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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

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De adoptionibus, emancipationibus etc.
sie bey ihres Vaters Handwerk verbleiben, sehr beträcht-
liche Vorrechte, welche sich auf mancherley Weise äus-
sern 14). Sie bestehen gemeiniglich darinnen, a) daß
dieselben für das Ein- oder Ausschreiben, auch für das
Meisterrecht entweder gar nichts, oder doch nicht so viel,
als ein anderer, bezahlen; b) entweder gar nicht, oder
nicht so lang, wie ein anderer, wandern; c) eine kürzere
Zeit in der Lehre bleiben, und d) die Sitz- oder Mut-
jahre nicht erstehen dürfen. Zur Theilnahme an diesen
Rechten aber wird erfordert, daß man ein leiblicher Sohn
eines Meisters sey, mithin sind Adoptivsöhne schon von
selbst davon ausgeschlossen.

Hieraus erhellet also, daß der Unterschied zwischen
ehelichen leiblichen und adoptirten Kindern noch immer
sehr beträchtlich ist. Zwar sagt Justinian 15): In plu-
rimis causis assimilatur is, qui adoptatus vel arrogatus est,
ei, qui ex legitimo matrimonio natus est;
und Niemand
wird dieses bezweifeln, man denke sich nur unter der
Adoption eine vollkommene. Allein eben dieser
Kaiser bemerkt auch an einem andern Ort seiner Insti-
tutionen
16) einen auffallenden Unterschied. Minus
ergo iuris,
sagt er, habent adoptivi, quam naturales. Nam-
que naturales emancipati beneficio Praetoris gradum libero-
rum retinent, licet iure civili perdant. Adoptivi vero eman-
cipati et iure civili perdunt gradum liberorum, et a Prae-
tore non admittuntur, et recte: naturalia enim iura civilis
ratio perimere non potest, nec quia desinunt sui heredes esse,

possunt
14) Joh. Fried. Christoph Weisser's Recht der Hand-
werker (Stutgart 1780. 8.) 8. Abschn. §. 87.
15) §. 8. Instit. de Adoptionib.
16) §. 11. Institut. de bereditat. quae ab intest. def. Conf. Ian.
a
costa in Comm. ad h. loc.
Glücks Erläut. d. Pand. 2. Th. X

De adoptionibus, emancipationibus etc.
ſie bey ihres Vaters Handwerk verbleiben, ſehr betraͤcht-
liche Vorrechte, welche ſich auf mancherley Weiſe aͤuſ-
ſern 14). Sie beſtehen gemeiniglich darinnen, a) daß
dieſelben fuͤr das Ein- oder Ausſchreiben, auch fuͤr das
Meiſterrecht entweder gar nichts, oder doch nicht ſo viel,
als ein anderer, bezahlen; b) entweder gar nicht, oder
nicht ſo lang, wie ein anderer, wandern; c) eine kuͤrzere
Zeit in der Lehre bleiben, und d) die Sitz- oder Mut-
jahre nicht erſtehen duͤrfen. Zur Theilnahme an dieſen
Rechten aber wird erfordert, daß man ein leiblicher Sohn
eines Meiſters ſey, mithin ſind Adoptivſoͤhne ſchon von
ſelbſt davon ausgeſchloſſen.

Hieraus erhellet alſo, daß der Unterſchied zwiſchen
ehelichen leiblichen und adoptirten Kindern noch immer
ſehr betraͤchtlich iſt. Zwar ſagt Juſtinian 15): In plu-
rimis cauſis aſſimilatur is, qui adoptatus vel arrogatus eſt,
ei, qui ex legitimo matrimonio natus eſt;
und Niemand
wird dieſes bezweifeln, man denke ſich nur unter der
Adoption eine vollkommene. Allein eben dieſer
Kaiſer bemerkt auch an einem andern Ort ſeiner Inſti-
tutionen
16) einen auffallenden Unterſchied. Minus
ergo iuris,
ſagt er, habent adoptivi, quam naturales. Nam-
que naturales emancipati beneficio Praetoris gradum libero-
rum retinent, licet iure civili perdant. Adoptivi vero eman-
cipati et iure civili perdunt gradum liberorum, et a Prae-
tore non admittuntur, et recte: naturalia enim iura civilis
ratio perimere non poteſt, nec quia deſinunt ſui heredes eſſe,

poſſunt
14) Joh. Fried. Chriſtoph Weiſſer’s Recht der Hand-
werker (Stutgart 1780. 8.) 8. Abſchn. §. 87.
15) §. 8. Inſtit. de Adoptionib.
16) §. 11. Inſtitut. de bereditat. quae ab inteſt. def. Conf. Ian.
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[321/0335] De adoptionibus, emancipationibus etc. ſie bey ihres Vaters Handwerk verbleiben, ſehr betraͤcht- liche Vorrechte, welche ſich auf mancherley Weiſe aͤuſ- ſern 14). Sie beſtehen gemeiniglich darinnen, a) daß dieſelben fuͤr das Ein- oder Ausſchreiben, auch fuͤr das Meiſterrecht entweder gar nichts, oder doch nicht ſo viel, als ein anderer, bezahlen; b) entweder gar nicht, oder nicht ſo lang, wie ein anderer, wandern; c) eine kuͤrzere Zeit in der Lehre bleiben, und d) die Sitz- oder Mut- jahre nicht erſtehen duͤrfen. Zur Theilnahme an dieſen Rechten aber wird erfordert, daß man ein leiblicher Sohn eines Meiſters ſey, mithin ſind Adoptivſoͤhne ſchon von ſelbſt davon ausgeſchloſſen. Hieraus erhellet alſo, daß der Unterſchied zwiſchen ehelichen leiblichen und adoptirten Kindern noch immer ſehr betraͤchtlich iſt. Zwar ſagt Juſtinian 15): In plu- rimis cauſis aſſimilatur is, qui adoptatus vel arrogatus eſt, ei, qui ex legitimo matrimonio natus eſt; und Niemand wird dieſes bezweifeln, man denke ſich nur unter der Adoption eine vollkommene. Allein eben dieſer Kaiſer bemerkt auch an einem andern Ort ſeiner Inſti- tutionen 16) einen auffallenden Unterſchied. Minus ergo iuris, ſagt er, habent adoptivi, quam naturales. Nam- que naturales emancipati beneficio Praetoris gradum libero- rum retinent, licet iure civili perdant. Adoptivi vero eman- cipati et iure civili perdunt gradum liberorum, et a Prae- tore non admittuntur, et recte: naturalia enim iura civilis ratio perimere non poteſt, nec quia deſinunt ſui heredes eſſe, poſſunt 14) Joh. Fried. Chriſtoph Weiſſer’s Recht der Hand- werker (Stutgart 1780. 8.) 8. Abſchn. §. 87. 15) §. 8. Inſtit. de Adoptionib. 16) §. 11. Inſtitut. de bereditat. quae ab inteſt. def. Conf. Ian. a costa in Comm. ad h. loc. Gluͤcks Erlaͤut. d. Pand. 2. Th. X

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/335>, abgerufen am 25.07.2024.