weil er Würdiges nicht vollbringen kann, lieber auf seinem innern Reichthum ruht, und jede ungeziemende Thätigkeit verschmäht. So erkennen wir endlich auch den ächten innern Geist des teutschen Volkes, wie die älteren Mahler seiner besseren Zeit ihn uns gebil- det, einfach, ruhig, still, in sich geschlossen, ehrbar, von sinnlicher Tiefe weniger in sich tragend, aber dafür um so mehr für die höhern Motive aufgeschlos- sen. Gerade die Demüthigung, die diesem Charakter durch das Ungeschick der Führer bereitet worden ist, muß die innere Scheidung in dem Wesen der Nation vollenden; sich lossagend von dem, was die Verwor- renheit der nächst vergangenen Zeit ihr aufgedrungen, muß sie zurückkehren in sich selbst, zu dem was ihr Eigenstes und Würdigstes ist, wegstoßend und preis- gebend das Verkehrte; damit sie nicht gänzlich zer- breche in dem feindseligen Andrang der Zeit.
Nachdem wir das Alles auf diese Weise erwogen, wird der Gedanken einer Volksliteratur uns keines- wegs mehr so nichtig und in sich selbst verwerflich scheinen, als es so geradehin auf den ersten Blick den An- schein gewann. Nachdem wir einen inwendigen Geist in allen Ständen wohnend, und gleich einem schlackenlosen Metallkönig durch alle Verunreinigung von Zeit und Gelegenheit durchblickend anerkannt, wird auch die
weil er Würdiges nicht vollbringen kann, lieber auf ſeinem innern Reichthum ruht, und jede ungeziemende Thätigkeit verſchmäht. So erkennen wir endlich auch den ächten innern Geiſt des teutſchen Volkes, wie die älteren Mahler ſeiner beſſeren Zeit ihn uns gebil- det, einfach, ruhig, ſtill, in ſich geſchloſſen, ehrbar, von ſinnlicher Tiefe weniger in ſich tragend, aber dafür um ſo mehr für die höhern Motive aufgeſchloſ- ſen. Gerade die Demüthigung, die dieſem Charakter durch das Ungeſchick der Führer bereitet worden iſt, muß die innere Scheidung in dem Weſen der Nation vollenden; ſich losſagend von dem, was die Verwor- renheit der nächſt vergangenen Zeit ihr aufgedrungen, muß ſie zurückkehren in ſich ſelbſt, zu dem was ihr Eigenſtes und Würdigſtes iſt, wegſtoßend und preis- gebend das Verkehrte; damit ſie nicht gänzlich zer- breche in dem feindſeligen Andrang der Zeit.
Nachdem wir das Alles auf dieſe Weiſe erwogen, wird der Gedanken einer Volksliteratur uns keines- wegs mehr ſo nichtig und in ſich ſelbſt verwerflich ſcheinen, als es ſo geradehin auf den erſten Blick den An- ſchein gewann. Nachdem wir einen inwendigen Geiſt in allen Ständen wohnend, und gleich einem ſchlackenloſen Metallkönig durch alle Verunreinigung von Zeit und Gelegenheit durchblickend anerkannt, wird auch die
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0026"n="8"/>
weil er Würdiges nicht vollbringen kann, lieber auf<lb/>ſeinem innern Reichthum ruht, und jede ungeziemende<lb/>
Thätigkeit verſchmäht. So erkennen wir endlich auch<lb/>
den ächten innern Geiſt des teutſchen Volkes, wie<lb/>
die älteren Mahler ſeiner beſſeren Zeit ihn uns gebil-<lb/>
det, einfach, ruhig, ſtill, in ſich geſchloſſen, ehrbar,<lb/>
von ſinnlicher Tiefe weniger in ſich tragend, aber<lb/>
dafür um ſo mehr für die höhern Motive aufgeſchloſ-<lb/>ſen. Gerade die Demüthigung, die dieſem Charakter<lb/>
durch das Ungeſchick der Führer bereitet worden iſt,<lb/>
muß die innere Scheidung in dem Weſen der Nation<lb/>
vollenden; ſich losſagend von dem, was die Verwor-<lb/>
renheit der nächſt vergangenen Zeit ihr aufgedrungen,<lb/>
muß ſie zurückkehren in ſich ſelbſt, zu dem was ihr<lb/>
Eigenſtes und Würdigſtes iſt, wegſtoßend und preis-<lb/>
gebend das Verkehrte; damit ſie nicht gänzlich zer-<lb/>
breche in dem feindſeligen Andrang der Zeit.</p><lb/><p>Nachdem wir das Alles auf dieſe Weiſe erwogen,<lb/>
wird der Gedanken einer Volksliteratur uns keines-<lb/>
wegs mehr ſo nichtig und in ſich ſelbſt verwerflich<lb/>ſcheinen, als es ſo geradehin auf den erſten Blick den An-<lb/>ſchein gewann. Nachdem wir einen inwendigen Geiſt in<lb/>
allen Ständen wohnend, und gleich einem ſchlackenloſen<lb/>
Metallkönig durch alle Verunreinigung von Zeit und<lb/>
Gelegenheit durchblickend anerkannt, wird auch die<lb/></p></div></body></text></TEI>
[8/0026]
weil er Würdiges nicht vollbringen kann, lieber auf
ſeinem innern Reichthum ruht, und jede ungeziemende
Thätigkeit verſchmäht. So erkennen wir endlich auch
den ächten innern Geiſt des teutſchen Volkes, wie
die älteren Mahler ſeiner beſſeren Zeit ihn uns gebil-
det, einfach, ruhig, ſtill, in ſich geſchloſſen, ehrbar,
von ſinnlicher Tiefe weniger in ſich tragend, aber
dafür um ſo mehr für die höhern Motive aufgeſchloſ-
ſen. Gerade die Demüthigung, die dieſem Charakter
durch das Ungeſchick der Führer bereitet worden iſt,
muß die innere Scheidung in dem Weſen der Nation
vollenden; ſich losſagend von dem, was die Verwor-
renheit der nächſt vergangenen Zeit ihr aufgedrungen,
muß ſie zurückkehren in ſich ſelbſt, zu dem was ihr
Eigenſtes und Würdigſtes iſt, wegſtoßend und preis-
gebend das Verkehrte; damit ſie nicht gänzlich zer-
breche in dem feindſeligen Andrang der Zeit.
Nachdem wir das Alles auf dieſe Weiſe erwogen,
wird der Gedanken einer Volksliteratur uns keines-
wegs mehr ſo nichtig und in ſich ſelbſt verwerflich
ſcheinen, als es ſo geradehin auf den erſten Blick den An-
ſchein gewann. Nachdem wir einen inwendigen Geiſt in
allen Ständen wohnend, und gleich einem ſchlackenloſen
Metallkönig durch alle Verunreinigung von Zeit und
Gelegenheit durchblickend anerkannt, wird auch die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/26>, abgerufen am 04.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.