Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.1. Buch. 4. Tit. dert, und in der L. 12. Cod. de LL. et Constitut. beyden,denen Decreten wie den Rescripten, ein allgemei- nes gesetzliches Ansehen beygelegt. Ich will nur einige Stellen aus dieser Verordnung Justinians excerpiren. Gleich Anfangs heißt es: Si imperialis maiestas causam cognitionaliter examinaverit, et partibus cominus constitutis sententiam dixerit: omnes omnino iudi- ces, qui sub nostro imperio sunt, sciant, hanc esse legem non solum illi causae, pro qua producta est, sed et omnibus similibus. Quid enim maius, quid sanctius Imperiali est maiestate? vel quis tantae su- perbiae fastidio tumidus est, ut regalem sensum con- temnat: cum et veteris iuris conditores constitutio- nes, quae ex imperiali decreto processerunt, legis vim obtinere, aperte dilucideque definiant? 69) Hier ist nun zwar blos die Rede von den kaiserlichen Decre- ten, allein daß Justinians Intention sich auch auf die Rescripte gleichermaßen erstrecke, ergiebt sich aus den nachfolgenden Worten. Definimus autem, omnem Im- peratorum legum interpretationem, sive in precibus, sive in iudiciis, sive alio quocunque modo factam, ratam es auch gleich nur an einem derselben gerichtet worden. Eine solche Anfrage würde höchst lächerlich gewesen seyn, wenn damalen die kaiserlichen Rescripte schon an sich ein gemeines Recht gemacht hätten. 69) Diese Worte lassen sich mit denen oben angeführten Grün-
den nicht zusammen reimen. Allein man wundere sich dar- über nicht. Es ist nichts neues, daß Justinian zur Rechtfer- tigung und Empfehlung seiner Rechtsänderungen sich derglei- chen Fictionen erlaubt habe. Beyspiele haben Ant. contius Lection. subcesivar. Lib. I. c. 9. Hieron. de oroz de Apicib. iur. civil. Lib. V. cap. VII. n. 3. 4. u. folgg. und Hr. Dir. zepernick a. a. O. §. XXI. S. 400. nach Siccama, ge- sammlet. 1. Buch. 4. Tit. dert, und in der L. 12. Cod. de LL. et Conſtitut. beyden,denen Decreten wie den Reſcripten, ein allgemei- nes geſetzliches Anſehen beygelegt. Ich will nur einige Stellen aus dieſer Verordnung Juſtinians excerpiren. Gleich Anfangs heißt es: Si imperialis maieſtas cauſam cognitionaliter examinaverit, et partibus cominus conſtitutis ſententiam dixerit: omnes omnino iudi- ces, qui ſub noſtro imperio ſunt, ſciant, hanc eſſe legem non ſolum illi cauſae, pro qua producta eſt, ſed et omnibus ſimilibus. Quid enim maius, quid ſanctius Imperiali eſt maieſtate? vel quis tantae ſu- perbiae faſtidio tumidus eſt, ut regalem ſenſum con- temnat: cum et veteris iuris conditores conſtitutio- nes, quae ex imperiali decreto proceſſerunt, legis vim obtinere, aperte dilucideque definiant? 69) Hier iſt nun zwar blos die Rede von den kaiſerlichen Decre- ten, allein daß Juſtinians Intention ſich auch auf die Reſcripte gleichermaßen erſtrecke, ergiebt ſich aus den nachfolgenden Worten. Definimus autem, omnem Im- peratorum legum interpretationem, ſive in precibus, ſive in iudiciis, ſive alio quocunque modo factam, ratam es auch gleich nur an einem derſelben gerichtet worden. Eine ſolche Anfrage wuͤrde hoͤchſt laͤcherlich geweſen ſeyn, wenn damalen die kaiſerlichen Reſcripte ſchon an ſich ein gemeines Recht gemacht haͤtten. 69) Dieſe Worte laſſen ſich mit denen oben angefuͤhrten Gruͤn-
den nicht zuſammen reimen. Allein man wundere ſich dar- uͤber nicht. Es iſt nichts neues, daß Juſtinian zur Rechtfer- tigung und Empfehlung ſeiner Rechtsaͤnderungen ſich derglei- chen Fictionen erlaubt habe. Beyſpiele haben Ant. contius Lection. ſubceſivar. Lib. I. c. 9. Hieron. de oroz de Apicib. iur. civil. Lib. V. cap. VII. n. 3. 4. u. folgg. und Hr. Dir. zepernick a. a. O. §. XXI. S. 400. nach Siccama, ge- ſammlet. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0540" n="520"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">1. Buch. 4. Tit.</hi></fw><lb/> dert, und in der <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">L.</hi></hi> 12. <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Cod. de LL. et Conſtitut.</hi></hi> beyden,<lb/> denen <hi rendition="#g">Decreten</hi> wie den <hi rendition="#g">Reſcripten</hi>, ein allgemei-<lb/> nes geſetzliches Anſehen beygelegt. Ich will nur einige<lb/> Stellen aus dieſer Verordnung Juſtinians excerpiren.