die mit den Bildern auf dem Thurme, den Brunnen und dem ewigen Feuer von einem wunderlich reizenden Zauber befangen; Galenus von Hippocrates getödtet, astrologisch, seltsam wie ein anatomischer Saal mit Gespensterleichen; die Dreizehnte von der Königinn im Thurme, gediegen komisch und vollendet; die Fünf- zehnte phantastisch, keck und gut gedacht und erzählt. Am Ende nachdem die Geschichte alles Interesse für ihren Helden erweckt, schließt sie abbrechend: "Unlängst hernach starb der Kaiser, und regierte sein Sohn Dio- cletianus nach ihm, welcher seine sieben weisen Meister in großen Ehren bey sich behielt, und wegen seines hohen Verstandes jedermanns Gunst und Liebe erlangte. Sonst war er ein grausamer Tyrann, welcher mit Maximiniano die Christen zwanzig Jahre auf das schrecklichste verfolgte, hernach im 68sten Jahre ward er durch Gift hingerichtet. Also gehen die Tyrannen und Wüteriche mit Erschrecken zu Grund, und nehmen ein erbärmliches Ende."
Wie sehr das Buch schon im Mittelalter in allge- meinem Umlauf war, beweißt die beinahe wörtliche Aufnahme desselben in die Gesta romanorum. In der teutschen Ausgabe dieses Buches, gedruckt von H. Schobser in der stat Augsburg 1489, findet sich gleich Anfangs auf dem XVIten Blatte von der Römer
die mit den Bildern auf dem Thurme, den Brunnen und dem ewigen Feuer von einem wunderlich reizenden Zauber befangen; Galenus von Hippocrates getödtet, aſtrologiſch, ſeltſam wie ein anatomiſcher Saal mit Geſpenſterleichen; die Dreizehnte von der Königinn im Thurme, gediegen komiſch und vollendet; die Fünf- zehnte phantaſtiſch, keck und gut gedacht und erzählt. Am Ende nachdem die Geſchichte alles Intereſſe für ihren Helden erweckt, ſchließt ſie abbrechend: „Unlängſt hernach ſtarb der Kaiſer, und regierte ſein Sohn Dio- cletianus nach ihm, welcher ſeine ſieben weiſen Meiſter in großen Ehren bey ſich behielt, und wegen ſeines hohen Verſtandes jedermanns Gunſt und Liebe erlangte. Sonſt war er ein grauſamer Tyrann, welcher mit Maximiniano die Chriſten zwanzig Jahre auf das ſchrecklichſte verfolgte, hernach im 68ſten Jahre ward er durch Gift hingerichtet. Alſo gehen die Tyrannen und Wüteriche mit Erſchrecken zu Grund, und nehmen ein erbärmliches Ende.“
Wie ſehr das Buch ſchon im Mittelalter in allge- meinem Umlauf war, beweißt die beinahe wörtliche Aufnahme deſſelben in die Gesta romanorum. In der teutſchen Ausgabe dieſes Buches, gedruckt von H. Schobſer in der ſtat Augsburg 1489, findet ſich gleich Anfangs auf dem XVIten Blatte von der Römer
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0175"n="157"/>
die mit den Bildern auf dem Thurme, den Brunnen<lb/>
und dem ewigen Feuer von einem wunderlich reizenden<lb/>
Zauber befangen; Galenus von Hippocrates getödtet,<lb/>
aſtrologiſch, ſeltſam wie ein anatomiſcher Saal mit<lb/>
Geſpenſterleichen; die Dreizehnte von der Königinn im<lb/>
Thurme, gediegen komiſch und vollendet; die Fünf-<lb/>
zehnte phantaſtiſch, keck und gut gedacht und erzählt.<lb/>
Am Ende nachdem die Geſchichte alles Intereſſe für<lb/>
ihren Helden erweckt, ſchließt ſie abbrechend: „Unlängſt<lb/>
hernach ſtarb der Kaiſer, und regierte ſein Sohn Dio-<lb/>
cletianus nach ihm, welcher ſeine ſieben weiſen Meiſter<lb/>
in großen Ehren bey ſich behielt, und wegen ſeines<lb/>
hohen Verſtandes jedermanns Gunſt und Liebe erlangte.<lb/>
Sonſt war er ein grauſamer Tyrann, welcher mit<lb/>
Maximiniano die Chriſten zwanzig Jahre auf das<lb/>ſchrecklichſte verfolgte, hernach im 68ſten Jahre ward<lb/>
er durch Gift hingerichtet. Alſo gehen die Tyrannen<lb/>
und Wüteriche mit Erſchrecken zu Grund, und nehmen<lb/>
ein erbärmliches Ende.“</p><lb/><p>Wie ſehr das Buch ſchon im Mittelalter in allge-<lb/>
meinem Umlauf war, beweißt die beinahe wörtliche<lb/>
Aufnahme deſſelben in die <hirendition="#aq">Gesta romanorum.</hi> In<lb/>
der teutſchen Ausgabe dieſes Buches, gedruckt von H.<lb/>
Schobſer in der ſtat Augsburg 1489, findet ſich gleich<lb/>
Anfangs auf dem <hirendition="#aq">XVI</hi>ten Blatte von der Römer<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[157/0175]
die mit den Bildern auf dem Thurme, den Brunnen
und dem ewigen Feuer von einem wunderlich reizenden
Zauber befangen; Galenus von Hippocrates getödtet,
aſtrologiſch, ſeltſam wie ein anatomiſcher Saal mit
Geſpenſterleichen; die Dreizehnte von der Königinn im
Thurme, gediegen komiſch und vollendet; die Fünf-
zehnte phantaſtiſch, keck und gut gedacht und erzählt.
Am Ende nachdem die Geſchichte alles Intereſſe für
ihren Helden erweckt, ſchließt ſie abbrechend: „Unlängſt
hernach ſtarb der Kaiſer, und regierte ſein Sohn Dio-
cletianus nach ihm, welcher ſeine ſieben weiſen Meiſter
in großen Ehren bey ſich behielt, und wegen ſeines
hohen Verſtandes jedermanns Gunſt und Liebe erlangte.
Sonſt war er ein grauſamer Tyrann, welcher mit
Maximiniano die Chriſten zwanzig Jahre auf das
ſchrecklichſte verfolgte, hernach im 68ſten Jahre ward
er durch Gift hingerichtet. Alſo gehen die Tyrannen
und Wüteriche mit Erſchrecken zu Grund, und nehmen
ein erbärmliches Ende.“
Wie ſehr das Buch ſchon im Mittelalter in allge-
meinem Umlauf war, beweißt die beinahe wörtliche
Aufnahme deſſelben in die Gesta romanorum. In
der teutſchen Ausgabe dieſes Buches, gedruckt von H.
Schobſer in der ſtat Augsburg 1489, findet ſich gleich
Anfangs auf dem XVIten Blatte von der Römer
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/175>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.