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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

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fangenschaft, oder durch eine Strafe geschehen. Die ca-
pitis deminutio media
aber bestand darin, wenn, der Frey-
heit unbeschadet, nur das Bürgerrecht verlohren wurde.
Diese hinderte nicht, daß man in einer andern Republick
wiederum ein Bürgerrecht gewinnen konnte. Es war
vielmehr ehemals bey der aquae et ignis interdictione
darauf gerechnet, daß ein solcher in einer andern Repu-
blick das Bürgerrecht suchen, und eben dadurch das Rö-
mische, indem man nach den Grundsätzen des römischen
Staatsrechts nicht in zwey Republicken zugleich Bürger
seyn konnte, verliehren sollte 96). Nach dem neuern Rech-
te erlitten diese mittlere capitis deminutionem besonders
diejenigen, welche ins Exilium geschickt oder auf eine
Insel verbannt wurden, (deportati) 97). Wer eine sol-
che Capitis deminutionem maximam oder mediam er-
litten hatte, wurde in Absicht auf den Staat für bürger-
lich todt gehalten, denn er hörte dadurch auf, eine Per-
son
im Staate zu seyn 98). Endlich die capitis deminu-
tio minima
bestand blos in dem Verlust der Familienrech-
te, ohne daß dadurch die Freyheit oder das Bürgerrecht
verlohren gieng. Diese war wieder zweyerley. Entwe-
der man verlohr durch Arrogation, oder Legitimation
das eigene Familienrecht (ius familiae proprium), oder
man verlohr durch Emancipation oder Adoption das ge-
meinschaftliche Familienrecht (ius familiae commune).
Das eigene Familienrecht hat ein Hausvater,
der nebst seiner ehelichen Hausfrau, Kindern, Enkeln
und was sonst in der häuslichen Verfassung unter seinen

Befeh-
96) Die Beweißstellen aus Cicero findet man beym heinec-
cius
in Syntagm. Antiquitat. Rom. iurisprud. illustr. Lib. I.
Tit. XVI.
§. 10.
97) Herm. cannegieter Observat. iuris Rom. Lib. I. c. 8. 9.
98) Emund. merillius Observat. lib. IV. cap. 21.

1. Buch. 5. Tit. §. 128.
fangenſchaft, oder durch eine Strafe geſchehen. Die ca-
pitis deminutio media
aber beſtand darin, wenn, der Frey-
heit unbeſchadet, nur das Buͤrgerrecht verlohren wurde.
Dieſe hinderte nicht, daß man in einer andern Republick
wiederum ein Buͤrgerrecht gewinnen konnte. Es war
vielmehr ehemals bey der aquae et ignis interdictione
darauf gerechnet, daß ein ſolcher in einer andern Repu-
blick das Buͤrgerrecht ſuchen, und eben dadurch das Roͤ-
miſche, indem man nach den Grundſaͤtzen des roͤmiſchen
Staatsrechts nicht in zwey Republicken zugleich Buͤrger
ſeyn konnte, verliehren ſollte 96). Nach dem neuern Rech-
te erlitten dieſe mittlere capitis deminutionem beſonders
diejenigen, welche ins Exilium geſchickt oder auf eine
Inſel verbannt wurden, (deportati) 97). Wer eine ſol-
che Capitis deminutionem maximam oder mediam er-
litten hatte, wurde in Abſicht auf den Staat fuͤr buͤrger-
lich todt gehalten, denn er hoͤrte dadurch auf, eine Per-
ſon
im Staate zu ſeyn 98). Endlich die capitis deminu-
tio minima
beſtand blos in dem Verluſt der Familienrech-
te, ohne daß dadurch die Freyheit oder das Buͤrgerrecht
verlohren gieng. Dieſe war wieder zweyerley. Entwe-
der man verlohr durch Arrogation, oder Legitimation
das eigene Familienrecht (ius familiae proprium), oder
man verlohr durch Emancipation oder Adoption das ge-
meinſchaftliche Familienrecht (ius familiae commune).
Das eigene Familienrecht hat ein Hausvater,
der nebſt ſeiner ehelichen Hausfrau, Kindern, Enkeln
und was ſonſt in der haͤuslichen Verfaſſung unter ſeinen

Befeh-
96) Die Beweißſtellen aus Cicero findet man beym heinec-
cius
in Syntagm. Antiquitat. Rom. iurisprud. illuſtr. Lib. I.
Tit. XVI.
§. 10.
97) Herm. cannegieter Obſervat. iuris Rom. Lib. I. c. 8. 9.
98) Emund. merillius Obſervat. lib. IV. cap. 21.
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[172/0186] 1. Buch. 5. Tit. §. 128. fangenſchaft, oder durch eine Strafe geſchehen. Die ca- pitis deminutio media aber beſtand darin, wenn, der Frey- heit unbeſchadet, nur das Buͤrgerrecht verlohren wurde. Dieſe hinderte nicht, daß man in einer andern Republick wiederum ein Buͤrgerrecht gewinnen konnte. Es war vielmehr ehemals bey der aquae et ignis interdictione darauf gerechnet, daß ein ſolcher in einer andern Repu- blick das Buͤrgerrecht ſuchen, und eben dadurch das Roͤ- miſche, indem man nach den Grundſaͤtzen des roͤmiſchen Staatsrechts nicht in zwey Republicken zugleich Buͤrger ſeyn konnte, verliehren ſollte 96). Nach dem neuern Rech- te erlitten dieſe mittlere capitis deminutionem beſonders diejenigen, welche ins Exilium geſchickt oder auf eine Inſel verbannt wurden, (deportati) 97). Wer eine ſol- che Capitis deminutionem maximam oder mediam er- litten hatte, wurde in Abſicht auf den Staat fuͤr buͤrger- lich todt gehalten, denn er hoͤrte dadurch auf, eine Per- ſon im Staate zu ſeyn 98). Endlich die capitis deminu- tio minima beſtand blos in dem Verluſt der Familienrech- te, ohne daß dadurch die Freyheit oder das Buͤrgerrecht verlohren gieng. Dieſe war wieder zweyerley. Entwe- der man verlohr durch Arrogation, oder Legitimation das eigene Familienrecht (ius familiae proprium), oder man verlohr durch Emancipation oder Adoption das ge- meinſchaftliche Familienrecht (ius familiae commune). Das eigene Familienrecht hat ein Hausvater, der nebſt ſeiner ehelichen Hausfrau, Kindern, Enkeln und was ſonſt in der haͤuslichen Verfaſſung unter ſeinen Befeh- 96) Die Beweißſtellen aus Cicero findet man beym heinec- cius in Syntagm. Antiquitat. Rom. iurisprud. illuſtr. Lib. I. Tit. XVI. §. 10. 97) Herm. cannegieter Obſervat. iuris Rom. Lib. I. c. 8. 9. 98) Emund. merillius Obſervat. lib. IV. cap. 21.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/186>, abgerufen am 21.11.2024.