heraus alle Banden des alten Organisms auf, da¬ mit der Neue zum Werden Raum gewinne.
So geschieht es, daß in solchen Uebergangszeiten Geistesblitze zuckend durch die ganze Gesellschaft fah¬ ren, und in einem Nu alle Köpfe wie ein Contagium entzünden; man weiß nicht wie der zündende Gedan¬ ken sich verbreitet, geschieht es durch den Athemzug, durch ein gemeinsames alle verbindendes Medium, ist's Sprache oder Bild oder sonst geheime Sym¬ pathie? kurz alle Menschen sind plötzlich eines Sinnes worden, und je mehr man der Fortpflanzung zu weh¬ ren sich bemüht, um so schneller verbreitet sich die Flamme. Das ist die losgebundene Begeistigung des Staatsvereines, die nun frey von ihrem Bande schwärmt, und erst wie jene feurigen Zungen auf den Häuptern der Organe der Zeit sich niederläßt, und dann von da in lichten Schimmer aufgelöst, durch die Pforte der Sinne einzieht in alle Geister, um sie zum neubegonnenen Werk zu weihen. Darum ist es aller Thorheiten unverzeihlichste, dies große Schöpfungs¬ werk zu stören, und mit den Ideen sich Kampfes zu unterwegen; noch Keiner hat gesiegt, der verwegen solchen Streit gesucht. Läßt man sie ruhig ihrer Ar¬ beit pflegen und begünstigt ihr Thun durch ein ge¬ schicktes Entgegenkommen; dann führen sie von innen heraus ruhig durch allmählige Metamorphose die Um¬ gestaltung und Verjüngung aus; abstreifend nur was unnütz geworden und erstorben, und siedeln sich dann friedlich im neuen Baue an. Wenn man aber, statt nach des Zeidlers Weise durch abgemessene sonore Klänge ihrem Thun nur Tact und Harmonie zu ge¬
heraus alle Banden des alten Organisms auf, da¬ mit der Neue zum Werden Raum gewinne.
So geſchieht es, daß in ſolchen Uebergangszeiten Geiſtesblitze zuckend durch die ganze Geſellſchaft fah¬ ren, und in einem Nu alle Köpfe wie ein Contagium entzünden; man weiß nicht wie der zündende Gedan¬ ken ſich verbreitet, geſchieht es durch den Athemzug, durch ein gemeinſames alle verbindendes Medium, iſt's Sprache oder Bild oder ſonſt geheime Sym¬ pathie? kurz alle Menſchen ſind plötzlich eines Sinnes worden, und je mehr man der Fortpflanzung zu weh¬ ren ſich bemüht, um ſo ſchneller verbreitet ſich die Flamme. Das iſt die losgebundene Begeiſtigung des Staatsvereines, die nun frey von ihrem Bande ſchwärmt, und erſt wie jene feurigen Zungen auf den Häuptern der Organe der Zeit ſich niederläßt, und dann von da in lichten Schimmer aufgelöſt, durch die Pforte der Sinne einzieht in alle Geiſter, um ſie zum neubegonnenen Werk zu weihen. Darum iſt es aller Thorheiten unverzeihlichſte, dies große Schöpfungs¬ werk zu ſtören, und mit den Ideen ſich Kampfes zu unterwegen; noch Keiner hat geſiegt, der verwegen ſolchen Streit geſucht. Läßt man ſie ruhig ihrer Ar¬ beit pflegen und begünſtigt ihr Thun durch ein ge¬ ſchicktes Entgegenkommen; dann führen ſie von innen heraus ruhig durch allmählige Metamorphoſe die Um¬ geſtaltung und Verjüngung aus; abſtreifend nur was unnütz geworden und erſtorben, und ſiedeln ſich dann friedlich im neuen Baue an. Wenn man aber, ſtatt nach des Zeidlers Weiſe durch abgemeſſene ſonore Klänge ihrem Thun nur Tact und Harmonie zu ge¬
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heraus alle Banden des alten Organisms auf, da¬
mit der Neue zum Werden Raum gewinne.
So geſchieht es, daß in ſolchen Uebergangszeiten
Geiſtesblitze zuckend durch die ganze Geſellſchaft fah¬
ren, und in einem Nu alle Köpfe wie ein Contagium
entzünden; man weiß nicht wie der zündende Gedan¬
ken ſich verbreitet, geſchieht es durch den Athemzug,
durch ein gemeinſames alle verbindendes Medium,
iſt's Sprache oder Bild oder ſonſt geheime Sym¬
pathie? kurz alle Menſchen ſind plötzlich eines Sinnes
worden, und je mehr man der Fortpflanzung zu weh¬
ren ſich bemüht, um ſo ſchneller verbreitet ſich die
Flamme. Das iſt die losgebundene Begeiſtigung des
Staatsvereines, die nun frey von ihrem Bande
ſchwärmt, und erſt wie jene feurigen Zungen auf den
Häuptern der Organe der Zeit ſich niederläßt, und
dann von da in lichten Schimmer aufgelöſt, durch
die Pforte der Sinne einzieht in alle Geiſter, um ſie
zum neubegonnenen Werk zu weihen. Darum iſt es
aller Thorheiten unverzeihlichſte, dies große Schöpfungs¬
werk zu ſtören, und mit den Ideen ſich Kampfes zu
unterwegen; noch Keiner hat geſiegt, der verwegen
ſolchen Streit geſucht. Läßt man ſie ruhig ihrer Ar¬
beit pflegen und begünſtigt ihr Thun durch ein ge¬
ſchicktes Entgegenkommen; dann führen ſie von innen
heraus ruhig durch allmählige Metamorphoſe die Um¬
geſtaltung und Verjüngung aus; abſtreifend nur was
unnütz geworden und erſtorben, und ſiedeln ſich dann
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nach des Zeidlers Weiſe durch abgemeſſene ſonore
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Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_revolution_1819/135>, abgerufen am 22.07.2024.
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