Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.1. Buch. 6. Tit. §. 140. oder eine unvollkommene (minus plena) 62). Nochist die Frage kürzlich zu erörtern, ob die Legitimation ausser der Ehe gebohrner Kinder sich in einer römischen Erdichtung gründe 63)? nach der gewöhnlichen Lehre der Rechtsgelehrten wird diese bejahet. Man sagt, es wer- de vermöge einer rechtlichen Fietion angenommen, als ob ein ausser der Ehe gebohrnes Kind in rechtmäsiger Ehe erzeugt worden. Weil nun bey einer jeden Fiction der Gesetze immer eine moralische Möglichkeit desjenigen voraus gesetzet wird, so als wahr angenommen werden soll, so könnten nur blos solche uneheliche Kinder legiti- miret werden, deren Eltern zur Zeit des Beyschlafs und der Conception eine rechtmäsige Ehe nach denen Gesetzen freygestanden hätte. Daher komme es nun, daß keine im Ehebruch, Blutschande und andern dergleichen uner- laubten Beyschlaf erzeugte Kinder legitimirt werden könn- ten 64). Allein dieser Theorie stehen starke Zweifel ent- gegen, daher sie von vielen ältern und neuern Rechtsleh- rern 65) als ungegründet verworfen wird. Denn erst- lich 62) von Trütschler Anweisung zu vorsichtiger und förml. Abfassung rechtl. Aufsätze. I. Th. S. 301. nach der zweiten verb. Auflage. 63) Ueber diese Frage hat Joh. Jacob Prehn in der beym Verf. angeführten Abhandlung, Rostock 1777. 4. am neue- sten geschrieben. 64) Man sehe Io. strauch Dissertat. ad ius Iustinian. IV. §. 3. Pet. Diet. volkmann in Diss. de legitimatione partus, a parentibus sedulo occultati, eiusque adulterini per subsequens matrimonium. Giessae 1761. §. X. sq. Hr. Oberappell. R. Höpfner im Commentar über die Heinecciusischen Institu- tionen §. 136. u. a. m. 65) Andr. alciatus Paradoxor. lib. III. cap. 12. vinnius
in Commentar. ad §. ult. I. de nupt. stryck Us. Mod. Pan- dectar. 1. Buch. 6. Tit. §. 140. oder eine unvollkommene (minus plena) 62). Nochiſt die Frage kuͤrzlich zu eroͤrtern, ob die Legitimation auſſer der Ehe gebohrner Kinder ſich in einer roͤmiſchen Erdichtung gruͤnde 63)? nach der gewoͤhnlichen Lehre der Rechtsgelehrten wird dieſe bejahet. Man ſagt, es wer- de vermoͤge einer rechtlichen Fietion angenommen, als ob ein auſſer der Ehe gebohrnes Kind in rechtmaͤſiger Ehe erzeugt worden. Weil nun bey einer jeden Fiction der Geſetze immer eine moraliſche Moͤglichkeit desjenigen voraus geſetzet wird, ſo als wahr angenommen werden ſoll, ſo koͤnnten nur blos ſolche uneheliche Kinder legiti- miret werden, deren Eltern zur Zeit des Beyſchlafs und der Conception eine rechtmaͤſige Ehe nach denen Geſetzen freygeſtanden haͤtte. Daher komme es nun, daß keine im Ehebruch, Blutſchande und andern dergleichen uner- laubten Beyſchlaf erzeugte Kinder legitimirt werden koͤnn- ten 64). Allein dieſer Theorie ſtehen ſtarke Zweifel ent- gegen, daher ſie von vielen aͤltern und neuern Rechtsleh- rern 65) als ungegruͤndet verworfen wird. Denn erſt- lich 62) von Truͤtſchler Anweiſung zu vorſichtiger und foͤrml. Abfaſſung rechtl. Aufſaͤtze. I. Th. S. 301. nach der zweiten verb. Auflage. 63) Ueber dieſe Frage hat Joh. Jacob Prehn in der beym Verf. angefuͤhrten Abhandlung, Roſtock 1777. 4. am neue- ſten geſchrieben. 64) Man ſehe Io. strauch Diſſertat. ad ius Iuſtinian. IV. §. 3. Pet. Diet. volkmann in Diſſ. de legitimatione partus, a parentibus ſedulo occultati, eiusque adulterini per ſubſequens matrimonium. Gieſſae 1761. §. X. ſq. Hr. Oberappell. R. Hoͤpfner im Commentar uͤber die Heinecciuſiſchen Inſtitu- tionen §. 136. u. a. m. 65) Andr. alciatus Paradoxor. lib. III. cap. 12. vinnius
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1. Buch. 6. Tit. §. 140.
oder eine unvollkommene (minus plena) 62). Noch
iſt die Frage kuͤrzlich zu eroͤrtern, ob die Legitimation
auſſer der Ehe gebohrner Kinder ſich in einer roͤmiſchen
Erdichtung gruͤnde 63)? nach der gewoͤhnlichen Lehre der
Rechtsgelehrten wird dieſe bejahet. Man ſagt, es wer-
de vermoͤge einer rechtlichen Fietion angenommen, als
ob ein auſſer der Ehe gebohrnes Kind in rechtmaͤſiger
Ehe erzeugt worden. Weil nun bey einer jeden Fiction
der Geſetze immer eine moraliſche Moͤglichkeit desjenigen
voraus geſetzet wird, ſo als wahr angenommen werden
ſoll, ſo koͤnnten nur blos ſolche uneheliche Kinder legiti-
miret werden, deren Eltern zur Zeit des Beyſchlafs und
der Conception eine rechtmaͤſige Ehe nach denen Geſetzen
freygeſtanden haͤtte. Daher komme es nun, daß keine
im Ehebruch, Blutſchande und andern dergleichen uner-
laubten Beyſchlaf erzeugte Kinder legitimirt werden koͤnn-
ten 64). Allein dieſer Theorie ſtehen ſtarke Zweifel ent-
gegen, daher ſie von vielen aͤltern und neuern Rechtsleh-
rern 65) als ungegruͤndet verworfen wird. Denn erſt-
lich
62) von Truͤtſchler Anweiſung zu vorſichtiger und foͤrml.
Abfaſſung rechtl. Aufſaͤtze. I. Th. S. 301. nach der zweiten
verb. Auflage.
63) Ueber dieſe Frage hat Joh. Jacob Prehn in der beym
Verf. angefuͤhrten Abhandlung, Roſtock 1777. 4. am neue-
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64) Man ſehe Io. strauch Diſſertat. ad ius Iuſtinian. IV. §. 3.
Pet. Diet. volkmann in Diſſ. de legitimatione partus, a
parentibus ſedulo occultati, eiusque adulterini per ſubſequens
matrimonium. Gieſſae 1761. §. X. ſq. Hr. Oberappell. R.
Hoͤpfner im Commentar uͤber die Heinecciuſiſchen Inſtitu-
tionen §. 136. u. a. m.
65) Andr. alciatus Paradoxor. lib. III. cap. 12. vinnius
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