Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.

Bild:
<< vorherige Seite

1. Buch. 4. Tit.
le Javolens von eigentlichen Privilegien zu verstehen
sey. Denn nicht ohne Grund erklärt sie Thomasius 39)
blos von denen Rechtswohlthaten, die man iura singula-
ria
zu nennen pflegt. Viel richtiger ist daher die Meinung
derjenigen Rechtsgelehrten 40), welche behaupten, daß ein
Privilegium, auch selbst wenn es blos die Rechte des Re-
genten angehet, und nur ihm allein zum Präjudiz gerei-
chet, dennoch nicht immer deshalb extensive erkläret wer-
den dürfe, sondern der Sinn desselben theils aus der
Qualität der Person, welcher solches ertheilet worden,
theils aus der Beschaffenheit des Objects, theils aus dem
bisherigen Gebrauch und Herkommen 41), theils aber auch
hauptsächlich aus dem Zweck und Absicht des Regenten,
der das Privilegium ertheilet hat, und solchemnach bald
restrictive bald extensive zu bestimmen sey. So z. B.

kann
39) In Diss. de interpretatione beneficiorum principis §. 11. Man
denke z. B. an das, was Ulpian L. 2. §. 1. D. ad SCtum
Vellejan.
sagt: hoc Senatusconsulto plenissime seminis omni-
bus subventum esse.
Es fehlt auch nicht an Beyspielen, wo
die römischen Rechtsgelehrten dergleichen besondere Rechte in
ähnlichen Fällen zur Anwendung gebracht haben. Man ver-
gleiche z. B. L. 20. u. 21. D. de re iudic. Mehrere Bey-
spiele hat Fr. Car. conradi in Diss. de iure singulari §. XII.
gesammlet.
40) Christ. thomasius in der angeführten Diss. Struben
in den rechtlichen Bedenken IV. Th. S. 15. Hr. G. J. R.
Walch Controv. iur. civ. Prolegom. Cap. II. §. 3. hart-
leben m
editat. ad Pand. Spec. XIV. med.
2. und D. was-
muth
in Diss. de privilegiorum natura Cap. I.
§. 14.
41) Es lässet sich allerdings auch von den Privilegien behaupten:
optima privilegiorum interpres est consuetudo, was calli-
stratus
L. 37. D. de LL.
von den Gesetzen überhaupt sagt.
S. mevius P. V. Decis. 182. n. 7. Pütters Rechtsfälle
a. a. O. [v]. 24. 25.

1. Buch. 4. Tit.
le Javolens von eigentlichen Privilegien zu verſtehen
ſey. Denn nicht ohne Grund erklaͤrt ſie Thomaſius 39)
blos von denen Rechtswohlthaten, die man iura ſingula-
ria
zu nennen pflegt. Viel richtiger iſt daher die Meinung
derjenigen Rechtsgelehrten 40), welche behaupten, daß ein
Privilegium, auch ſelbſt wenn es blos die Rechte des Re-
genten angehet, und nur ihm allein zum Praͤjudiz gerei-
chet, dennoch nicht immer deshalb extenſive erklaͤret wer-
den duͤrfe, ſondern der Sinn deſſelben theils aus der
Qualitaͤt der Perſon, welcher ſolches ertheilet worden,
theils aus der Beſchaffenheit des Objects, theils aus dem
bisherigen Gebrauch und Herkommen 41), theils aber auch
hauptſaͤchlich aus dem Zweck und Abſicht des Regenten,
der das Privilegium ertheilet hat, und ſolchemnach bald
reſtrictive bald extenſive zu beſtimmen ſey. So z. B.

