6) Beyde Eltern haben ferner das Recht, die Her- ausgabe und ungehinderte Verabfolgung ihres Kindes von demjenigen zu verlangen, der ihnen dasselbe wieder- rechtlicher Weise vorenthält 15). Merkwürdige Beyspiele hiervon wird man bey Faber16) und Moser17) finden. Es verstehet sich zwar von selbst, daß auch hier die rich- terliche Hülfe imploriret werden müsse, und zwar muß die Obrigkeit durch den kürtzesten Weg des Processes die Eltern wieder in den verlohrnen Besitzstand setzen. Aber auch die Selbsthülfe, welche diese in solchem Fall aus- üben, ist nicht so zu ahnden, wie die Selbsthülfe zur Wiedererlangung des Eigenthums; da nicht blose Eigen- thumsrechte, sondern selbst Pflichten der Natur, und die im Staate autorisirte häußliche Gewalt der Eltern, eine solche Anmaßung entschuldigen 18). Endlich
7) ist nach teutschen und heutigen Rechten eine Mut- ter so gut als der Vater befugt, ihren unmündigen Kin- dern in ihren letzten Willen einen Vormund zu bestellen; es findet auch in Ansehung der obrigkeitlichen Bestätti- gung kein Unterschied statt 19).
Soviel hiernächst die oben (S. 222.) aufgeworfene zweyte Frage betrift, so ist folgendes Principium zu be- merken: diejenigen Rechte der väterlichen Ge-
walt,
15)Vid. Tit. D. et C. de liberis exhibendis et duecndis[.] Schmidts Lehrbuch von gerichtlichen Klagen §. 410 ff.
16) Staats-Canzley Th. LVI. c. 5. Th. LVII. c. 3. Th. LIX. c. 2. Th LX. c. 4.
17) R. Hofraths-Conclusa T. I. S. 747. 755. T. III. S. 922. T. VI S. 2. add Consil. Tubingens. Vol. I. Cons. 86.
18) von Globig Preisschrift S. 95.
19)renz mixtur. iur. rom. et germ. in mat. pat. potest. thes. 16, rothhahn Diss. de materna potestate in liberos §. 44.
P 5
De his, qui ſui vel alieni iuris ſunt.
6) Beyde Eltern haben ferner das Recht, die Her- ausgabe und ungehinderte Verabfolgung ihres Kindes von demjenigen zu verlangen, der ihnen daſſelbe wieder- rechtlicher Weiſe vorenthaͤlt 15). Merkwuͤrdige Beyſpiele hiervon wird man bey Faber16) und Moſer17) finden. Es verſtehet ſich zwar von ſelbſt, daß auch hier die rich- terliche Huͤlfe imploriret werden muͤſſe, und zwar muß die Obrigkeit durch den kuͤrtzeſten Weg des Proceſſes die Eltern wieder in den verlohrnen Beſitzſtand ſetzen. Aber auch die Selbſthuͤlfe, welche dieſe in ſolchem Fall aus- uͤben, iſt nicht ſo zu ahnden, wie die Selbſthuͤlfe zur Wiedererlangung des Eigenthums; da nicht bloſe Eigen- thumsrechte, ſondern ſelbſt Pflichten der Natur, und die im Staate autoriſirte haͤußliche Gewalt der Eltern, eine ſolche Anmaßung entſchuldigen 18). Endlich
7) iſt nach teutſchen und heutigen Rechten eine Mut- ter ſo gut als der Vater befugt, ihren unmuͤndigen Kin- dern in ihren letzten Willen einen Vormund zu beſtellen; es findet auch in Anſehung der obrigkeitlichen Beſtaͤtti- gung kein Unterſchied ſtatt 19).
Soviel hiernaͤchſt die oben (S. 222.) aufgeworfene zweyte Frage betrift, ſo iſt folgendes Principium zu be- merken: diejenigen Rechte der vaͤterlichen Ge-
walt,
15)Vid. Tit. D. et C. de liberis exhibendis et duecndis[.] Schmidts Lehrbuch von gerichtlichen Klagen §. 410 ff.
16) Staats-Canzley Th. LVI. c. 5. Th. LVII. c. 3. Th. LIX. c. 2. Th LX. c. 4.
17) R. Hofraths-Concluſa T. I. S. 747. 755. T. III. S. 922. T. VI S. 2. add Conſil. Tubingenſ. Vol. I. Conſ. 86.
18) von Globig Preisſchrift S. 95.
19)renz mixtur. iur. rom. et germ. in mat. pat. poteſt. theſ. 16, rothhahn Diſſ. de materna poteſtate in liberos §. 44.
