lischen Eulenspiegel, wovon jener, ehrbarer, die stärk- sten Zoten strich, dafür aber nebst den 92 gewöhnlichen Schwänken noch zehn Andere über Papst und Pfaffen- abentheuer enthält. Er wurde, wie v. Murr angiebt, bald in zwei verschiednen Uebersetzungen in lateinische Jamben gebracht, und schon 1559 ins Französische, und später auch in andere Sprachen übertragen. Auch die Holländer haben ihn in ihre Sprache aufgenommen, und er erschien 1613, Rotterdam bei S. v. der Hoeven, unter dem Titel: Historie van Thyl Ulenspieghel van syn schalcke Boeverijen, die im bedreven heeft see ghe noech lije, met schoone Figuren. Wer ihn aber am liebsten gewonnen hat, das scheinen die Bauern der innern Schweiz zu seyn, jene kräftigen mannhaften Bergbewohner, in denen das Fleisch so mächtig vorwiegt, und der Geist nur gerade eben noch wie jener Witz, der in dem Buche herrscht, über dem straffen Muskel steht, die daher selbst gleichsam Zoten, im guten Sinne des Wortes, sind, die die Natur gerissen hat. Von Eulenspiegel selbst sagt man, daß er um 1350 gestorben sey, und zu Möllen bei Lübeck wird sein Grab unter der Linde gezeigt, mit der Eule und dem Spiegel in den Stein eingehauen. Dies Symbol, und sein allegorischer Name deuten eben auf seine Unpersönlichkeit, und die Eule, die er zum
liſchen Eulenſpiegel, wovon jener, ehrbarer, die ſtärk- ſten Zoten ſtrich, dafür aber nebſt den 92 gewöhnlichen Schwänken noch zehn Andere über Papſt und Pfaffen- abentheuer enthält. Er wurde, wie v. Murr angiebt, bald in zwei verſchiednen Ueberſetzungen in lateiniſche Jamben gebracht, und ſchon 1559 ins Franzöſiſche, und ſpäter auch in andere Sprachen übertragen. Auch die Holländer haben ihn in ihre Sprache aufgenommen, und er erſchien 1613, Rotterdam bei S. v. der Hoeven, unter dem Titel: Historie van Thyl Ulenspieghel van syn schalcke Boeverijen, die im bedreven heeft see ghe noech lije, met schoone Figuren. Wer ihn aber am liebſten gewonnen hat, das ſcheinen die Bauern der innern Schweiz zu ſeyn, jene kräftigen mannhaften Bergbewohner, in denen das Fleiſch ſo mächtig vorwiegt, und der Geiſt nur gerade eben noch wie jener Witz, der in dem Buche herrſcht, über dem ſtraffen Muskel ſteht, die daher ſelbſt gleichſam Zoten, im guten Sinne des Wortes, ſind, die die Natur geriſſen hat. Von Eulenſpiegel ſelbſt ſagt man, daß er um 1350 geſtorben ſey, und zu Möllen bei Lübeck wird ſein Grab unter der Linde gezeigt, mit der Eule und dem Spiegel in den Stein eingehauen. Dies Symbol, und ſein allegoriſcher Name deuten eben auf ſeine Unperſönlichkeit, und die Eule, die er zum
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0217"n="199"/>
liſchen Eulenſpiegel, wovon jener, ehrbarer, die ſtärk-<lb/>ſten Zoten ſtrich, dafür aber nebſt den 92 gewöhnlichen<lb/>
Schwänken noch zehn Andere über Papſt und Pfaffen-<lb/>
abentheuer enthält. Er wurde, wie v. Murr angiebt,<lb/>
bald in zwei verſchiednen Ueberſetzungen in lateiniſche<lb/>
Jamben gebracht, und ſchon 1559 ins Franzöſiſche,<lb/>
und ſpäter auch in andere Sprachen übertragen. Auch<lb/>
die Holländer haben ihn in ihre Sprache aufgenommen,<lb/>
und er erſchien 1613, Rotterdam bei S. v. der Hoeven,<lb/>
unter dem Titel: <hirendition="#aq">Historie van Thyl Ulenspieghel<lb/>
van syn schalcke Boeverijen, die im bedreven<lb/>
heeft see ghe noech lije, met schoone Figuren.</hi><lb/>
Wer ihn aber am liebſten gewonnen hat, das ſcheinen<lb/>
die Bauern der innern Schweiz zu ſeyn, jene kräftigen<lb/>
mannhaften Bergbewohner, in denen das Fleiſch ſo<lb/>
mächtig vorwiegt, und der Geiſt nur gerade eben noch<lb/>
wie jener Witz, der in dem Buche herrſcht, über dem<lb/>ſtraffen Muskel ſteht, die daher ſelbſt gleichſam Zoten,<lb/>
im guten Sinne des Wortes, ſind, die die Natur<lb/>
geriſſen hat. Von Eulenſpiegel ſelbſt ſagt man, daß<lb/>
er um 1350 geſtorben ſey, und zu Möllen bei Lübeck<lb/>
wird ſein Grab unter der Linde gezeigt, mit der<lb/>
Eule und dem Spiegel in den Stein eingehauen.<lb/>
Dies Symbol, und ſein allegoriſcher Name deuten eben<lb/>
auf ſeine Unperſönlichkeit, und die Eule, die er zum<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[199/0217]
liſchen Eulenſpiegel, wovon jener, ehrbarer, die ſtärk-
ſten Zoten ſtrich, dafür aber nebſt den 92 gewöhnlichen
Schwänken noch zehn Andere über Papſt und Pfaffen-
abentheuer enthält. Er wurde, wie v. Murr angiebt,
bald in zwei verſchiednen Ueberſetzungen in lateiniſche
Jamben gebracht, und ſchon 1559 ins Franzöſiſche,
und ſpäter auch in andere Sprachen übertragen. Auch
die Holländer haben ihn in ihre Sprache aufgenommen,
und er erſchien 1613, Rotterdam bei S. v. der Hoeven,
unter dem Titel: Historie van Thyl Ulenspieghel
van syn schalcke Boeverijen, die im bedreven
heeft see ghe noech lije, met schoone Figuren.
Wer ihn aber am liebſten gewonnen hat, das ſcheinen
die Bauern der innern Schweiz zu ſeyn, jene kräftigen
mannhaften Bergbewohner, in denen das Fleiſch ſo
mächtig vorwiegt, und der Geiſt nur gerade eben noch
wie jener Witz, der in dem Buche herrſcht, über dem
ſtraffen Muskel ſteht, die daher ſelbſt gleichſam Zoten,
im guten Sinne des Wortes, ſind, die die Natur
geriſſen hat. Von Eulenſpiegel ſelbſt ſagt man, daß
er um 1350 geſtorben ſey, und zu Möllen bei Lübeck
wird ſein Grab unter der Linde gezeigt, mit der
Eule und dem Spiegel in den Stein eingehauen.
Dies Symbol, und ſein allegoriſcher Name deuten eben
auf ſeine Unperſönlichkeit, und die Eule, die er zum
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/217>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.