Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819.Lebenskraft ein todtes Buchstabenwerk, das im eignen Während indessen dies System im vollen Fortschrei¬ Lebenskraft ein todtes Buchſtabenwerk, das im eignen Während indeſſen dies Syſtem im vollen Fortſchrei¬ <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0165" n="157"/> Lebenskraft ein todtes Buchſtabenwerk, das im eignen<lb/> Umkreiſe ſein Weſen trieb, und mit der wirklichen Welt<lb/> nur wenig zu ſchaffen hatte; und die Staaten waren<lb/> den Thieren in jenen phyſiologiſchen Verſuchen zu ver¬<lb/> gleichen, denen man das Hirn herausgenommen, und<lb/> den Schädel mit einem Gemiſch von Zink und Queck¬<lb/> ſilber gefüllt, und die nun vom galvaniſchen Reize ſich<lb/> aufgerichtet, herumliefen, ſprangen und als furchtbare<lb/> Geſpenſter des Lebens ſich bewegten.</p><lb/> <p>Während indeſſen dies Syſtem im vollen Fortſchrei¬<lb/> ten begriffen war, bereitete ſich im Stillen die Gegen¬<lb/> wirkung. Dieſe gieng aus vom ſechſten und ſiebenten<lb/> Heerſchild, den da führen die Dienſtmannen und<lb/> jene, die nit eigen ſind und rechter Ehe Kinder, von<lb/> denen der Sachſenſpiegel ſagt: als man nit enweis,<lb/> wenn die ſiebent Welt ein Ende nimt, alſo weiß man<lb/> nit, ob ſie Lehn mögen haben oder nit, — die aber nun<lb/> nachdem ihre Zeit gekommen, gleichfalls zu ſteigen und<lb/> zu wachſen begannen. Unter dem Schutze dieſes Heer¬<lb/> ſchildes hatten die Freyen in den Städten in ihren<lb/> Innungen ſich geſammelt, und in den Hanſa's verban¬<lb/> den ſich dieſe Gemeinheiten wieder zu Innungen höhe¬<lb/> rer Ordnung. Zugleich hatte in der Revolution der<lb/> Schweiz ſich ein unabhängiger Bauernſtand gegründet.<lb/> Das Eindringen des Geldes vermehrte die Zahl der<lb/> unabhängigen Eigenthümer, und brachte bald den<lb/> größten Theil des Grundbeſitzes in die Hände der<lb/> freyen Gemeinen; der Dienſt in den ſtehenden Hee¬<lb/> ren gab ihnen die Waffenehre, die Buchdruckerey die<lb/> Einſicht und die ſonſt in den höhern Ständen gebannte<lb/> Wiſſenſchaft, und die Reformation bald dazu die Glau¬<lb/> bensfreiheit.</p><lb/> </body> </text> </TEI> [157/0165]
Lebenskraft ein todtes Buchſtabenwerk, das im eignen
Umkreiſe ſein Weſen trieb, und mit der wirklichen Welt
nur wenig zu ſchaffen hatte; und die Staaten waren
den Thieren in jenen phyſiologiſchen Verſuchen zu ver¬
gleichen, denen man das Hirn herausgenommen, und
den Schädel mit einem Gemiſch von Zink und Queck¬
ſilber gefüllt, und die nun vom galvaniſchen Reize ſich
aufgerichtet, herumliefen, ſprangen und als furchtbare
Geſpenſter des Lebens ſich bewegten.
Während indeſſen dies Syſtem im vollen Fortſchrei¬
ten begriffen war, bereitete ſich im Stillen die Gegen¬
wirkung. Dieſe gieng aus vom ſechſten und ſiebenten
Heerſchild, den da führen die Dienſtmannen und
jene, die nit eigen ſind und rechter Ehe Kinder, von
denen der Sachſenſpiegel ſagt: als man nit enweis,
wenn die ſiebent Welt ein Ende nimt, alſo weiß man
nit, ob ſie Lehn mögen haben oder nit, — die aber nun
nachdem ihre Zeit gekommen, gleichfalls zu ſteigen und
zu wachſen begannen. Unter dem Schutze dieſes Heer¬
ſchildes hatten die Freyen in den Städten in ihren
Innungen ſich geſammelt, und in den Hanſa's verban¬
den ſich dieſe Gemeinheiten wieder zu Innungen höhe¬
rer Ordnung. Zugleich hatte in der Revolution der
Schweiz ſich ein unabhängiger Bauernſtand gegründet.
Das Eindringen des Geldes vermehrte die Zahl der
unabhängigen Eigenthümer, und brachte bald den
größten Theil des Grundbeſitzes in die Hände der
freyen Gemeinen; der Dienſt in den ſtehenden Hee¬
ren gab ihnen die Waffenehre, die Buchdruckerey die
Einſicht und die ſonſt in den höhern Ständen gebannte
Wiſſenſchaft, und die Reformation bald dazu die Glau¬
bensfreiheit.
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