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Glück, Christian Friedrich von: Berichtigungen und Zusätze zum zweyten Bande des Glückischen Commentars über die Pandecten. Für die Besitzer der ersten Ausgabe. Erlangen, 1800.

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Der Ursprung der heutigen Leibeigenen ist nicht von den
ehemaligen römischen Sklaven herzuleiten 41). Denn schon Ta-
citus 42) lehrt sehr genau den Unterschied zwischen den alten
römischen und teutschen Knechten. Es dürfen daher auch die
Grundsätze des röm. Rechts auf unsere Leibeigene durchaus nicht
angewendet werden, sondern es sind vielmehr die Rechte dersel-
ben theils aus den zwischen ihnen und dem Leibherrn geschlosse-
nen Verträgen zu beurtheilen, theils nach den Eigenthumsord-
nungen und dem Herkommen eines jeden Landes zu bestimmen.
Darinn haben zwar die Leibeigenen der Teutschen mit
den Sklaven der Römer einige Aehnlichkeit, daß sie gleichsam,
als Eigenbehörige, und zwar an einigen Orten nur mit
den Höfen, worauf sie gesetzt sind, an andern aber auch ohne
das Gut, wozu sie gehören, an andere überlassen werden können.
Allein sie können deswegen doch nicht so, wie die röm. Sklaven,
als Sachen betrachtet werden; sie sind vielmehr von denselben
darin wesentlich unterschieden, 1) daß sie so gut Unterthanen und
Mitglieder der bürgerlichen Staatsgesellschaft sind, als die Freyen,
und daher, gleich denselben, den allgemeinen Schutz der Gesetze
genießen; 2) daß sie alle gemeine, sowohl persönliche, als ding-
liche Privatrechte, ausüben können, die mit den besondern Be-
fugnissen des Leibherrn in keinem Widerspruche stehen 43). Sie
sind also keinesweges als ein völliges und uneingeschränktes Ei-
genthum ihrer Leibherrn anzusehen, sondern sie werden nur in
sofern Eigene oder Eigenbehörige genannt, als man

über-
41) Iust. Henn. boehmer Tr. de iure et statu hominum proprio-
rum a servis Germaniae non Romanis derivando, et de usu
huius doctrinae. Halae 1754. 4.
und Danz Handbuch des
heutigen deutschen Privatrechts 5. Band §. 536.
42) De moribus Germanor. cap. 25. Servis, non in nostrum mo-
rem descriptis per familiam ministeriis, utuntur. Suam quisque
sedem, suos penates regit. Frumenti modum dominus, aut pe-
coiis, aut vestis, ut colono, iniungit: et servus haetenus paret.
Caetera domus officia uxor ae liberi exsequuntur.
43) Danz Handbuch des heutigen teutschen Privatrechts. 5. Bd.
§. 536. S. 464. f.
C

Der Urſprung der heutigen Leibeigenen iſt nicht von den
ehemaligen roͤmiſchen Sklaven herzuleiten 41). Denn ſchon Ta-
citus 42) lehrt ſehr genau den Unterſchied zwiſchen den alten
roͤmiſchen und teutſchen Knechten. Es duͤrfen daher auch die
Grundſaͤtze des roͤm. Rechts auf unſere Leibeigene durchaus nicht
angewendet werden, ſondern es ſind vielmehr die Rechte derſel-
ben theils aus den zwiſchen ihnen und dem Leibherrn geſchloſſe-
nen Vertraͤgen zu beurtheilen, theils nach den Eigenthumsord-
nungen und dem Herkommen eines jeden Landes zu beſtimmen.
Darinn haben zwar die Leibeigenen der Teutſchen mit
den Sklaven der Roͤmer einige Aehnlichkeit, daß ſie gleichſam,
als Eigenbehoͤrige, und zwar an einigen Orten nur mit
den Hoͤfen, worauf ſie geſetzt ſind, an andern aber auch ohne
das Gut, wozu ſie gehoͤren, an andere uͤberlaſſen werden koͤnnen.
Allein ſie koͤnnen deswegen doch nicht ſo, wie die roͤm. Sklaven,
als Sachen betrachtet werden; ſie ſind vielmehr von denſelben
darin weſentlich unterſchieden, 1) daß ſie ſo gut Unterthanen und
Mitglieder der buͤrgerlichen Staatsgeſellſchaft ſind, als die Freyen,
und daher, gleich denſelben, den allgemeinen Schutz der Geſetze
genießen; 2) daß ſie alle gemeine, ſowohl perſoͤnliche, als ding-
liche Privatrechte, ausuͤben koͤnnen, die mit den beſondern Be-
fugniſſen des Leibherrn in keinem Widerſpruche ſtehen 43). Sie
ſind alſo keinesweges als ein voͤlliges und uneingeſchraͤnktes Ei-
genthum ihrer Leibherrn anzuſehen, ſondern ſie werden nur in
ſofern Eigene oder Eigenbehoͤrige genannt, als man

