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Glück, Christian Friedrich von: Berichtigungen und Zusätze zum zweyten Bande des Glückischen Commentars über die Pandecten. Für die Besitzer der ersten Ausgabe. Erlangen, 1800.

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ihrer Person, freye Leute sind. Ihre Verpflichtung zu Diensten
und Abgaben haftet blos auf dem Besitz eines Guts, und dauert
daher auch nicht länger, als solange sie das Gut besitzen. Sie
können also, auch wider ihres Gutsherrn Willen, wegziehen,
und den Ort ihrer Geburt und Bestimmung verlassen, welches
hingegen bey den Leibeignen darum nicht Statt findet, weil bey
denselben die Dienst- und Zinspflicht auf der Person selbst, ohne
Rücksicht auf den Besitz eines Guts, haftet.

Die gemeinen Bauern können auf verschiedene Art ein-
getheilt werden. Betrachtet man sie

1) in Absicht auf ihr Verhältniß zum Staate,
so sind sie entweder solche, die der höchsten Territorialgewalt
unmittelbar, oder solche, die dieser nur mittelbar unter-
worfen sind, und welche also ausser ihrem Landesherrn auch
noch einen Gutsherrn haben, dem sie die gewöhnlichen Bauern-
Prästanda zu entrichten schuldig sind. Jene werden herr-
schaftliche Bauern
, oder Cammerbauern genennt,
weil sie nicht nur das, was sie als Unterthanen zu steuern und
zu leisten schuldig sind, sondern auch alles, was sie als Bauern
leisten müssen, dem Landesherrn oder seiner Cammer zu entrich-
ten haben 97). Die letztern hingegen werden Patrimonial-
bauern
genennt, und sind nach Verschiedenheit ihrer Guts-
herrschaft entweder adeliche Hintersassen, oder Pfarr-
und Stiftsbauern, u. dgl. 98)

2) In Ansehung der Güter, welche sie besitzen, wer-
den sie in große und kleine Bauern eingetheilt. Zur
Classe jener erstern werden alle diejenigen gerechnet, welche
nach der Beschaffenheit und den Bedürfnissen ihrer Landwirth-
schaft Zugvieh, nämlich Pferde oder Ochsen, halten müssen.
Diese werden deshalb Anspänner, Fuhrleute, oder
Ackerleute genennt, und sind nach der Größe ihrer Güter,
und der Zahl der Pferde oder Ochsen, deren sie bey ihrer Land-

wirth-
97) Danz Handbuch 5. Band §. 487.
98) Danz Handbuch 5. Band §. 487.

ihrer Perſon, freye Leute ſind. Ihre Verpflichtung zu Dienſten
und Abgaben haftet blos auf dem Beſitz eines Guts, und dauert
daher auch nicht laͤnger, als ſolange ſie das Gut beſitzen. Sie
koͤnnen alſo, auch wider ihres Gutsherrn Willen, wegziehen,
und den Ort ihrer Geburt und Beſtimmung verlaſſen, welches
hingegen bey den Leibeignen darum nicht Statt findet, weil bey
denſelben die Dienſt- und Zinspflicht auf der Perſon ſelbſt, ohne
Ruͤckſicht auf den Beſitz eines Guts, haftet.

Die gemeinen Bauern koͤnnen auf verſchiedene Art ein-
getheilt werden. Betrachtet man ſie

1) in Abſicht auf ihr Verhaͤltniß zum Staate,
ſo ſind ſie entweder ſolche, die der hoͤchſten Territorialgewalt
unmittelbar, oder ſolche, die dieſer nur mittelbar unter-
worfen ſind, und welche alſo auſſer ihrem Landesherrn auch
noch einen Gutsherrn haben, dem ſie die gewoͤhnlichen Bauern-
Praͤſtanda zu entrichten ſchuldig ſind. Jene werden herr-
ſchaftliche Bauern
, oder Cammerbauern genennt,
weil ſie nicht nur das, was ſie als Unterthanen zu ſteuern und
zu leiſten ſchuldig ſind, ſondern auch alles, was ſie als Bauern
leiſten muͤſſen, dem Landesherrn oder ſeiner Cammer zu entrich-
ten haben 97). Die letztern hingegen werden Patrimonial-
bauern
genennt, und ſind nach Verſchiedenheit ihrer Guts-
herrſchaft entweder adeliche Hinterſaſſen, oder Pfarr-
und Stiftsbauern, u. dgl. 98)

