Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819.gangenheit darüber eingebüßt; hat die Democratie sich Dann wird sich im Wetteifer, zwischen dem Verdienst¬ gangenheit darüber eingebüßt; hat die Democratie ſich Dann wird ſich im Wetteifer, zwiſchen dem Verdienſt¬ <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0208" n="200"/> gangenheit darüber eingebüßt; hat die Democratie ſich<lb/> erſt von jenem formalen Despotism losgerungen und<lb/> wieder Wurzel im alten Boden ſchlagend, zuerſt ſich<lb/> und dann auch die ohnmächtige Monarchie gekräftigt<lb/> und belebt; und iſt dann, nachdem der Argwohn erſt<lb/> gewichen, ruhiges Gemach und ein unbefangner Sinn<lb/> zurückgekehrt: dann wird allmählig das Höhere wie¬<lb/> der ſein Recht behaupten, und die Bewegung, die<lb/> ſeit ſo vielen Jahrhunderten, bey ſtets zunehmender<lb/> Schwerkraft, immerfort in der Verfaſſung ſinkend ge¬<lb/> weſen, wird wieder eine ſteigende werden, indem die<lb/> Triebkraft der im Volke entwickelten Geiſtigkeit end¬<lb/> lich die träge Maſſe bezwingt und wieder aufwärts<lb/> hebt.</p><lb/> <p>Dann wird ſich im Wetteifer, zwiſchen dem Verdienſt¬<lb/> adel von unten herauf und dem Geburtsadel von<lb/> oben herab zuerſt wieder die wahre Ehre zu einem<lb/> herrſchenden Trieb erheben; ſie, die in der Mitte zwi¬<lb/> ſchen religiöſem Glauben und irdiſcher Begreiflichkeit<lb/> wie die alte Herrenlehre, alsdann von der tüchtigen<lb/> Unterlage des Verdienſtes Schrot und Korn, von der<lb/> geſellſchaftlichen Uebereinkunft aber die Währung er¬<lb/> hält, und die darum zu einem Vereinigungspunkte<lb/> ſtarker Willenskräfte in Zeiten der Gefahr oder gro¬<lb/> ßer Bewegungen werden kann. In dem Maße, wie<lb/> der alte Adel dann erkennt, daß ſeine wahre Ahnen¬<lb/> probe allein die Verdienſtprobe iſt, wird auch wohl<lb/> in den Plebeyern wieder das dem Menſchen natürliche<lb/> Verlangen von neuem ſich beleben, ihre Ehre wie je¬<lb/> den andern Beſitz auf ihrer würdige Nachkommen zu<lb/> verpflanzen, auf daß ſie nicht blos eine Welle im<lb/> brandenden Meere ſich verliere, ſondern wie ein zu¬<lb/> ſammenhängender Strom durch die Zeiten gehe, und<lb/> dadurch zu einem noch ſtärkern Bande der Verbindung<lb/> werde. Iſt dann durch glücklichen Wurf dort jene<lb/> Verjüngung, hier dieſe Forterbung durch mehrere Ge¬<lb/> nerationen hindurch gelungen, dann werden wieder<lb/> wie im alten Rom Geſchlechter ſich erheben, die ent¬<lb/> weder zum Volke niedergeſtiegen, oder aus ſeiner<lb/> Mitte erwachten ſind; die als große ſtehende Charak¬<lb/></p> </body> </text> </TEI> [200/0208]
gangenheit darüber eingebüßt; hat die Democratie ſich
erſt von jenem formalen Despotism losgerungen und
wieder Wurzel im alten Boden ſchlagend, zuerſt ſich
und dann auch die ohnmächtige Monarchie gekräftigt
und belebt; und iſt dann, nachdem der Argwohn erſt
gewichen, ruhiges Gemach und ein unbefangner Sinn
zurückgekehrt: dann wird allmählig das Höhere wie¬
der ſein Recht behaupten, und die Bewegung, die
ſeit ſo vielen Jahrhunderten, bey ſtets zunehmender
Schwerkraft, immerfort in der Verfaſſung ſinkend ge¬
weſen, wird wieder eine ſteigende werden, indem die
Triebkraft der im Volke entwickelten Geiſtigkeit end¬
lich die träge Maſſe bezwingt und wieder aufwärts
hebt.
Dann wird ſich im Wetteifer, zwiſchen dem Verdienſt¬
adel von unten herauf und dem Geburtsadel von
oben herab zuerſt wieder die wahre Ehre zu einem
herrſchenden Trieb erheben; ſie, die in der Mitte zwi¬
ſchen religiöſem Glauben und irdiſcher Begreiflichkeit
wie die alte Herrenlehre, alsdann von der tüchtigen
Unterlage des Verdienſtes Schrot und Korn, von der
geſellſchaftlichen Uebereinkunft aber die Währung er¬
hält, und die darum zu einem Vereinigungspunkte
ſtarker Willenskräfte in Zeiten der Gefahr oder gro¬
ßer Bewegungen werden kann. In dem Maße, wie
der alte Adel dann erkennt, daß ſeine wahre Ahnen¬
probe allein die Verdienſtprobe iſt, wird auch wohl
in den Plebeyern wieder das dem Menſchen natürliche
Verlangen von neuem ſich beleben, ihre Ehre wie je¬
den andern Beſitz auf ihrer würdige Nachkommen zu
verpflanzen, auf daß ſie nicht blos eine Welle im
brandenden Meere ſich verliere, ſondern wie ein zu¬
ſammenhängender Strom durch die Zeiten gehe, und
dadurch zu einem noch ſtärkern Bande der Verbindung
werde. Iſt dann durch glücklichen Wurf dort jene
Verjüngung, hier dieſe Forterbung durch mehrere Ge¬
nerationen hindurch gelungen, dann werden wieder
wie im alten Rom Geſchlechter ſich erheben, die ent¬
weder zum Volke niedergeſtiegen, oder aus ſeiner
Mitte erwachten ſind; die als große ſtehende Charak¬
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