uͤber-
41) Iuſt. Henn. boehmer Tr. de iure et ſtatu hominum proprio-
rum a ſervis Germaniae non Romanis derivando, et de uſu
huius doctrinae. Halae 1754. 4.
und Danz Handbuch des
heutigen deutſchen Privatrechts 5. Band §. 536.
42) De moribus Germanor. cap. 25. Servis, non in noſtrum mo-
rem deſcriptis per familiam miniſteriis, utuntur. Suam quisque
ſedem, ſuos penates regit. Frumenti modum dominus, aut pe-
coiis, aut veſtis, ut colono, iniungit: et ſervus haetenus paret.
Caetera domus officia uxor ae liberi exſequuntur.
43) Danz Handbuch des heutigen teutſchen Privatrechts. 5. Bd.
§. 536. S. 464. f.
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[33/0039] Der Urſprung der heutigen Leibeigenen iſt nicht von den ehemaligen roͤmiſchen Sklaven herzuleiten 41). Denn ſchon Ta- citus 42) lehrt ſehr genau den Unterſchied zwiſchen den alten roͤmiſchen und teutſchen Knechten. Es duͤrfen daher auch die Grundſaͤtze des roͤm. Rechts auf unſere Leibeigene durchaus nicht angewendet werden, ſondern es ſind vielmehr die Rechte derſel- ben theils aus den zwiſchen ihnen und dem Leibherrn geſchloſſe- nen Vertraͤgen zu beurtheilen, theils nach den Eigenthumsord- nungen und dem Herkommen eines jeden Landes zu beſtimmen. Darinn haben zwar die Leibeigenen der Teutſchen mit den Sklaven der Roͤmer einige Aehnlichkeit, daß ſie gleichſam, als Eigenbehoͤrige, und zwar an einigen Orten nur mit den Hoͤfen, worauf ſie geſetzt ſind, an andern aber auch ohne das Gut, wozu ſie gehoͤren, an andere uͤberlaſſen werden koͤnnen. Allein ſie koͤnnen deswegen doch nicht ſo, wie die roͤm. Sklaven, als Sachen betrachtet werden; ſie ſind vielmehr von denſelben darin weſentlich unterſchieden, 1) daß ſie ſo gut Unterthanen und Mitglieder der buͤrgerlichen Staatsgeſellſchaft ſind, als die Freyen, und daher, gleich denſelben, den allgemeinen Schutz der Geſetze genießen; 2) daß ſie alle gemeine, ſowohl perſoͤnliche, als ding- liche Privatrechte, ausuͤben koͤnnen, die mit den beſondern Be- fugniſſen des Leibherrn in keinem Widerſpruche ſtehen 43). Sie ſind alſo keinesweges als ein voͤlliges und uneingeſchraͤnktes Ei- genthum ihrer Leibherrn anzuſehen, ſondern ſie werden nur in ſofern Eigene oder Eigenbehoͤrige genannt, als man uͤber- 41) Iuſt. Henn. boehmer Tr. de iure et ſtatu hominum proprio- rum a ſervis Germaniae non Romanis derivando, et de uſu huius doctrinae. Halae 1754. 4. und Danz Handbuch des heutigen deutſchen Privatrechts 5. Band §. 536. 42) De moribus Germanor. cap. 25. Servis, non in noſtrum mo- rem deſcriptis per familiam miniſteriis, utuntur. Suam quisque ſedem, ſuos penates regit. Frumenti modum dominus, aut pe- coiis, aut veſtis, ut colono, iniungit: et ſervus haetenus paret. Caetera domus officia uxor ae liberi exſequuntur. 43) Danz Handbuch des heutigen teutſchen Privatrechts. 5. Bd. §. 536. S. 464. f. C

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Berichtigungen und Zusätze zum zweyten Bande des Glückischen Commentars über die Pandecten. Für die Besitzer der ersten Ausgabe. Erlangen, 1800, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02verbesserungen_1800/39>, abgerufen am 23.11.2024.