Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.

Bild:
<< vorherige Seite

de Iustitia et Iure.
Vorzug verdiene, dessen Namen die Ueberschrift des
Gesetzes bezeichnet, leidet gar keinen Zweifel; denn seine
Meinung ist es, welche durch die Aufnahme in das Kor-
pus der Pandecten legale Auctorität erlangt hat; woge-
gen die Meinung des andern Juristen, als eine blose
Lehrmeinung, sich nicht behaupten kann. Bisweilen ist
es freylich schwer, beide Meinungen gehörig von einan-
der zu unterscheiden; daher man sich nicht wundern darf,
wenn hin und wieder hieraus erhebliche Irrthümer ent-
standen sind. Beyspiele davon geben L. 7. §. 10. D.
de minorib.
und L. 11. §. 18. D. de Act. emti vend.
deren Inhalt ich zu seiner Zeit näher entwickeln werde 71).

II. Bedeuten Leges im Röm. Recht auch oft ge-
schriebene
d. i. ausdrücklich bekanntgemachte Gesetze,
so wie im Gegentheil nicht geschriebene Gesetze, oder
Gewohnheitsrechte mores genennet werden 72).

III. Eine der vorzüglichsten Bedeutungen, in wel-
cher das Wort Lex zu den Zeiten des Röm. Freistaats
genommen wurde, war die, daß man darunter ein mit
Beystimmung der Nation auf den Comitien
gegebenes Gesetz
verstand, besonders wenn eine dazu
berechtigte höhere Magistratsperson, welche aus dem
Stand der patrizier war, z. B. ein Dictator, Consul
oder Prätor, den Vorschlag dazu gethan hatte 73).
Endlich bemerken wir noch


IV.
71) S. des Herrn Prof. Webers oben angeführte Refle-
xionen
§. 8.
72) L. 32. D. de Legib. Vid. B. brissonius de Ver-
bor. Signif
. v. lex.
73) §. 4. I. de I. N. G. et C. lex est, quod populus Ro-
manus, Senatorio magistratu interrogante
(veluti Consule)
constituebat.
D 4

de Iuſtitia et Iure.
Vorzug verdiene, deſſen Namen die Ueberſchrift des
Geſetzes bezeichnet, leidet gar keinen Zweifel; denn ſeine
Meinung iſt es, welche durch die Aufnahme in das Kor-
pus der Pandecten legale Auctoritaͤt erlangt hat; woge-
gen die Meinung des andern Juriſten, als eine bloſe
Lehrmeinung, ſich nicht behaupten kann. Bisweilen iſt
es freylich ſchwer, beide Meinungen gehoͤrig von einan-
der zu unterſcheiden; daher man ſich nicht wundern darf,
wenn hin und wieder hieraus erhebliche Irrthuͤmer ent-
ſtanden ſind. Beyſpiele davon geben L. 7. §. 10. D.
de minorib.
und L. 11. §. 18. D. de Act. emti vend.
deren Inhalt ich zu ſeiner Zeit naͤher entwickeln werde 71).

II. Bedeuten Leges im Roͤm. Recht auch oft ge-
ſchriebene
d. i. ausdruͤcklich bekanntgemachte Geſetze,
ſo wie im Gegentheil nicht geſchriebene Geſetze, oder
Gewohnheitsrechte mores genennet werden 72).

III. Eine der vorzuͤglichſten Bedeutungen, in wel-
cher das Wort Lex zu den Zeiten des Roͤm. Freiſtaats
genommen wurde, war die, daß man darunter ein mit
Beyſtimmung der Nation auf den Comitien
gegebenes Geſetz
verſtand, beſonders wenn eine dazu
berechtigte hoͤhere Magiſtratsperſon, welche aus dem
Stand der patrizier war, z. B. ein Dictator, Conſul
oder Praͤtor, den Vorſchlag dazu gethan hatte 73).
Endlich bemerken wir noch


