Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

De his, qui sui vel alieni iuris sunt.
voraus, daß noch keine ehelichgebohrne Kinder vorhan-
den waren 93); allein Justinian dehnte sie auch in so
fern mehr aus, daß er selbige ohne Unterschied zuließ,
wenn gleich aus einer schon vorhergegangenen rechtmäsi-
gen Ehe Kinder vorhanden seyn sollten 94). Nur darüber
streitet man sich noch, ob zu dieser Art der Legitimation
schriftliche Ehepacten (instrumenta dotalia) erforderlich
gewesen seyn? Ich glaube aber, daß nach römischen
Rechten diese Frage schlechterdings bejahet werden müsse 95).
Denn einmal reden die Gesetze, die dieses vorschreiben,
ganz deutlich und übereinstimmend 96). Sodann hatte

die-
Justinian habe auf seine Verordnung in L. 11. C. de nat.
lib
.
gezielt, wo er die Frage entscheidet, ob ein schon vor der
Ehe empfangenes, aber während derselben gebohrnes Kind,
ebenfalls für rechtmäsig zu halten sey? Es ist daher wohl am
rathsamsten, mit Hrn. Prof. Püttmann a. a. O. S. 70.
anzunehmen, daß Justinian hier, so wie mehrmalen, ohne
Grund sich gerühmt habe, etwas neues verordnet zu haben.
In der L. 10. C. de nat. lib. auf welche Verordnung Ju-
stinian
ohne Zweifel gezielt hat, wollte er nur die ausser
der Ehe mit einer Concubine gezeugten Kinder denen nachher
noch in der rechtmäsigen Ehe von ebenderselben gebornen Kin-
dern gleich machen, damit sich letztere ihrer ehelichen Geburt
halber keinen Vorzug vor den erstern anmaßen möchten.
93) L. 5. L. 6. Cod. de natural. liberis.
94) Nov. 12. cap. 4. et Nov. 89. cap. 8.
95) S. cuiacius Obs. iuris Rom. lib. XIII. cap. 4. schul-
ting
in Enarrat. partis pr. Digestor. h. t. §. 9. gebauer
in Excurs. cit. §. 9. iordens Diss. II. de legitimat. cap. 3.
gudelinus de iure novissimo lib. I. cap.
9. Höpfner im
Commentar lib. I. Tit. 10. §. 139.
96) §. ult. I. de nupt. §. 2. I. de hered. quae ab intest. def.
L.
5. L. 6. L. 10. et 11. C. de natur. lib. Nov. 12. c. 4.
Nov. 18. cap. 11. Nov. 19. Nov. 74. praefat. et §. 1. 2.
Nov. 78. c. 4. Nov. 89. cap.
1. §. 1.
R 3

De his, qui ſui vel alieni iuris ſunt.
voraus, daß noch keine ehelichgebohrne Kinder vorhan-
den waren 93); allein Juſtinian dehnte ſie auch in ſo
fern mehr aus, daß er ſelbige ohne Unterſchied zuließ,
wenn gleich aus einer ſchon vorhergegangenen rechtmaͤſi-
gen Ehe Kinder vorhanden ſeyn ſollten 94). Nur daruͤber
ſtreitet man ſich noch, ob zu dieſer Art der Legitimation
ſchriftliche Ehepacten (inſtrumenta dotalia) erforderlich
geweſen ſeyn? Ich glaube aber, daß nach roͤmiſchen
Rechten dieſe Frage ſchlechterdings bejahet werden muͤſſe 95).
Denn einmal reden die Geſetze, die dieſes vorſchreiben,
ganz deutlich und uͤbereinſtimmend 96). Sodann hatte

die-
Juſtinian habe auf ſeine Verordnung in L. 11. C. de nat.
lib
.
gezielt, wo er die Frage entſcheidet, ob ein ſchon vor der
Ehe empfangenes, aber waͤhrend derſelben gebohrnes Kind,
ebenfalls fuͤr rechtmaͤſig zu halten ſey? Es iſt daher wohl am
rathſamſten, mit Hrn. Prof. Puͤttmann a. a. O. S. 70.
anzunehmen, daß Juſtinian hier, ſo wie mehrmalen, ohne
Grund ſich geruͤhmt habe, etwas neues verordnet zu haben.
In der L. 10. C. de nat. lib. auf welche Verordnung Ju-
ſtinian
ohne Zweifel gezielt hat, wollte er nur die auſſer
der Ehe mit einer Concubine gezeugten Kinder denen nachher
noch in der rechtmaͤſigen Ehe von ebenderſelben gebornen Kin-
dern gleich machen, damit ſich letztere ihrer ehelichen Geburt
halber keinen Vorzug vor den erſtern anmaßen moͤchten.
93) L. 5. L. 6. Cod. de natural. liberis.
