Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819.vergehen: das alle Verhältnisse überschreitende Ueber¬ vergehen: das alle Verhältniſſe überſchreitende Ueber¬ <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0070" n="62"/> vergehen: das alle Verhältniſſe überſchreitende Ueber¬<lb/> maß in der doppelten Soldatesca des Kriegs- und<lb/> Friedensheeres; den durch eine ſo zahlreiche und glän¬<lb/> zende Dienerſchaft zerrütteten Staatshaushalt; die da¬<lb/> durch herbeygeführten Finanzſchwindeleyen, die nach<lb/> Erſchöpfung aller möglichen Steuerformen endlich da¬<lb/> hin gediehen, daß die Regierung Bank hält, am Pha¬<lb/> raotiſche gegen ihre Untergebnen; dann jene Cabinets-<lb/> und Miniſterialwillkühr, die ſich bis in die Juſtiz<lb/> erſtreckt; da war die Geduld der allzu indiskret in<lb/> Anſpruch genommenen Liberalität erſchöpft; und es regte<lb/> ſich von neuem die ganze Hefe ſchlechter Leidenſchaften,<lb/> die von da aus Teutſchland ſo oft ſchon geärgert haben.<lb/> Der Augenblick war nun gekommen, wo die erſte Kam¬<lb/> mer ſich berufen hielt, ein Damm zu ſeyn gegen die all¬<lb/> zu hoch anſteigenden Wogen der Gemeinen; der Reichs¬<lb/> rath verwarf dieſe Anmuthungen, die allzu praktiſch<lb/> waren; die Steuerbewilligung ſollte großmüthig nach<lb/> der Verfaſſung an keine Bedingung eines radical ver¬<lb/> beſſerten Zuſtandes ſich knüpfen wollen; und nachdem<lb/> man früher den Scandal mit den Adreſſen der be¬<lb/> waffneten Macht angerichtet, deren Zulaſſung zum<lb/> Conſtitutionseid man abgewieſen, weil ſie keine Deli¬<lb/> berirende, vielmehr eine rein abhängige Körperſchaft<lb/> ſeyen, und die man hier doch über conſtitutionelle Ge¬<lb/> genſtände deliberiren ließ, verwickelte man ſelbſt zuletzt<lb/> die Perſon des Regenten auf eine ſeiner Würde wenig<lb/> zuſagende Weiſe in den Streit, der als erſter Anfang<lb/> eines beginnenden Kampfes, deſſen Beendigung der<lb/> Zeit nach ungewiß, dem Ausgange nach aber es mit<lb/> nichten iſt, immer merkwürdig bleibt.</p><lb/> </body> </text> </TEI> [62/0070]
vergehen: das alle Verhältniſſe überſchreitende Ueber¬
maß in der doppelten Soldatesca des Kriegs- und
Friedensheeres; den durch eine ſo zahlreiche und glän¬
zende Dienerſchaft zerrütteten Staatshaushalt; die da¬
durch herbeygeführten Finanzſchwindeleyen, die nach
Erſchöpfung aller möglichen Steuerformen endlich da¬
hin gediehen, daß die Regierung Bank hält, am Pha¬
raotiſche gegen ihre Untergebnen; dann jene Cabinets-
und Miniſterialwillkühr, die ſich bis in die Juſtiz
erſtreckt; da war die Geduld der allzu indiskret in
Anſpruch genommenen Liberalität erſchöpft; und es regte
ſich von neuem die ganze Hefe ſchlechter Leidenſchaften,
die von da aus Teutſchland ſo oft ſchon geärgert haben.
Der Augenblick war nun gekommen, wo die erſte Kam¬
mer ſich berufen hielt, ein Damm zu ſeyn gegen die all¬
zu hoch anſteigenden Wogen der Gemeinen; der Reichs¬
rath verwarf dieſe Anmuthungen, die allzu praktiſch
waren; die Steuerbewilligung ſollte großmüthig nach
der Verfaſſung an keine Bedingung eines radical ver¬
beſſerten Zuſtandes ſich knüpfen wollen; und nachdem
man früher den Scandal mit den Adreſſen der be¬
waffneten Macht angerichtet, deren Zulaſſung zum
Conſtitutionseid man abgewieſen, weil ſie keine Deli¬
berirende, vielmehr eine rein abhängige Körperſchaft
ſeyen, und die man hier doch über conſtitutionelle Ge¬
genſtände deliberiren ließ, verwickelte man ſelbſt zuletzt
die Perſon des Regenten auf eine ſeiner Würde wenig
zuſagende Weiſe in den Streit, der als erſter Anfang
eines beginnenden Kampfes, deſſen Beendigung der
Zeit nach ungewiß, dem Ausgange nach aber es mit
nichten iſt, immer merkwürdig bleibt.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |