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Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819.

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schenverstand selbst in menschlichen Dingen mit zu
Rathe gehe, und das Leben und der Geist wieder
da ihr Recht behaupten, wo durch leidige Erfahrun¬
gen ihr Beystand sich am unentbehrlichsten erwiesen.
Das Alles sollt Ihr ihnen sagen und noch ein Meh¬
reres, wenn es vonnöthen ist, damit sie erkennen die
Wunder, die der Himmel gethan, und sich beugen vor
der Macht der Ideen, die sich in dieser Zeit kund
gegeben. Zwanzig Jahre haben sie gegen diese Ideen
angestritten, und sind beynahe bis zur Austilgung
geschlagen worden; endlich als Gott ihres Unglücks
und ihrer Zerknirschung sich erbarmt, und ihnen wie¬
der ihr Zeichen voraufgesendet, da haben sie unter
ihm ihrerseits über die Feinde triumphirt, die nun
die Rolle mit ihnen umgetauscht. Ihre Autorität ist
auch eine Idee den andern ebenbürtig, ihre Weihe
und Salbung ist auch im Namen der Idee geschehen;
wer unter ihnen sie verläugnet, sinkt zu den gemeinen
Sterblichen herab. Nur der herrscht fortan, der wieder das
Haupt in ihrem Aether trägt; der aber muß als Sclave,
wenn auch nur seinen Irrthümern und Leidenschaften
dienen, wer nur in den irdischen Lüften schwer und
beklommen athmet, und die Geschichte wird seinen
Namen in ihren Büchern tilgen.

Discite justitiam moniti, et non temnere Divos


ſchenverſtand ſelbſt in menſchlichen Dingen mit zu
Rathe gehe, und das Leben und der Geiſt wieder
da ihr Recht behaupten, wo durch leidige Erfahrun¬
gen ihr Beyſtand ſich am unentbehrlichſten erwieſen.
Das Alles ſollt Ihr ihnen ſagen und noch ein Meh¬
reres, wenn es vonnöthen iſt, damit ſie erkennen die
Wunder, die der Himmel gethan, und ſich beugen vor
der Macht der Ideen, die ſich in dieſer Zeit kund
gegeben. Zwanzig Jahre haben ſie gegen dieſe Ideen
angeſtritten, und ſind beynahe bis zur Austilgung
geſchlagen worden; endlich als Gott ihres Unglücks
und ihrer Zerknirſchung ſich erbarmt, und ihnen wie¬
der ihr Zeichen voraufgeſendet, da haben ſie unter
ihm ihrerſeits über die Feinde triumphirt, die nun
die Rolle mit ihnen umgetauſcht. Ihre Autorität iſt
auch eine Idee den andern ebenbürtig, ihre Weihe
und Salbung iſt auch im Namen der Idee geſchehen;
wer unter ihnen ſie verläugnet, ſinkt zu den gemeinen
Sterblichen herab. Nur der herrſcht fortan, der wieder das
Haupt in ihrem Aether trägt; der aber muß als Sclave,
wenn auch nur ſeinen Irrthümern und Leidenſchaften
dienen, wer nur in den irdiſchen Lüften ſchwer und
beklommen athmet, und die Geſchichte wird ſeinen
Namen in ihren Büchern tilgen.

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[212/0220] ſchenverſtand ſelbſt in menſchlichen Dingen mit zu Rathe gehe, und das Leben und der Geiſt wieder da ihr Recht behaupten, wo durch leidige Erfahrun¬ gen ihr Beyſtand ſich am unentbehrlichſten erwieſen. Das Alles ſollt Ihr ihnen ſagen und noch ein Meh¬ reres, wenn es vonnöthen iſt, damit ſie erkennen die Wunder, die der Himmel gethan, und ſich beugen vor der Macht der Ideen, die ſich in dieſer Zeit kund gegeben. Zwanzig Jahre haben ſie gegen dieſe Ideen angeſtritten, und ſind beynahe bis zur Austilgung geſchlagen worden; endlich als Gott ihres Unglücks und ihrer Zerknirſchung ſich erbarmt, und ihnen wie¬ der ihr Zeichen voraufgeſendet, da haben ſie unter ihm ihrerſeits über die Feinde triumphirt, die nun die Rolle mit ihnen umgetauſcht. Ihre Autorität iſt auch eine Idee den andern ebenbürtig, ihre Weihe und Salbung iſt auch im Namen der Idee geſchehen; wer unter ihnen ſie verläugnet, ſinkt zu den gemeinen Sterblichen herab. Nur der herrſcht fortan, der wieder das Haupt in ihrem Aether trägt; der aber muß als Sclave, wenn auch nur ſeinen Irrthümern und Leidenſchaften dienen, wer nur in den irdiſchen Lüften ſchwer und beklommen athmet, und die Geſchichte wird ſeinen Namen in ihren Büchern tilgen. Discite justitiam moniti, et non temnere Divos

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Zitationshilfe: Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_revolution_1819/220>, abgerufen am 02.05.2024.