IV.
71) S. des Herrn Prof. Webers oben angefuͤhrte Refle-
xionen
§. 8.
72) L. 32. D. de Legib. Vid. B. brissonius de Ver-
bor. Signif
. v. lex.
73) §. 4. I. de I. N. G. et C. lex eſt, quod populus Ro-
manus, Senatorio magiſtratu interrogante
(veluti Conſule)
conſtituebat.
D 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0075" n="55"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">de Iu&#x017F;titia et Iure.</hi></fw><lb/>
Vorzug verdiene, de&#x017F;&#x017F;en Namen die Ueber&#x017F;chrift des<lb/>
Ge&#x017F;etzes bezeichnet, leidet gar keinen Zweifel; denn &#x017F;eine<lb/>
Meinung i&#x017F;t es, welche durch die Aufnahme in das Kor-<lb/>
pus der Pandecten legale Auctorita&#x0364;t erlangt hat; woge-<lb/>
gen die Meinung des andern Juri&#x017F;ten, als eine blo&#x017F;e<lb/>
Lehrmeinung, &#x017F;ich nicht behaupten kann. Bisweilen i&#x017F;t<lb/>
es freylich &#x017F;chwer, beide Meinungen geho&#x0364;rig von einan-<lb/>
der zu unter&#x017F;cheiden; daher man &#x017F;ich nicht wundern darf,<lb/>
wenn hin und wieder hieraus erhebliche Irrthu&#x0364;mer ent-<lb/>
&#x017F;tanden &#x017F;ind. Bey&#x017F;piele davon geben <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 7. §. 10. <hi rendition="#i">D.<lb/>
de minorib.</hi></hi> und <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 11. §. 18. <hi rendition="#i">D. de Act. emti vend.</hi></hi><lb/>
deren Inhalt ich zu &#x017F;einer Zeit na&#x0364;her entwickeln werde <note place="foot" n="71)">S. des Herrn Prof. Webers oben angefu&#x0364;hrte <hi rendition="#g">Refle-<lb/>
xionen</hi> §. 8.</note>.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#aq">II.</hi> Bedeuten <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Leges</hi></hi> im Ro&#x0364;m. Recht auch oft <hi rendition="#g">ge-<lb/>
&#x017F;chriebene</hi> d. i. ausdru&#x0364;cklich bekanntgemachte Ge&#x017F;etze,<lb/>
&#x017F;o wie im Gegentheil <hi rendition="#g">nicht ge&#x017F;chriebene</hi> Ge&#x017F;etze, oder<lb/>
Gewohnheitsrechte <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">mores</hi></hi> genennet werden <note place="foot" n="72)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L. 32. D. de Legib.</hi> Vid. <hi rendition="#i">B.</hi> <hi rendition="#k">brissonius</hi> <hi rendition="#g">de Ver-<lb/>
bor. Signif</hi>. v. <hi rendition="#k">lex</hi>.</hi></note>.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#aq">III.</hi> Eine der vorzu&#x0364;glich&#x017F;ten Bedeutungen, in wel-<lb/>
cher das Wort <hi rendition="#aq">Lex</hi> zu den Zeiten des Ro&#x0364;m. Frei&#x017F;taats<lb/>
genommen wurde, war die, daß man darunter <hi rendition="#g">ein mit<lb/>
Bey&#x017F;timmung der Nation auf den Comitien<lb/>
gegebenes Ge&#x017F;etz</hi> ver&#x017F;tand, be&#x017F;onders wenn eine dazu<lb/>
berechtigte ho&#x0364;here Magi&#x017F;tratsper&#x017F;on, welche aus dem<lb/>
Stand der patrizier war, z. B. ein Dictator, Con&#x017F;ul<lb/>
oder Pra&#x0364;tor, den Vor&#x017F;chlag dazu gethan hatte <note place="foot" n="73)">§. 4. <hi rendition="#aq">I. de I. N. G. et C. <hi rendition="#k">lex</hi> <hi rendition="#i">e&#x017F;t, quod populus Ro-<lb/>
manus, Senatorio magi&#x017F;tratu interrogante</hi> (<hi rendition="#i">veluti Con&#x017F;ule</hi>)<lb/><hi rendition="#i">con&#x017F;tituebat</hi>.</hi></note>.<lb/>
Endlich bemerken wir noch</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">D 4</fw>
            <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq">IV.</hi> </fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[55/0075] de Iuſtitia et Iure. Vorzug verdiene, deſſen Namen die Ueberſchrift des Geſetzes bezeichnet, leidet gar keinen Zweifel; denn ſeine Meinung iſt es, welche durch die Aufnahme in das Kor- pus der Pandecten legale Auctoritaͤt erlangt hat; woge- gen die Meinung des andern Juriſten, als eine bloſe Lehrmeinung, ſich nicht behaupten kann. Bisweilen iſt es freylich ſchwer, beide Meinungen gehoͤrig von einan- der zu unterſcheiden; daher man ſich nicht wundern darf, wenn hin und wieder hieraus erhebliche Irrthuͤmer ent- ſtanden ſind. Beyſpiele davon geben L. 7. §. 10. D. de minorib. und L. 11. §. 18. D. de Act. emti vend. deren Inhalt ich zu ſeiner Zeit naͤher entwickeln werde 71). II. Bedeuten Leges im Roͤm. Recht auch oft ge- ſchriebene d. i. ausdruͤcklich bekanntgemachte Geſetze, ſo wie im Gegentheil nicht geſchriebene Geſetze, oder Gewohnheitsrechte mores genennet werden 72). III. Eine der vorzuͤglichſten Bedeutungen, in wel- cher das Wort Lex zu den Zeiten des Roͤm. Freiſtaats genommen wurde, war die, daß man darunter ein mit Beyſtimmung der Nation auf den Comitien gegebenes Geſetz verſtand, beſonders wenn eine dazu berechtigte hoͤhere Magiſtratsperſon, welche aus dem Stand der patrizier war, z. B. ein Dictator, Conſul oder Praͤtor, den Vorſchlag dazu gethan hatte 73). Endlich bemerken wir noch IV. 71) S. des Herrn Prof. Webers oben angefuͤhrte Refle- xionen §. 8. 72) L. 32. D. de Legib. Vid. B. brissonius de Ver- bor. Signif. v. lex. 73) §. 4. I. de I. N. G. et C. lex eſt, quod populus Ro- manus, Senatorio magiſtratu interrogante (veluti Conſule) conſtituebat. D 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/75
Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/75>, abgerufen am 05.05.2024.