Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819.

Bild:
<< vorherige Seite

der Regierung gern mit freudigem Muthe verdankt;
aber die widrigen Eindrücke der Finanzoperationen,
die nun erfolgt, mußten bald diese günstige Stim¬
mung wieder niederdrücken. Als verhaßte Steuern,
die darum das Provisorium abgeschafft, der Reihe
nach wiederkehrten; als die Mauth, die man allen¬
falls gegen das Ausland gefordert, auch gegen das
Binnenland den Verkehr unterbrach, und die Grenz¬
orte vielfältig drückte und bedrängte; als eine Brannt¬
weinsteuer drey Viertheile des Preises vom Product
verlangte, und durch das nun erfolgte Einstellen der
Fabrication die Landwirthschaft zerrüttete; und eine
Most-Abgabe, die im Durchschnitt fünffache Grund¬
steuer von dem verarmten Winzer forderte, daß die¬
ser zur Drohung sich genöthigt sah, die Weinstöcke
auszuhauen, wenn man darauf beharre; als von aller
Liberalität früherer Jahre nichts als ein über alle
Verhältnisse gespanntes Kriegsgesetz übrig geblieben,
das unter dem Vorwande hoher Ideen die ganze Be¬
völkerung ohne Ausnahme dienstpflichtig macht : da mußte
die Opposition nothwendig durch die ganze Masse des
Volkes sich verbreiten, und da es das Gute bittweise
nicht erlangt, mußte es wenigstens protestirend das
Uebel von sich abzuwenden suchen. Und als nun die
Orts-Regierungen, nachdem sie amtlich erwiesen, daß
die Provinz schon mit ihren bisherigen Abgaben die
verlangten vier Thaler auf die Seele wirklich entrich¬
tete, nicht umhin gekonnt, die Einführung der neuen
Steuern als absolut unmöglich zu erklären, und der
Minister nun dem Stadtrathe von Coblenz, die in sei¬
ner Protestation kundgegebne Kleinlichkeit der staats¬