94) Nov. 12. cap. 4. et Nov. 89. cap. 8.
95) S. cuiacius Obſ. iuris Rom. lib. XIII. cap. 4. schul-
ting
in Enarrat. partis pr. Digeſtor. h. t. §. 9. gebauer
in Excurs. cit. §. 9. iordens Diſſ. II. de legitimat. cap. 3.
gudelinus de iure noviſſimo lib. I. cap.
9. Hoͤpfner im
Commentar lib. I. Tit. 10. §. 139.
96) §. ult. I. de nupt. §. 2. I. de hered. quae ab inteſt. def.
L.
5. L. 6. L. 10. et 11. C. de natur. lib. Nov. 12. c. 4.
Nov. 18. cap. 11. Nov. 19. Nov. 74. praefat. et §. 1. 2.
Nov. 78. c. 4. Nov. 89. cap.
1. §. 1.
R 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0275" n="261"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">De his, qui &#x017F;ui vel alieni iuris &#x017F;unt.</hi></fw><lb/>
voraus, daß noch keine ehelichgebohrne Kinder vorhan-<lb/>
den waren <note place="foot" n="93)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 5. <hi rendition="#i">L.</hi> 6. <hi rendition="#i">Cod. de natural. liberis</hi>.</hi></note>; allein <hi rendition="#fr">Ju&#x017F;tinian</hi> dehnte &#x017F;ie auch in &#x017F;o<lb/>
fern mehr aus, daß er &#x017F;elbige ohne Unter&#x017F;chied zuließ,<lb/>
wenn gleich aus einer &#x017F;chon vorhergegangenen rechtma&#x0364;&#x017F;i-<lb/>
gen Ehe Kinder vorhanden &#x017F;eyn &#x017F;ollten <note place="foot" n="94)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Nov</hi>. 12. <hi rendition="#i">cap</hi>. 4. <hi rendition="#i">et Nov</hi>. 89. <hi rendition="#i">cap</hi>.</hi> 8.</note>. Nur daru&#x0364;ber<lb/>
&#x017F;treitet man &#x017F;ich noch, ob zu die&#x017F;er Art der Legitimation<lb/>
&#x017F;chriftliche Ehepacten (<hi rendition="#aq">in&#x017F;trumenta dotalia</hi>) erforderlich<lb/>
gewe&#x017F;en &#x017F;eyn? Ich glaube aber, daß nach ro&#x0364;mi&#x017F;chen<lb/>
Rechten die&#x017F;e Frage &#x017F;chlechterdings bejahet werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e <note place="foot" n="95)">S. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">cuiacius</hi> Ob&#x017F;. iuris Rom. lib. XIII. cap. 4. <hi rendition="#k">schul-<lb/>
ting</hi> in Enarrat. partis pr. Dige&#x017F;tor. h. t. §. 9. <hi rendition="#k">gebauer</hi><lb/>
in Excurs. cit. §. 9. <hi rendition="#k">iordens</hi> Di&#x017F;&#x017F;. II. de legitimat. cap. 3.<lb/><hi rendition="#k">gudelinus</hi> de iure novi&#x017F;&#x017F;imo lib. I. cap.</hi> 9. <hi rendition="#g">Ho&#x0364;pfner</hi> im<lb/>
Commentar <hi rendition="#aq">lib. I. Tit.</hi> 10. §. 139.</note>.<lb/>
Denn einmal reden die Ge&#x017F;etze, die die&#x017F;es vor&#x017F;chreiben,<lb/>
ganz deutlich und u&#x0364;berein&#x017F;timmend <note place="foot" n="96)">§. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">ult. I. de nupt</hi>. §. 2. <hi rendition="#i">I. de hered. quae ab inte&#x017F;t. def.<lb/>
L.</hi> 5. <hi rendition="#i">L.</hi> 6. <hi rendition="#i">L.</hi> 10. <hi rendition="#i">et</hi> 11. <hi rendition="#i">C. de natur. lib. Nov</hi>. 12. <hi rendition="#i">c.</hi> 4.<lb/><hi rendition="#i">Nov.</hi> 18. <hi rendition="#i">cap.</hi> 11. <hi rendition="#i">Nov.</hi> 19. <hi rendition="#i">Nov.</hi> 74. <hi rendition="#i">praefat. et §.</hi> 1. 2.<lb/><hi rendition="#i">Nov</hi>. 78. <hi rendition="#i">c.</hi> 4. <hi rendition="#i">Nov</hi>. 89. <hi rendition="#i">cap</hi>.</hi> 1. <hi rendition="#i">§.</hi> 1.</note>. Sodann hatte<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">R 3</fw><fw place="bottom" type="catch">die-</fw><lb/><note xml:id="seg2pn_45_2" prev="#seg2pn_45_1" place="foot" n="92)"><hi rendition="#g">Ju&#x017F;tinian</hi> habe auf &#x017F;eine Verordnung in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 11. <hi rendition="#i">C. de nat.<lb/>