<lb/> Gleich Anfangs heißt es: <hi rendition="#aq">Si imperialis maieſtas cauſam<lb/> cognitionaliter examinaverit, et partibus cominus<lb/> conſtitutis ſententiam dixerit: omnes omnino iudi-<lb/> ces, qui ſub noſtro imperio ſunt, ſciant, hanc eſſe<lb/> legem non ſolum illi cauſae, pro qua producta eſt,<lb/> ſed et omnibus ſimilibus. Quid enim maius, quid<lb/> ſanctius Imperiali eſt maieſtate? vel quis tantae ſu-<lb/> perbiae faſtidio tumidus eſt, ut regalem ſenſum con-<lb/> temnat: cum et veteris iuris conditores conſtitutio-<lb/> nes, quae ex imperiali decreto proceſſerunt, legis<lb/> vim obtinere, aperte dilucideque definiant?</hi> <note place="foot" n="69)">Dieſe Worte laſſen ſich mit denen oben angefuͤhrten Gruͤn-<lb/> den nicht zuſammen reimen. Allein man wundere ſich dar-<lb/> uͤber nicht. Es iſt nichts neues, daß Juſtinian zur Rechtfer-<lb/> tigung und Empfehlung ſeiner Rechtsaͤnderungen ſich derglei-<lb/> chen Fictionen erlaubt habe. Beyſpiele haben <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Ant</hi>. <hi rendition="#k">contius</hi><lb/> Lection. ſubceſivar. Lib. I. c. 9. <hi rendition="#i">Hieron. de</hi> <hi rendition="#k">oroz</hi> de Apicib.<lb/> iur. civil. Lib. V. cap. VII. n.</hi> 3. 4. u. folgg. und Hr. Dir.<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">zepernick</hi></hi> a. a. O. §. <hi rendition="#aq">XXI.</hi> S. 400. nach <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Siccama,</hi></hi> ge-<lb/> ſammlet.</note> Hier<lb/> iſt nun zwar blos die Rede von den kaiſerlichen <hi rendition="#g">Decre-<lb/> ten</hi>, allein daß Juſtinians Intention ſich auch auf die<lb/><hi rendition="#g">Reſcripte</hi> gleichermaßen erſtrecke, ergiebt ſich aus den<lb/> nachfolgenden Worten. <hi rendition="#aq">Definimus autem, omnem Im-<lb/> peratorum legum interpretationem, ſive in <hi rendition="#i">precibus</hi>,<lb/> ſive in iudiciis, ſive alio quocunque modo factam,</hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">ratam</hi></fw><lb/><note xml:id="seg2pn_84_2" prev="#seg2pn_84_1" place="foot" n="68)">es auch gleich nur an einem derſelben gerichtet worden. Eine<lb/> ſolche Anfrage wuͤrde hoͤchſt laͤcherlich geweſen ſeyn, wenn<lb/> damalen die kaiſerlichen Reſcripte ſchon an ſich ein gemeines<lb/> Recht gemacht haͤtten.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [520/0540]
1. Buch. 4. Tit.
dert, und in der L. 12. Cod. de LL. et Conſtitut. beyden,
denen Decreten wie den Reſcripten, ein allgemei-
nes geſetzliches Anſehen beygelegt. Ich will nur einige
Stellen aus dieſer Verordnung Juſtinians excerpiren.
Gleich Anfangs heißt es: Si imperialis maieſtas cauſam
cognitionaliter examinaverit, et partibus cominus
conſtitutis ſententiam dixerit: omnes omnino iudi-
ces, qui ſub noſtro imperio ſunt, ſciant, hanc eſſe
legem non ſolum illi cauſae, pro qua producta eſt,
ſed et omnibus ſimilibus. Quid enim maius, quid
ſanctius Imperiali eſt maieſtate? vel quis tantae ſu-
perbiae faſtidio tumidus eſt, ut regalem ſenſum con-
temnat: cum et veteris iuris conditores conſtitutio-
nes, quae ex imperiali decreto proceſſerunt, legis
vim obtinere, aperte dilucideque definiant? 69) Hier
iſt nun zwar blos die Rede von den kaiſerlichen Decre-
ten, allein daß Juſtinians Intention ſich auch auf die
Reſcripte gleichermaßen erſtrecke, ergiebt ſich aus den
nachfolgenden Worten. Definimus autem, omnem Im-
peratorum legum interpretationem, ſive in precibus,
ſive in iudiciis, ſive alio quocunque modo factam,
ratam
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69) Dieſe Worte laſſen ſich mit denen oben angefuͤhrten Gruͤn-
den nicht zuſammen reimen. Allein man wundere ſich dar-
uͤber nicht. Es iſt nichts neues, daß Juſtinian zur Rechtfer-
tigung und Empfehlung ſeiner Rechtsaͤnderungen ſich derglei-
chen Fictionen erlaubt habe. Beyſpiele haben Ant. contius
Lection. ſubceſivar. Lib. I. c. 9. Hieron. de oroz de Apicib.
iur. civil. Lib. V. cap. VII. n. 3. 4. u. folgg. und Hr. Dir.
zepernick a. a. O. §. XXI. S. 400. nach Siccama, ge-
ſammlet.
68) es auch gleich nur an einem derſelben gerichtet worden. Eine
ſolche Anfrage wuͤrde hoͤchſt laͤcherlich geweſen ſeyn, wenn
damalen die kaiſerlichen Reſcripte ſchon an ſich ein gemeines
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