der Regierung gern mit freudigem Muthe verdankt;
aber die widrigen Eindrücke der Finanzoperationen,
die nun erfolgt, mußten bald dieſe günſtige Stim¬
mung wieder niederdrücken. Als verhaßte Steuern,
die darum das Proviſorium abgeſchafft, der Reihe
nach wiederkehrten; als die Mauth, die man allen¬
falls gegen das Ausland gefordert, auch gegen das
Binnenland den Verkehr unterbrach, und die Grenz¬
orte vielfältig drückte und bedrängte; als eine Brannt¬
weinſteuer drey Viertheile des Preiſes vom Product
verlangte, und durch das nun erfolgte Einſtellen der
Fabrication die Landwirthſchaft zerrüttete; und eine
Moſt-Abgabe, die im Durchſchnitt fünffache Grund¬
ſteuer von dem verarmten Winzer forderte, daß die¬
ſer zur Drohung ſich genöthigt ſah, die Weinſtöcke
auszuhauen, wenn man darauf beharre; als von aller
Liberalität früherer Jahre nichts als ein über alle
Verhältniſſe geſpanntes Kriegsgeſetz übrig geblieben,
das unter dem Vorwande hoher Ideen die ganze Be¬
völkerung ohne Ausnahme dienſtpflichtig macht : da mußte
die Oppoſition nothwendig durch die ganze Maſſe des
Volkes ſich verbreiten, und da es das Gute bittweiſe
nicht erlangt, mußte es wenigſtens proteſtirend das
Uebel von ſich abzuwenden ſuchen. Und als nun die
Orts-Regierungen, nachdem ſie amtlich erwieſen, daß
die Provinz ſchon mit ihren bisherigen Abgaben die
verlangten vier Thaler auf die Seele wirklich entrich¬
tete, nicht umhin gekonnt, die Einführung der neuen
Steuern als abſolut unmöglich zu erklären, und der
Miniſter nun dem Stadtrathe von Coblenz, die in ſei¬
ner Proteſtation kundgegebne Kleinlichkeit der ſtaats¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0080" n="72"/>
der Regierung gern mit freudigem Muthe verdankt;<lb/>
aber die widrigen Eindrücke der Finanzoperationen,<lb/>
die nun erfolgt, mußten bald die&#x017F;e gün&#x017F;tige Stim¬<lb/>
mung wieder niederdrücken. Als verhaßte Steuern,<lb/>
die darum das Provi&#x017F;orium abge&#x017F;chafft, der Reihe<lb/>
nach wiederkehrten; als die Mauth, die man allen¬<lb/>
falls gegen das Ausland gefordert, auch gegen das<lb/>
Binnenland den Verkehr unterbrach, und die Grenz¬<lb/>
orte vielfältig drückte und bedrängte; als eine Brannt¬<lb/>
wein&#x017F;teuer drey Viertheile des Prei&#x017F;es vom Product<lb/>
verlangte, und durch das nun erfolgte Ein&#x017F;tellen der<lb/>
Fabrication die Landwirth&#x017F;chaft zerrüttete; und eine<lb/>
Mo&#x017F;t-Abgabe, die im Durch&#x017F;chnitt fünffache Grund¬<lb/>
&#x017F;teuer von dem verarmten Winzer forderte, daß die¬<lb/>
&#x017F;er zur Drohung &#x017F;ich genöthigt &#x017F;ah, die Wein&#x017F;töcke<lb/>
auszuhauen, wenn man darauf beharre; als von aller<lb/>
Liberalität früherer Jahre nichts als ein über alle<lb/>
Verhältni&#x017F;&#x017F;e ge&#x017F;panntes Kriegsge&#x017F;etz übrig geblieben,<lb/>
das unter dem Vorwande hoher Ideen die ganze Be¬<lb/>
völkerung ohne Ausnahme dien&#x017F;tpflichtig macht : da mußte<lb/>
die Oppo&#x017F;ition nothwendig durch die ganze Ma&#x017F;&#x017F;e des<lb/>
Volkes &#x017F;ich verbreiten, und da es das Gute bittwei&#x017F;e<lb/>
nicht erlangt, mußte es wenig&#x017F;tens prote&#x017F;tirend das<lb/>
Uebel von &#x017F;ich abzuwenden &#x017F;uchen. Und als nun die<lb/>
Orts-Regierungen, nachdem &#x017F;ie amtlich erwie&#x017F;en, daß<lb/>
die Provinz &#x017F;chon mit ihren bisherigen Abgaben die<lb/>
verlangten vier Thaler auf die Seele wirklich entrich¬<lb/>
tete, nicht umhin gekonnt, die Einführung der neuen<lb/>
Steuern als ab&#x017F;olut unmöglich zu erklären, und der<lb/>
Mini&#x017F;ter nun dem Stadtrathe von Coblenz, die in &#x017F;ei¬<lb/>
ner Prote&#x017F;tation kundgegebne Kleinlichkeit der &#x017F;taats¬<lb/></p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[72/0080] der Regierung gern mit freudigem Muthe verdankt; aber die widrigen Eindrücke der Finanzoperationen, die nun erfolgt, mußten bald dieſe günſtige Stim¬ mung wieder niederdrücken. Als verhaßte Steuern, die darum das Proviſorium abgeſchafft, der Reihe nach wiederkehrten; als die Mauth, die man allen¬ falls gegen das Ausland gefordert, auch gegen das Binnenland den Verkehr unterbrach, und die Grenz¬ orte vielfältig drückte und bedrängte; als eine Brannt¬ weinſteuer drey Viertheile des Preiſes vom Product verlangte, und durch das nun erfolgte Einſtellen der Fabrication die Landwirthſchaft zerrüttete; und eine Moſt-Abgabe, die im Durchſchnitt fünffache Grund¬ ſteuer von dem verarmten Winzer forderte, daß die¬ ſer zur Drohung ſich genöthigt ſah, die Weinſtöcke auszuhauen, wenn man darauf beharre; als von aller Liberalität früherer Jahre nichts als ein über alle Verhältniſſe geſpanntes Kriegsgeſetz übrig geblieben, das unter dem Vorwande hoher Ideen die ganze Be¬ völkerung ohne Ausnahme dienſtpflichtig macht : da mußte die Oppoſition nothwendig durch die ganze Maſſe des Volkes ſich verbreiten, und da es das Gute bittweiſe nicht erlangt, mußte es wenigſtens proteſtirend das Uebel von ſich abzuwenden ſuchen. Und als nun die Orts-Regierungen, nachdem ſie amtlich erwieſen, daß die Provinz ſchon mit ihren bisherigen Abgaben die verlangten vier Thaler auf die Seele wirklich entrich¬ tete, nicht umhin gekonnt, die Einführung der neuen Steuern als abſolut unmöglich zu erklären, und der Miniſter nun dem Stadtrathe von Coblenz, die in ſei¬ ner Proteſtation kundgegebne Kleinlichkeit der ſtaats¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_revolution_1819
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_revolution_1819/80
Zitationshilfe: Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_revolution_1819/80>, abgerufen am 04.05.2024.