kann
39) In Diſſ. de interpretatione beneficiorum principis §. 11. Man
denke z. B. an das, was Ulpian L. 2. §. 1. D. ad SCtum
Vellejan.
ſagt: hoc Senatusconſulto pleniſſime ſeminis omni-
bus ſubventum eſſe.
Es fehlt auch nicht an Beyſpielen, wo
die roͤmiſchen Rechtsgelehrten dergleichen beſondere Rechte in
aͤhnlichen Faͤllen zur Anwendung gebracht haben. Man ver-
gleiche z. B. L. 20. u. 21. D. de re iudic. Mehrere Bey-
ſpiele hat Fr. Car. conradi in Diſſ. de iure ſingulari §. XII.
geſammlet.
40) Chriſt. thomasius in der angefuͤhrten Diſſ. Struben
in den rechtlichen Bedenken IV. Th. S. 15. Hr. G. J. R.
Walch Controv. iur. civ. Prolegom. Cap. II. §. 3. hart-
leben m
editat. ad Pand. Spec. XIV. med.
2. und D. was-
muth
in Diſſ. de privilegiorum natura Cap. I.
§. 14.
41) Es laͤſſet ſich allerdings auch von den Privilegien behaupten:
optima privilegiorum interpres eſt conſuetudo, was calli-
stratus
L. 37. D. de LL.
von den Geſetzen uͤberhaupt ſagt.
S. mevius P. V. Deciſ. 182. n. 7. Puͤtters Rechtsfaͤlle
a. a. O. [v]. 24. 25.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0568" n="548"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">1. Buch. 4. Tit.</hi></fw><lb/>
le <hi rendition="#g">Javolens</hi> von eigentlichen Privilegien zu ver&#x017F;tehen<lb/>
&#x017F;ey. Denn nicht ohne Grund erkla&#x0364;rt &#x017F;ie <hi rendition="#g">Thoma&#x017F;ius</hi> <note place="foot" n="39)"><hi rendition="#aq">In Di&#x017F;&#x017F;. de interpretatione beneficiorum principis</hi> §. 11. Man<lb/>
denke z. B. an das, was <hi rendition="#g">Ulpian</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 2. <hi rendition="#i">§.</hi> 1. <hi rendition="#i">D. ad SCtum<lb/>
Vellejan.</hi></hi> &#x017F;agt: <hi rendition="#aq">hoc Senatuscon&#x017F;ulto <hi rendition="#i">pleni&#x017F;&#x017F;ime</hi> &#x017F;eminis omni-<lb/>
bus &#x017F;ubventum e&#x017F;&#x017F;e.</hi> Es fehlt auch nicht an Bey&#x017F;pielen, wo<lb/>
die ro&#x0364;mi&#x017F;chen Rechtsgelehrten dergleichen be&#x017F;ondere Rechte in<lb/>
a&#x0364;hnlichen Fa&#x0364;llen zur Anwendung gebracht haben. Man ver-<lb/>
gleiche z. B. <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">L.</hi></hi> 20. u. 21. <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">D. de re iudic.</hi></hi> Mehrere Bey-<lb/>
&#x017F;piele hat <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Fr. Car.</hi><hi rendition="#k">conradi</hi> in Di&#x017F;&#x017F;. de iure &#x017F;ingulari §. XII.</hi><lb/>
ge&#x017F;ammlet.</note><lb/>
blos von denen Rechtswohlthaten, die man <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">iura &#x017F;ingula-<lb/>
ria</hi></hi> zu nennen pflegt. Viel richtiger i&#x017F;t daher die Meinung<lb/>
derjenigen Rechtsgelehrten <note place="foot" n="40)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Chri&#x017F;t.</hi><hi rendition="#k">thomasius</hi></hi> in der angefu&#x0364;hrten <hi rendition="#aq">Di&#x017F;&#x017F;.</hi> <hi rendition="#g">Struben</hi><lb/>
in den rechtlichen Bedenken <hi rendition="#aq">IV.</hi> Th. S. 15. Hr. G. J. R.<lb/><hi rendition="#g">Walch</hi> <hi rendition="#aq">Controv. iur. civ. Prolegom. Cap. II. §. 3. <hi rendition="#k">hart-<lb/>
leben m</hi>editat. ad Pand. Spec. XIV. med.</hi> 2. und <hi rendition="#aq">D. <hi rendition="#k">was-<lb/>
muth</hi> in Di&#x017F;&#x017F;. de privilegiorum natura Cap. I.</hi> §. 14.</note>, welche behaupten, daß ein<lb/>
Privilegium, auch &#x017F;elb&#x017F;t wenn es blos die Rechte des Re-<lb/>
genten angehet, und nur ihm allein zum Pra&#x0364;judiz gerei-<lb/>
