Glümer, Claire von: Reich zu reich und arm zu arm. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 255–326. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Wir werden uns doch daran gewöhnen müssen, da du des Henriot's Knecht bist. Sein bleiches Gesicht wurde noch bleicher, und seine Augen blitzten. Noch immer der alte Hochmuth! rief er aus. Aber spare die Mühe, du demüthigst mich nicht! Ich bin arm und diene dem Henriot . . . doch frag ihn nur selbst, ob ich sein Knecht bin oder sein Freund . . . So bist du wohl als sein Freund mit hergekommen, um die Verlobung zu feiern? fiel sie ein. Ich bin gekommen, um mich zu überzeugen, wie viel man, trotz allem Stolz, aus Berechnung thun kann, gab er zur Antwort. Jetzt wurde Claudine bleich, und einen Augenblick schien ihr der Athem zu stocken. Aus Berechnung? wiederholte sie dann: soll mir das gelten? Wem denn sonst? rief Francois. Der Henriot ist weder schön noch klug und was er Gutes und Schätzbares hat, kannst du nicht wissen, denn du kennst ihn nicht; aber er ist reich, und so nimmst du ihn . . . Wenn es mir um Reichthum zu thun gewesen wäre, -- fiel sie ein, schwieg aber plötzlich und fuhr in ruhigerm Tone fort: Auf das, was hätte sein können, kommt es nicht an . . . Du weißt ja auch, daß ich für mich selbst keinen Reichthum brauche. Aber weil ich denke, daß wir Freunde sind und bleiben wollen, liegt mir daran, dir zu erklären, wie es gekommen, Wir werden uns doch daran gewöhnen müssen, da du des Henriot's Knecht bist. Sein bleiches Gesicht wurde noch bleicher, und seine Augen blitzten. Noch immer der alte Hochmuth! rief er aus. Aber spare die Mühe, du demüthigst mich nicht! Ich bin arm und diene dem Henriot . . . doch frag ihn nur selbst, ob ich sein Knecht bin oder sein Freund . . . So bist du wohl als sein Freund mit hergekommen, um die Verlobung zu feiern? fiel sie ein. Ich bin gekommen, um mich zu überzeugen, wie viel man, trotz allem Stolz, aus Berechnung thun kann, gab er zur Antwort. Jetzt wurde Claudine bleich, und einen Augenblick schien ihr der Athem zu stocken. Aus Berechnung? wiederholte sie dann: soll mir das gelten? Wem denn sonst? rief François. Der Henriot ist weder schön noch klug und was er Gutes und Schätzbares hat, kannst du nicht wissen, denn du kennst ihn nicht; aber er ist reich, und so nimmst du ihn . . . Wenn es mir um Reichthum zu thun gewesen wäre, — fiel sie ein, schwieg aber plötzlich und fuhr in ruhigerm Tone fort: Auf das, was hätte sein können, kommt es nicht an . . . Du weißt ja auch, daß ich für mich selbst keinen Reichthum brauche. Aber weil ich denke, daß wir Freunde sind und bleiben wollen, liegt mir daran, dir zu erklären, wie es gekommen, <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="2"> <pb facs="#f0021"/> <p>Wir werden uns doch daran gewöhnen müssen, da du des Henriot's Knecht bist.</p><lb/> <p>Sein bleiches Gesicht wurde noch bleicher, und seine Augen blitzten.</p><lb/> <p>Noch immer der alte Hochmuth! rief er aus. Aber spare die Mühe, du demüthigst mich nicht! Ich bin arm und diene dem Henriot . . . doch frag ihn nur selbst, ob ich sein Knecht bin oder sein Freund . . .</p><lb/> <p>So bist du wohl als sein Freund mit hergekommen, um die Verlobung zu feiern? fiel sie ein.</p><lb/> <p>Ich bin gekommen, um mich zu überzeugen, wie viel man, trotz allem Stolz, aus Berechnung thun kann, gab er zur Antwort.</p><lb/> <p>Jetzt wurde Claudine bleich, und einen Augenblick schien ihr der Athem zu stocken.</p><lb/> <p>Aus Berechnung? wiederholte sie dann: soll mir das gelten?</p><lb/> <p>Wem denn sonst? rief François. Der Henriot ist weder schön noch klug und was er Gutes und Schätzbares hat, kannst du nicht wissen, denn du kennst ihn nicht; aber er ist reich, und so nimmst du ihn . . .</p><lb/> <p>Wenn es mir um Reichthum zu thun gewesen wäre, — fiel sie ein, schwieg aber plötzlich und fuhr in ruhigerm Tone fort: Auf das, was hätte sein können, kommt es nicht an . . . Du weißt ja auch, daß ich für mich selbst keinen Reichthum brauche. Aber weil ich denke, daß wir Freunde sind und bleiben wollen, liegt mir daran, dir zu erklären, wie es gekommen,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0021]
Wir werden uns doch daran gewöhnen müssen, da du des Henriot's Knecht bist.
Sein bleiches Gesicht wurde noch bleicher, und seine Augen blitzten.
Noch immer der alte Hochmuth! rief er aus. Aber spare die Mühe, du demüthigst mich nicht! Ich bin arm und diene dem Henriot . . . doch frag ihn nur selbst, ob ich sein Knecht bin oder sein Freund . . .
So bist du wohl als sein Freund mit hergekommen, um die Verlobung zu feiern? fiel sie ein.
Ich bin gekommen, um mich zu überzeugen, wie viel man, trotz allem Stolz, aus Berechnung thun kann, gab er zur Antwort.
Jetzt wurde Claudine bleich, und einen Augenblick schien ihr der Athem zu stocken.
Aus Berechnung? wiederholte sie dann: soll mir das gelten?
Wem denn sonst? rief François. Der Henriot ist weder schön noch klug und was er Gutes und Schätzbares hat, kannst du nicht wissen, denn du kennst ihn nicht; aber er ist reich, und so nimmst du ihn . . .
Wenn es mir um Reichthum zu thun gewesen wäre, — fiel sie ein, schwieg aber plötzlich und fuhr in ruhigerm Tone fort: Auf das, was hätte sein können, kommt es nicht an . . . Du weißt ja auch, daß ich für mich selbst keinen Reichthum brauche. Aber weil ich denke, daß wir Freunde sind und bleiben wollen, liegt mir daran, dir zu erklären, wie es gekommen,
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Zitationshilfe: | Glümer, Claire von: Reich zu reich und arm zu arm. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 255–326. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gluemer_arm_1910/21>, abgerufen am 16.02.2025. |