Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819.Suleika. Warum du nur oft so unhold bist? Hatem. Du weisst dass der Leib ein Kerker ist,Die Seele hat man hinein betrogen, Da hat sie nicht freye Ellebogen. Will sie sich da- und dorthin retten: Schnürt man den Kerker selbst in Ketten, Da ist das Liebchen doppelt gefährdet, Desshalb sie sich oft so seltsam gebärdet. Suleika. Warum du nur oft so unhold bist? Hatem. Du weiſst daſs der Leib ein Kerker ist,Die Seele hat man hinein betrogen, Da hat sie nicht freye Ellebogen. Will sie sich da- und dorthin retten: Schnürt man den Kerker selbst in Ketten, Da ist das Liebchen doppelt gefährdet, Deſshalb sie sich oft so seltsam gebärdet. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0198" n="188"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Suleika</hi></hi>.</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Warum du nur oft so unhold bist?</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <head> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Hatem</hi>.</hi> </head><lb/> <l>Du weiſst daſs der Leib ein Kerker ist,</l><lb/> <l>Die Seele hat man hinein betrogen,</l><lb/> <l>Da hat sie nicht freye Ellebogen.</l><lb/> <l>Will sie sich da- und dorthin retten:</l><lb/> <l>Schnürt man den Kerker selbst in Ketten,</l><lb/> <l>Da ist das Liebchen doppelt gefährdet,</l><lb/> <l>Deſshalb sie sich oft so seltsam gebärdet.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [188/0198]
Suleika.
Warum du nur oft so unhold bist?
Hatem.
Du weiſst daſs der Leib ein Kerker ist,
Die Seele hat man hinein betrogen,
Da hat sie nicht freye Ellebogen.
Will sie sich da- und dorthin retten:
Schnürt man den Kerker selbst in Ketten,
Da ist das Liebchen doppelt gefährdet,
Deſshalb sie sich oft so seltsam gebärdet.
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