chet, dennoch nicht immer deshalb <hi rendition="#aq">exten&#x017F;ive</hi> erkla&#x0364;ret wer-<lb/>
den du&#x0364;rfe, &#x017F;ondern der Sinn de&#x017F;&#x017F;elben theils aus der<lb/>
Qualita&#x0364;t der Per&#x017F;on, welcher &#x017F;olches ertheilet worden,<lb/>
theils aus der Be&#x017F;chaffenheit des Objects, theils aus dem<lb/>
bisherigen Gebrauch und Herkommen <note place="foot" n="41)">Es la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et &#x017F;ich allerdings auch von den Privilegien behaupten:<lb/><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">optima privilegiorum interpres e&#x017F;t con&#x017F;uetudo,</hi></hi> was <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">calli-<lb/>
stratus</hi> L. 37. D. de LL.</hi> von den Ge&#x017F;etzen u&#x0364;berhaupt &#x017F;agt.<lb/>
S. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">mevius</hi> P. V. Deci&#x017F;. 182. n.</hi> 7. <hi rendition="#g">Pu&#x0364;tters</hi> Rechtsfa&#x0364;lle<lb/>
a. a. O. <supplied>v</supplied>. 24. 25.</note>, theils aber auch<lb/>
haupt&#x017F;a&#x0364;chlich aus dem Zweck und Ab&#x017F;icht des Regenten,<lb/>
der das Privilegium ertheilet hat, und &#x017F;olchemnach bald<lb/><hi rendition="#aq">re&#x017F;trictive</hi> bald <hi rendition="#aq">exten&#x017F;ive</hi> zu be&#x017F;timmen &#x017F;ey. So z. B.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">kann</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[548/0568] 1. Buch. 4. Tit. le Javolens von eigentlichen Privilegien zu verſtehen ſey. Denn nicht ohne Grund erklaͤrt ſie Thomaſius 39) blos von denen Rechtswohlthaten, die man iura ſingula- ria zu nennen pflegt. Viel richtiger iſt daher die Meinung derjenigen Rechtsgelehrten 40), welche behaupten, daß ein Privilegium, auch ſelbſt wenn es blos die Rechte des Re- genten angehet, und nur ihm allein zum Praͤjudiz gerei- chet, dennoch nicht immer deshalb extenſive erklaͤret wer- den duͤrfe, ſondern der Sinn deſſelben theils aus der Qualitaͤt der Perſon, welcher ſolches ertheilet worden, theils aus der Beſchaffenheit des Objects, theils aus dem bisherigen Gebrauch und Herkommen 41), theils aber auch hauptſaͤchlich aus dem Zweck und Abſicht des Regenten, der das Privilegium ertheilet hat, und ſolchemnach bald reſtrictive bald extenſive zu beſtimmen ſey. So z. B. kann 39) In Diſſ. de interpretatione beneficiorum principis §. 11. Man denke z. B. an das, was Ulpian L. 2. §. 1. D. ad SCtum Vellejan. ſagt: hoc Senatusconſulto pleniſſime ſeminis omni- bus ſubventum eſſe. Es fehlt auch nicht an Beyſpielen, wo die roͤmiſchen Rechtsgelehrten dergleichen beſondere Rechte in aͤhnlichen Faͤllen zur Anwendung gebracht haben. Man ver- gleiche z. B. L. 20. u. 21. D. de re iudic. Mehrere Bey- ſpiele hat Fr. Car. conradi in Diſſ. de iure ſingulari §. XII. geſammlet. 40) Chriſt. thomasius in der angefuͤhrten Diſſ. Struben in den rechtlichen Bedenken IV. Th. S. 15. Hr. G. J. R. Walch Controv. iur. civ. Prolegom. Cap. II. §. 3. hart- leben meditat. ad Pand. Spec. XIV. med. 2. und D. was- muth in Diſſ. de privilegiorum natura Cap. I. §. 14. 41) Es laͤſſet ſich allerdings auch von den Privilegien behaupten: optima privilegiorum interpres eſt conſuetudo, was calli- stratus L. 37. D. de LL. von den Geſetzen uͤberhaupt ſagt. S. mevius P. V. Deciſ. 182. n. 7. Puͤtters Rechtsfaͤlle a. a. O. v. 24. 25.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/568
Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 548. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/568>, abgerufen am 14.10.2024.