Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.De adoptionibus, emancipationibus etc. Ferner, daß auch diejenigen, welche nie verheyrathet ge-wesen, (coelibes) adoptiren können, sagt Paulus 35); und eben derselbe hält es nicht für wiederrechtlich, an Enkelsstatt zu adoptiren, wenn man gleich keinen Sohn hat 36). Aber auch andere, blos historische Schriftsteller, liefern uns Beyspiele von solchen ungereimten Adoptionen. So nahm Calligula seinen Bruder Tiberius an Soh- nesstatt an 37). Hieraus erhellet, wie ich glaube, deut- lich, daß die Nachahmung der Natur in der Adoption nicht so zu erklären sey, als ob alles dasjenige zunächst und unmittelbar bey dem Adoptirenden da- seyn und angetroffen werden müsse, was der Natur nach erfordert wird, wenn der Anzunehmende von der Natur selbst in dasjenige Familienverhältnis und den- jenigen Verwandschaftsgrad gesetzt werden sollte, in wel- chen derselbe durch die Adoption gebracht wird; nein, sondern es sollen nur nicht solche Umstände auf Seiten des Adoptirenden, noch zwischen ihn, und denjenigen, welchen er zum Sohn oder Enkel annehmen will, solche Verhältnisse vorhanden seyn, unter welchen die bey der Adoption zum Grunde liegende Fiction, daß erster den letztern gezeugt habe, oder letzter durch einen Descenden- ten des erstern sey gezeugt worden, schlechterdings nicht statt finden könnte, sondern einen offenbaren Widerspruch enthalten würde 38). Hieraus folgt nun 1) Daß 35) L. 30. D. h. t. adde vlpianum Fragm. Tit. VIII. §. 6. Jedoch ist dieß nur von ledigen Manns- aber nicht Weibs- personen zu verstehen. S. Herm. cannegieter in Obser- vat. iur. Rom. lib. II. cap. 17. 36) L. 37. pr. D. eod. 37) sueton. in Callig. cap. 15. 38) Eben so erklärt obgedachten Grundsatz auch Christoph. Lud.
crell in Observat. de adoptione in locum fratris non mon- strosa De adoptionibus, emancipationibus etc. Ferner, daß auch diejenigen, welche nie verheyrathet ge-weſen, (coelibes) adoptiren koͤnnen, ſagt Paulus 35); und eben derſelbe haͤlt es nicht fuͤr wiederrechtlich, an Enkelsſtatt zu adoptiren, wenn man gleich keinen Sohn hat 36). Aber auch andere, blos hiſtoriſche Schriftſteller, liefern uns Beyſpiele von ſolchen ungereimten Adoptionen. So nahm Calligula ſeinen Bruder Tiberius an Soh- nesſtatt an 37). Hieraus erhellet, wie ich glaube, deut- lich, daß die Nachahmung der Natur in der Adoption nicht ſo zu erklaͤren ſey, als ob alles dasjenige zunaͤchſt und unmittelbar bey dem Adoptirenden da- ſeyn und angetroffen werden muͤſſe, was der Natur nach erfordert wird, wenn der Anzunehmende von der Natur ſelbſt in dasjenige Familienverhaͤltnis und den- jenigen Verwandſchaftsgrad geſetzt werden ſollte, in wel- chen derſelbe durch die Adoption gebracht wird; nein, ſondern es ſollen nur nicht ſolche Umſtaͤnde auf Seiten des Adoptirenden, noch zwiſchen ihn, und denjenigen, welchen er zum Sohn oder Enkel annehmen will, ſolche Verhaͤltniſſe vorhanden ſeyn, unter welchen die bey der Adoption zum Grunde liegende Fiction, daß erſter den letztern gezeugt habe, oder letzter durch einen Deſcenden- ten des erſtern ſey gezeugt worden, ſchlechterdings nicht ſtatt finden koͤnnte, ſondern einen offenbaren Widerſpruch enthalten wuͤrde 38). Hieraus folgt nun 1) Daß 35) L. 30. D. h. t. adde vlpianum Fragm. Tit. VIII. §. 6. Jedoch iſt dieß nur von ledigen Manns- aber nicht Weibs- perſonen zu verſtehen. S. Herm. cannegieter in Obſer- vat. iur. Rom. lib. II. cap. 17. 36) L. 37. pr. D. eod. 37) sueton. in Callig. cap. 15. 38) Eben ſo erklaͤrt obgedachten Grundſatz auch Chriſtoph. Lud.