lib</hi>.</hi> gezielt, wo er die Frage ent&#x017F;cheidet, ob ein &#x017F;chon vor der<lb/>
Ehe empfangenes, aber wa&#x0364;hrend der&#x017F;elben gebohrnes Kind,<lb/>
ebenfalls fu&#x0364;r rechtma&#x0364;&#x017F;ig zu halten &#x017F;ey? Es i&#x017F;t daher wohl am<lb/>
rath&#x017F;am&#x017F;ten, mit Hrn. Prof. <hi rendition="#g">Pu&#x0364;ttmann</hi> a. a. O. S. 70.<lb/>
anzunehmen, daß <hi rendition="#g">Ju&#x017F;tinian</hi> hier, &#x017F;o wie mehrmalen, ohne<lb/>
Grund &#x017F;ich geru&#x0364;hmt habe, etwas neues verordnet zu haben.<lb/>
In der <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 10. <hi rendition="#i">C. de nat. lib</hi>.</hi> auf welche Verordnung <hi rendition="#g">Ju-<lb/>
&#x017F;tinian</hi> ohne Zweifel gezielt hat, wollte er nur die au&#x017F;&#x017F;er<lb/>
der Ehe mit einer Concubine gezeugten Kinder denen nachher<lb/>
noch in der rechtma&#x0364;&#x017F;igen Ehe von ebender&#x017F;elben gebornen Kin-<lb/>
dern gleich machen, damit &#x017F;ich letztere ihrer ehelichen Geburt<lb/>
halber keinen Vorzug vor den er&#x017F;tern anmaßen mo&#x0364;chten.</note><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[261/0275] De his, qui ſui vel alieni iuris ſunt. voraus, daß noch keine ehelichgebohrne Kinder vorhan- den waren 93); allein Juſtinian dehnte ſie auch in ſo fern mehr aus, daß er ſelbige ohne Unterſchied zuließ, wenn gleich aus einer ſchon vorhergegangenen rechtmaͤſi- gen Ehe Kinder vorhanden ſeyn ſollten 94). Nur daruͤber ſtreitet man ſich noch, ob zu dieſer Art der Legitimation ſchriftliche Ehepacten (inſtrumenta dotalia) erforderlich geweſen ſeyn? Ich glaube aber, daß nach roͤmiſchen Rechten dieſe Frage ſchlechterdings bejahet werden muͤſſe 95). Denn einmal reden die Geſetze, die dieſes vorſchreiben, ganz deutlich und uͤbereinſtimmend 96). Sodann hatte die- 92) 93) L. 5. L. 6. Cod. de natural. liberis. 94) Nov. 12. cap. 4. et Nov. 89. cap. 8. 95) S. cuiacius Obſ. iuris Rom. lib. XIII. cap. 4. schul- ting in Enarrat. partis pr. Digeſtor. h. t. §. 9. gebauer in Excurs. cit. §. 9. iordens Diſſ. II. de legitimat. cap. 3. gudelinus de iure noviſſimo lib. I. cap. 9. Hoͤpfner im Commentar lib. I. Tit. 10. §. 139. 96) §. ult. I. de nupt. §. 2. I. de hered. quae ab inteſt. def. L. 5. L. 6. L. 10. et 11. C. de natur. lib. Nov. 12. c. 4. Nov. 18. cap. 11. Nov. 19. Nov. 74. praefat. et §. 1. 2. Nov. 78. c. 4. Nov. 89. cap. 1. §. 1. 92) Juſtinian habe auf ſeine Verordnung in L. 11. C. de nat. lib. gezielt, wo er die Frage entſcheidet, ob ein ſchon vor der Ehe empfangenes, aber waͤhrend derſelben gebohrnes Kind, ebenfalls fuͤr rechtmaͤſig zu halten ſey? Es iſt daher wohl am rathſamſten, mit Hrn. Prof. Puͤttmann a. a. O. S. 70. anzunehmen, daß Juſtinian hier, ſo wie mehrmalen, ohne Grund ſich geruͤhmt habe, etwas neues verordnet zu haben. In der L. 10. C. de nat. lib. auf welche Verordnung Ju- ſtinian ohne Zweifel gezielt hat, wollte er nur die auſſer der Ehe mit einer Concubine gezeugten Kinder denen nachher noch in der rechtmaͤſigen Ehe von ebenderſelben gebornen Kin- dern gleich machen, damit ſich letztere ihrer ehelichen Geburt halber keinen Vorzug vor den erſtern anmaßen moͤchten. R 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/275
Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/275>, abgerufen am 10.06.2024.