröhnen! Fühlt der Dichter sich das Herz bang Wird sich selbst versöhnen. Dreistigkeit. Worauf kommt es überall an Daſs der Mensch gesundet? Jeder höret gern den Schall an Der zum Ton sich rundet. Alles weg! was deinen Lauf stört! Nur kein düster Streben! Eh er singt und eh er aufhört Muſs der Dichter leben. Und so mag des Lebens Erzklang Durch die Seele dröhnen! Fühlt der Dichter sich das Herz bang Wird sich selbst versöhnen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0035" n="25"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Dreistigkeit</hi>.</hi> </hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Worauf kommt es überall an</l><lb/> <l>Daſs der Mensch gesundet?</l><lb/> <l>Jeder höret gern den Schall an</l><lb/> <l>Der zum Ton sich rundet.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Alles weg! was deinen Lauf stört!</l><lb/> <l>Nur kein düster Streben!</l><lb/> <l>Eh er singt und eh er aufhört</l><lb/> <l>Muſs der Dichter leben.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Und so mag des Lebens Erzklang</l><lb/> <l>Durch die Seele dröhnen!</l><lb/> <l>Fühlt der Dichter sich das Herz bang</l><lb/> <l>Wird sich selbst versöhnen.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [25/0035]
Dreistigkeit.
Worauf kommt es überall an
Daſs der Mensch gesundet?
Jeder höret gern den Schall an
Der zum Ton sich rundet.
Alles weg! was deinen Lauf stört!
Nur kein düster Streben!
Eh er singt und eh er aufhört
Muſs der Dichter leben.
Und so mag des Lebens Erzklang
Durch die Seele dröhnen!
Fühlt der Dichter sich das Herz bang
Wird sich selbst versöhnen.
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