crell in Obſervat. de adoptione in locum fratris non mon- ſtroſa <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0315" n="301"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">De adoptionibus, emancipationibus etc.</hi></fw><lb/> Ferner, daß auch diejenigen, welche nie verheyrathet ge-<lb/> weſen, (<hi rendition="#aq">coelibes</hi>) adoptiren koͤnnen, ſagt <hi rendition="#fr">Paulus</hi> <note place="foot" n="35)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi></hi> 30. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">D. h. t.</hi> adde <hi rendition="#k">vlpianum</hi> <hi rendition="#i">Fragm. Tit. VIII. §.</hi></hi> 6.<lb/> Jedoch iſt dieß nur von ledigen Manns- aber nicht Weibs-<lb/> perſonen zu verſtehen. S. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Herm.</hi><hi rendition="#k">cannegieter</hi> in Obſer-<lb/> vat. iur. Rom. lib. II. cap.</hi> 17.</note>;<lb/> und eben derſelbe haͤlt es nicht fuͤr wiederrechtlich, an<lb/> Enkelsſtatt zu adoptiren, wenn man gleich keinen Sohn<lb/> hat <note place="foot" n="36)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi></hi> 37. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">pr. D. eod.</hi></hi></note>. Aber auch andere, blos hiſtoriſche Schriftſteller,<lb/> liefern uns Beyſpiele von ſolchen ungereimten Adoptionen.<lb/> So nahm <hi rendition="#fr">Calligula</hi> ſeinen Bruder <hi rendition="#fr">Tiberius</hi> an Soh-<lb/> nesſtatt an <note place="foot" n="37)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">sueton</hi>. in Callig. cap. 15.</hi></note>. Hieraus erhellet, wie ich glaube, deut-<lb/> lich, daß <hi rendition="#g">die Nachahmung der Natur</hi> in der<lb/> Adoption nicht ſo zu erklaͤren ſey, als ob alles dasjenige<lb/><hi rendition="#g">zunaͤchſt</hi> und <hi rendition="#g">unmittelbar</hi> bey dem Adoptirenden da-<lb/> ſeyn und angetroffen werden muͤſſe, was der Natur<lb/> nach erfordert wird, wenn der Anzunehmende von der<lb/> Natur ſelbſt in dasjenige Familienverhaͤltnis und den-<lb/> jenigen Verwandſchaftsgrad geſetzt werden ſollte, in wel-<lb/> chen derſelbe durch die Adoption gebracht wird; nein,<lb/> ſondern es ſollen nur nicht ſolche Umſtaͤnde auf Seiten<lb/> des Adoptirenden, noch zwiſchen ihn, und denjenigen,<lb/> welchen er zum Sohn oder Enkel annehmen will, ſolche<lb/> Verhaͤltniſſe vorhanden ſeyn, unter welchen die bey der<lb/> Adoption zum Grunde liegende Fiction, daß erſter den<lb/> letztern gezeugt habe, oder letzter durch einen Deſcenden-<lb/> ten des erſtern ſey gezeugt worden, ſchlechterdings nicht<lb/> ſtatt finden koͤnnte, ſondern einen offenbaren Widerſpruch<lb/> enthalten wuͤrde <note xml:id="seg2pn_49_1" next="#seg2pn_49_2" place="foot" n="38)">Eben ſo erklaͤrt obgedachten Grundſatz auch <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Chriſtoph. Lud.</hi><lb/><hi rendition="#k">crell</hi> in Obſervat. de adoptione in locum fratris non mon-</hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">ſtroſa</hi></fw></note>. Hieraus folgt nun</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">1) Daß</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [301/0315]
De adoptionibus, emancipationibus etc.
Ferner, daß auch diejenigen, welche nie verheyrathet ge-
weſen, (coelibes) adoptiren koͤnnen, ſagt Paulus 35);
und eben derſelbe haͤlt es nicht fuͤr wiederrechtlich, an
Enkelsſtatt zu adoptiren, wenn man gleich keinen Sohn
hat 36). Aber auch andere, blos hiſtoriſche Schriftſteller,
liefern uns Beyſpiele von ſolchen ungereimten Adoptionen.
So nahm Calligula ſeinen Bruder Tiberius an Soh-
nesſtatt an 37). Hieraus erhellet, wie ich glaube, deut-
lich, daß die Nachahmung der Natur in der
Adoption nicht ſo zu erklaͤren ſey, als ob alles dasjenige
zunaͤchſt und unmittelbar bey dem Adoptirenden da-
ſeyn und angetroffen werden muͤſſe, was der Natur
nach erfordert wird, wenn der Anzunehmende von der
Natur ſelbſt in dasjenige Familienverhaͤltnis und den-
jenigen Verwandſchaftsgrad geſetzt werden ſollte, in wel-
chen derſelbe durch die Adoption gebracht wird; nein,
ſondern es ſollen nur nicht ſolche Umſtaͤnde auf Seiten
des Adoptirenden, noch zwiſchen ihn, und denjenigen,
welchen er zum Sohn oder Enkel annehmen will, ſolche
Verhaͤltniſſe vorhanden ſeyn, unter welchen die bey der
Adoption zum Grunde liegende Fiction, daß erſter den
letztern gezeugt habe, oder letzter durch einen Deſcenden-
ten des erſtern ſey gezeugt worden, ſchlechterdings nicht
ſtatt finden koͤnnte, ſondern einen offenbaren Widerſpruch
enthalten wuͤrde 38). Hieraus folgt nun
1) Daß
35) L. 30. D. h. t. adde vlpianum Fragm. Tit. VIII. §. 6.
Jedoch iſt dieß nur von ledigen Manns- aber nicht Weibs-
perſonen zu verſtehen. S. Herm. cannegieter in Obſer-
vat. iur. Rom. lib. II. cap. 17.
36) L. 37. pr. D. eod.
37) sueton. in Callig. cap. 15.
38) Eben ſo erklaͤrt obgedachten Grundſatz auch Chriſtoph. Lud.
crell in Obſervat. de adoptione in locum fratris non mon-
ſtroſa
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |