Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819.verhüllt, daß er durch sein Einschauen nicht die Le¬ verhüllt, daß er durch ſein Einſchauen nicht die Le¬ <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0138" n="130"/> verhüllt, daß er durch ſein Einſchauen nicht die Le¬<lb/> benskräfte in der Tiefe ſtört; ſo muß auch in ſolchem<lb/> Paroxism ein Volk zum Wahnſinn kommen, wenn<lb/> die Krankheit wirklich zu einer kräftigen Criſe gedei¬<lb/> hen ſoll. Darum iſt es wohl anfangs ein leichtes<lb/> Ding, daß die Schwachen weichen müſſen größerem<lb/> Talente; auch läßt ſich wohl Alles vielverſprechend an,<lb/> indem ein ungewöhnliches Lebensgefühl und eine fri¬<lb/> ſche Begeiſterung das Beſſere leicht in die Höhe treibt,<lb/> und die erſten Partheyen wohl die meiſten Gutgeſinn¬<lb/> ten in ſich beſchließen. Aber da die Axe, die alle<lb/> Elemente des Vereines zuſammenhält, gebrochen iſt,<lb/> und nun jedes ſeiner eignen Schwerkraft folgt, ſo kann<lb/> die Herrſchaft des Geiſtigen, das weſentlich gemeſſen und<lb/> geordnet iſt, nicht lange beſtehen, und nach den pa¬<lb/> thetiſchen Kräften müſſen allmählig abſteigend, die Thie¬<lb/> riſchen ihr Recht behaupten, und das Regiment füh¬<lb/> ren in einer Zeit, die weſentlich dem Walten phy¬<lb/> ſiſcher Mächte anheimgefallen. Darum muß jede fol¬<lb/> gende Parthey nothwendig der Vorhergehenden in jeder<lb/> Art von Uebertreibung den Rang ablaufen; jede der<lb/> es gelingt, die Angelegenheit um einen Schritt näher<lb/> zum Extrem zu treiben, wird ſicher die Gemäßigtere<lb/> ſtürzen und verderben; den Proteſters und Reſolutio¬<lb/> ners werden wie in England, die Millenarier folgen,<lb/> die keine Regierung anerkennen; dieſen die Levellers,<lb/> die auf Gleichheit des Vermögens dringen; endlich<lb/> die Antinomianer, die ſogar ſelbſt die ethiſchen Pflich¬<lb/> ten als Tyranney verwerfen, gerade wie in Frank¬<lb/> reich Girondiſten, Jacobiner, Cordeliers ſich vertrie¬<lb/> ben, und in den Niederlanden den Geuſen, bald die<lb/></p> </body> </text> </TEI> [130/0138]
verhüllt, daß er durch ſein Einſchauen nicht die Le¬
benskräfte in der Tiefe ſtört; ſo muß auch in ſolchem
Paroxism ein Volk zum Wahnſinn kommen, wenn
die Krankheit wirklich zu einer kräftigen Criſe gedei¬
hen ſoll. Darum iſt es wohl anfangs ein leichtes
Ding, daß die Schwachen weichen müſſen größerem
Talente; auch läßt ſich wohl Alles vielverſprechend an,
indem ein ungewöhnliches Lebensgefühl und eine fri¬
ſche Begeiſterung das Beſſere leicht in die Höhe treibt,
und die erſten Partheyen wohl die meiſten Gutgeſinn¬
ten in ſich beſchließen. Aber da die Axe, die alle
Elemente des Vereines zuſammenhält, gebrochen iſt,
und nun jedes ſeiner eignen Schwerkraft folgt, ſo kann
die Herrſchaft des Geiſtigen, das weſentlich gemeſſen und
geordnet iſt, nicht lange beſtehen, und nach den pa¬
thetiſchen Kräften müſſen allmählig abſteigend, die Thie¬
riſchen ihr Recht behaupten, und das Regiment füh¬
ren in einer Zeit, die weſentlich dem Walten phy¬
ſiſcher Mächte anheimgefallen. Darum muß jede fol¬
gende Parthey nothwendig der Vorhergehenden in jeder
Art von Uebertreibung den Rang ablaufen; jede der
es gelingt, die Angelegenheit um einen Schritt näher
zum Extrem zu treiben, wird ſicher die Gemäßigtere
ſtürzen und verderben; den Proteſters und Reſolutio¬
ners werden wie in England, die Millenarier folgen,
die keine Regierung anerkennen; dieſen die Levellers,
die auf Gleichheit des Vermögens dringen; endlich
die Antinomianer, die ſogar ſelbſt die ethiſchen Pflich¬
ten als Tyranney verwerfen, gerade wie in Frank¬
reich Girondiſten, Jacobiner, Cordeliers ſich vertrie¬
ben, und in den Niederlanden den Geuſen, bald die
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