P 5
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0247"n="233"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#aq">De his, qui ſui vel alieni iuris ſunt.</hi></fw><lb/><p>6) Beyde Eltern haben ferner das Recht, die Her-<lb/>
ausgabe und ungehinderte Verabfolgung ihres Kindes<lb/>
von demjenigen zu verlangen, der ihnen daſſelbe wieder-<lb/>
rechtlicher Weiſe vorenthaͤlt <noteplace="foot"n="15)"><hirendition="#aq">Vid. <hirendition="#i">Tit. D.</hi> et <hirendition="#i">C. de liberis exhibendis et duecndis</hi><supplied>.</supplied></hi><lb/><hirendition="#g">Schmidts</hi> Lehrbuch von gerichtlichen Klagen §. 410 ff.</note>. Merkwuͤrdige Beyſpiele<lb/>
hiervon wird man bey <hirendition="#fr">Faber</hi><noteplace="foot"n="16)">Staats-Canzley Th. <hirendition="#aq">LVI. c.</hi> 5. Th. <hirendition="#aq">LVII. c.</hi> 3. Th. <hirendition="#aq">LIX.<lb/>
c.</hi> 2. Th <hirendition="#aq">LX. c.</hi> 4.</note> und <hirendition="#fr">Moſer</hi><noteplace="foot"n="17)">R. Hofraths-<hirendition="#aq">Concluſa T. I.</hi> S. 747. 755. <hirendition="#aq">T. III.</hi> S. 922.<lb/><hirendition="#aq">T. VI</hi> S. 2. <hirendition="#aq">add Conſil. Tubingenſ. Vol. I. Conſ.</hi> 86.</note> finden.<lb/>
Es verſtehet ſich zwar von ſelbſt, daß auch hier die rich-<lb/>
terliche Huͤlfe imploriret werden muͤſſe, und zwar muß<lb/>
die Obrigkeit durch den kuͤrtzeſten Weg des Proceſſes die<lb/>
Eltern wieder in den verlohrnen Beſitzſtand ſetzen. Aber<lb/>
auch die Selbſthuͤlfe, welche dieſe in ſolchem Fall aus-<lb/>
uͤben, iſt nicht ſo zu ahnden, wie die Selbſthuͤlfe zur<lb/>
Wiedererlangung des Eigenthums; da nicht bloſe Eigen-<lb/>
thumsrechte, ſondern ſelbſt Pflichten der Natur, und die<lb/>
im Staate autoriſirte haͤußliche Gewalt der Eltern, eine<lb/>ſolche Anmaßung entſchuldigen <noteplace="foot"n="18)">von <hirendition="#g">Globig</hi> Preisſchrift S. 95.</note>. Endlich</p><lb/><p>7) iſt nach teutſchen und heutigen Rechten eine Mut-<lb/>
ter ſo gut als der Vater befugt, ihren unmuͤndigen Kin-<lb/>
dern in ihren letzten Willen einen Vormund zu beſtellen;<lb/>
es findet auch in Anſehung der obrigkeitlichen Beſtaͤtti-<lb/>
gung kein Unterſchied ſtatt <noteplace="foot"n="19)"><hirendition="#aq"><hirendition="#k">renz</hi> mixtur. iur. rom. et germ. in mat. pat. poteſt. theſ. 16,<lb/><hirendition="#k">rothhahn</hi> Diſſ. de materna poteſtate in liberos</hi> §. 44.</note>.</p><lb/><p>Soviel hiernaͤchſt die oben (S. 222.) aufgeworfene<lb/>
zweyte Frage betrift, ſo iſt folgendes Principium zu be-<lb/>
merken: <hirendition="#g">diejenigen Rechte der vaͤterlichen Ge-</hi><lb/><fwplace="bottom"type="sig">P 5</fw><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#g">walt</hi>,</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[233/0247]
De his, qui ſui vel alieni iuris ſunt.
6) Beyde Eltern haben ferner das Recht, die Her-
ausgabe und ungehinderte Verabfolgung ihres Kindes
von demjenigen zu verlangen, der ihnen daſſelbe wieder-
rechtlicher Weiſe vorenthaͤlt 15). Merkwuͤrdige Beyſpiele
hiervon wird man bey Faber 16) und Moſer 17) finden.
Es verſtehet ſich zwar von ſelbſt, daß auch hier die rich-
terliche Huͤlfe imploriret werden muͤſſe, und zwar muß
die Obrigkeit durch den kuͤrtzeſten Weg des Proceſſes die
Eltern wieder in den verlohrnen Beſitzſtand ſetzen. Aber
auch die Selbſthuͤlfe, welche dieſe in ſolchem Fall aus-
uͤben, iſt nicht ſo zu ahnden, wie die Selbſthuͤlfe zur
Wiedererlangung des Eigenthums; da nicht bloſe Eigen-
thumsrechte, ſondern ſelbſt Pflichten der Natur, und die
im Staate autoriſirte haͤußliche Gewalt der Eltern, eine
ſolche Anmaßung entſchuldigen 18). Endlich
7) iſt nach teutſchen und heutigen Rechten eine Mut-
ter ſo gut als der Vater befugt, ihren unmuͤndigen Kin-
dern in ihren letzten Willen einen Vormund zu beſtellen;
es findet auch in Anſehung der obrigkeitlichen Beſtaͤtti-
gung kein Unterſchied ſtatt 19).
Soviel hiernaͤchſt die oben (S. 222.) aufgeworfene
zweyte Frage betrift, ſo iſt folgendes Principium zu be-
merken: diejenigen Rechte der vaͤterlichen Ge-
walt,
15) Vid. Tit. D. et C. de liberis exhibendis et duecndis.
Schmidts Lehrbuch von gerichtlichen Klagen §. 410 ff.
16) Staats-Canzley Th. LVI. c. 5. Th. LVII. c. 3. Th. LIX.
c. 2. Th LX. c. 4.
17) R. Hofraths-Concluſa T. I. S. 747. 755. T. III. S. 922.
T. VI S. 2. add Conſil. Tubingenſ. Vol. I. Conſ. 86.
18) von Globig Preisſchrift S. 95.
19) renz mixtur. iur. rom. et germ. in mat. pat. poteſt. theſ. 16,
rothhahn Diſſ. de materna poteſtate in liberos §. 44.
P 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/247>, abgerufen am 04.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.