2) In Anſehung der Guͤter, welche ſie beſitzen, wer-
den ſie in große und kleine Bauern eingetheilt. Zur
Claſſe jener erſtern werden alle diejenigen gerechnet, welche
nach der Beſchaffenheit und den Beduͤrfniſſen ihrer Landwirth-
ſchaft Zugvieh, naͤmlich Pferde oder Ochſen, halten muͤſſen.
Dieſe werden deshalb Anſpaͤnner, Fuhrleute, oder
Ackerleute genennt, und ſind nach der Groͤße ihrer Guͤter,
und der Zahl der Pferde oder Ochſen, deren ſie bey ihrer Land-

wirth-
97) Danz Handbuch 5. Band §. 487.
98) Danz Handbuch 5. Band §. 487.
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[46/0052] ihrer Perſon, freye Leute ſind. Ihre Verpflichtung zu Dienſten und Abgaben haftet blos auf dem Beſitz eines Guts, und dauert daher auch nicht laͤnger, als ſolange ſie das Gut beſitzen. Sie koͤnnen alſo, auch wider ihres Gutsherrn Willen, wegziehen, und den Ort ihrer Geburt und Beſtimmung verlaſſen, welches hingegen bey den Leibeignen darum nicht Statt findet, weil bey denſelben die Dienſt- und Zinspflicht auf der Perſon ſelbſt, ohne Ruͤckſicht auf den Beſitz eines Guts, haftet. Die gemeinen Bauern koͤnnen auf verſchiedene Art ein- getheilt werden. Betrachtet man ſie 1) in Abſicht auf ihr Verhaͤltniß zum Staate, ſo ſind ſie entweder ſolche, die der hoͤchſten Territorialgewalt unmittelbar, oder ſolche, die dieſer nur mittelbar unter- worfen ſind, und welche alſo auſſer ihrem Landesherrn auch noch einen Gutsherrn haben, dem ſie die gewoͤhnlichen Bauern- Praͤſtanda zu entrichten ſchuldig ſind. Jene werden herr- ſchaftliche Bauern, oder Cammerbauern genennt, weil ſie nicht nur das, was ſie als Unterthanen zu ſteuern und zu leiſten ſchuldig ſind, ſondern auch alles, was ſie als Bauern leiſten muͤſſen, dem Landesherrn oder ſeiner Cammer zu entrich- ten haben 97). Die letztern hingegen werden Patrimonial- bauern genennt, und ſind nach Verſchiedenheit ihrer Guts- herrſchaft entweder adeliche Hinterſaſſen, oder Pfarr- und Stiftsbauern, u. dgl. 98) 2) In Anſehung der Guͤter, welche ſie beſitzen, wer- den ſie in große und kleine Bauern eingetheilt. Zur Claſſe jener erſtern werden alle diejenigen gerechnet, welche nach der Beſchaffenheit und den Beduͤrfniſſen ihrer Landwirth- ſchaft Zugvieh, naͤmlich Pferde oder Ochſen, halten muͤſſen. Dieſe werden deshalb Anſpaͤnner, Fuhrleute, oder Ackerleute genennt, und ſind nach der Groͤße ihrer Guͤter, und der Zahl der Pferde oder Ochſen, deren ſie bey ihrer Land- wirth- 97) Danz Handbuch 5. Band §. 487. 98) Danz Handbuch 5. Band §. 487.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Berichtigungen und Zusätze zum zweyten Bande des Glückischen Commentars über die Pandecten. Für die Besitzer der ersten Ausgabe. Erlangen, 1800, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02verbesserungen_1800/52>, abgerufen am 25.11.2024.