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Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819.

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annehmen, allein es wird uns zugleich
vergönnt seyn nachzuforschen, worin ein
solcher Vorzug eigentlich begründet seyn
könne.

Diese Aufgabe in sofern es möglich ist
zu lösen, möchte wohl auch dem künftigen
Divan vorbehalten seyn. Denn, um nur
von Hafis zu reden, wächst Bewunderung
und Neigung gegen ihn, jemehr man ihn
kennen lernt. Das glücklichste Naturell,
grosse Bildung, freye Facilität und die reine
Ueberzeugung dass man den Menschen nur
alsdann behagt, wenn man ihnen vorsingt
was sie gern, leicht und bequem hören,
wobey man ihnen denn auch etwas Schwe-
res, Schwieriges, Unwillkommenes gele-
gentlich mit unterschieben darf. Wenn
Kenner im nachstehenden Liede Hafisens
Bild einigermassen erblicken wollen, so
würde den Westländer dieser Versuch ganz
besonders erfreuen.


annehmen, allein es wird uns zugleich
vergönnt seyn nachzuforschen, worin ein
solcher Vorzug eigentlich begründet seyn
könne.

Diese Aufgabe in sofern es möglich ist
zu lösen, möchte wohl auch dem künftigen
Divan vorbehalten seyn. Denn, um nur
von Hafis zu reden, wächst Bewunderung
und Neigung gegen ihn, jemehr man ihn
kennen lernt. Das glücklichste Naturell,
groſse Bildung, freye Facilität und die reine
Ueberzeugung daſs man den Menschen nur
alsdann behagt, wenn man ihnen vorsingt
was sie gern, leicht und bequem hören,
wobey man ihnen denn auch etwas Schwe-
res, Schwieriges, Unwillkommenes gele-
gentlich mit unterschieben darf. Wenn
Kenner im nachstehenden Liede Hafisens
Bild einigermaſsen erblicken wollen, so
würde den Westländer dieser Versuch ganz
besonders erfreuen.


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[399/0409] annehmen, allein es wird uns zugleich vergönnt seyn nachzuforschen, worin ein solcher Vorzug eigentlich begründet seyn könne. Diese Aufgabe in sofern es möglich ist zu lösen, möchte wohl auch dem künftigen Divan vorbehalten seyn. Denn, um nur von Hafis zu reden, wächst Bewunderung und Neigung gegen ihn, jemehr man ihn kennen lernt. Das glücklichste Naturell, groſse Bildung, freye Facilität und die reine Ueberzeugung daſs man den Menschen nur alsdann behagt, wenn man ihnen vorsingt was sie gern, leicht und bequem hören, wobey man ihnen denn auch etwas Schwe- res, Schwieriges, Unwillkommenes gele- gentlich mit unterschieben darf. Wenn Kenner im nachstehenden Liede Hafisens Bild einigermaſsen erblicken wollen, so würde den Westländer dieser Versuch ganz besonders erfreuen.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819, S. 399. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/409>, abgerufen am 17.07.2024.