Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.

Bild:
<< vorherige Seite

de Origine Iuris.
fremden Rechte sind nur als Hülfsrechte in Teutschland
angenommen (Aut. §. 79.), und müssen also denen teut-
schen Gesetzen weichen, wenn sie durch dieselben abge-
ändert worden sind. So z. B. gehen in Vormund-
schaftssachen, desgleichen in der Materie von Zinsen
die Reichsgesetze von dem römischen Recht ganz ab.
Es kommt also hierin heut zu Tage auf die Vor-
schriften der gemeinen Reichsgesetze hauptsächlich an.
Eben so ist es, wenn z. E. ein Stadtgesez deutlich be-
sagt, ein Erblasser sey nicht gehalten, seinen Geschwi-
stern etwas zu vermachen 69); der Richter kann hier
nicht die Ausnahme hinzu denken, wenn eine ehrlose
Persohn zum Erben eingesezt, und den Geschwistern vor-
gezogen worden 70).

2) Wenn hingegen eine Verordnung in
denen teutschen Reichs- oder particularen
Landesgesetzen aus dem fremden Rechte her-
fließt, und diese unvollständig, oder dunkel
und zweifelhaft, in dem fremden Rechte aber
weit deutlicher bestimmt ist, so ist sie aus
diesem allein füglich zu erklären, in so weit
nehmlich das einheimische Gesez mit dem
fremden Rechte einstimmig ist
71). Denn jedes
Gesez muß aus seiner Quelle erkläret werden. Wenn
demnach z. B. ein Reichs- oder Landesgesez von Te-

stamen-
69) Nürnberg. Reformation Tit. XXIX. n. 8.
70) Anderer Meinung sind zwar Struben in Nebenstunden
V. Th. 32. Abh. §. 12. und Io. Mich. Frid. lochner in
Select. iuris universi,
oder Sammlung verschiedener in
die Rechtsgelehrsamkeit gehöriger Materien und Fälle. II.
Stück. N. I. S. 146. Allein man sehe vorzüglich Ge.
Christ. Alb
. spies Diss. de cauta germanicorum mixti
generis statutorum interpretatione. Altorf. 1764. §. VIIII.
71) S. Christ. Gottl. riccius von Stadtgesetzen oder Sta-
tutis. II.
Buch. XI. Hauptst. §. 12. S. 447. und folgg.

de Origine Iuris.
fremden Rechte ſind nur als Huͤlfsrechte in Teutſchland
angenommen (Aut. §. 79.), und muͤſſen alſo denen teut-
ſchen Geſetzen weichen, wenn ſie durch dieſelben abge-
aͤndert worden ſind. So z. B. gehen in Vormund-
ſchaftsſachen, desgleichen in der Materie von Zinſen
die Reichsgeſetze von dem roͤmiſchen Recht ganz ab.
Es kommt alſo hierin heut zu Tage auf die Vor-
ſchriften der gemeinen Reichsgeſetze hauptſaͤchlich an.
Eben ſo iſt es, wenn z. E. ein Stadtgeſez deutlich be-
ſagt, ein Erblaſſer ſey nicht gehalten, ſeinen Geſchwi-
ſtern etwas zu vermachen 69); der Richter kann hier
nicht die Ausnahme hinzu denken, wenn eine ehrloſe
Perſohn zum Erben eingeſezt, und den Geſchwiſtern vor-
gezogen worden 70).

2) Wenn hingegen eine Verordnung in
denen teutſchen Reichs- oder particularen
Landesgeſetzen aus dem fremden Rechte her-
fließt, und dieſe unvollſtaͤndig, oder dunkel
und zweifelhaft, in dem fremden Rechte aber
weit deutlicher beſtimmt iſt, ſo iſt ſie aus
dieſem allein fuͤglich zu erklaͤren, in ſo weit
nehmlich das einheimiſche Geſez mit dem
fremden Rechte einſtimmig iſt
71). Denn jedes
Geſez muß aus ſeiner Quelle erklaͤret werden. Wenn
demnach z. B. ein Reichs- oder Landesgeſez von Te-

ſtamen-
69) Nuͤrnberg. Reformation Tit. XXIX. n. 8.
70) Anderer Meinung ſind zwar Struben in Nebenſtunden
V. Th. 32. Abh. §. 12. und Io. Mich. Frid. lochner in
Select. iuris univerſi,
oder Sammlung verſchiedener in
die Rechtsgelehrſamkeit gehoͤriger Materien und Faͤlle. II.
Stuͤck. N. I. S. 146. Allein man ſehe vorzuͤglich Ge.
Chriſt. Alb
. spies Diſſ. de cauta germanicorum mixti
generis ſtatutorum interpretatione. Altorf. 1764. §. VIIII.
71) S. Chriſt. Gottl. riccius von Stadtgeſetzen oder Sta-
tutis. II.
Buch. XI. Hauptſt. §. 12. S. 447. und folgg.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0401" n="381"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">de Origine Iuris.</hi></fw><lb/>
fremden Rechte &#x017F;ind nur als Hu&#x0364;lfsrechte in Teut&#x017F;chland<lb/>
angenommen (Aut. §. 79.), und mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en al&#x017F;o denen teut-<lb/>
&#x017F;chen Ge&#x017F;etzen weichen, wenn &#x017F;ie durch die&#x017F;elben abge-<lb/>
a&#x0364;ndert worden &#x017F;ind. So z. B. gehen in Vormund-<lb/>
&#x017F;chafts&#x017F;achen, desgleichen in der Materie von Zin&#x017F;en<lb/>
die Reichsge&#x017F;etze von dem ro&#x0364;mi&#x017F;chen Recht ganz ab.<lb/>
Es kommt al&#x017F;o hierin heut zu Tage auf die Vor-<lb/>
&#x017F;chriften der gemeinen Reichsge&#x017F;etze haupt&#x017F;a&#x0364;chlich an.<lb/>
Eben &#x017F;o i&#x017F;t es, wenn z. E. ein Stadtge&#x017F;ez deutlich be-<lb/>
&#x017F;agt, ein Erbla&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ey nicht gehalten, &#x017F;einen Ge&#x017F;chwi-<lb/>
&#x017F;tern etwas zu vermachen <note place="foot" n="69)"><hi rendition="#fr">Nu&#x0364;rnberg. Reformation</hi><hi rendition="#aq">Tit. XXIX. n.</hi> 8.</note>; der Richter kann hier<lb/>
nicht die Ausnahme hinzu denken, wenn eine ehrlo&#x017F;e<lb/>
Per&#x017F;ohn zum Erben einge&#x017F;ezt, und den Ge&#x017F;chwi&#x017F;tern vor-<lb/>
gezogen worden <note place="foot" n="70)">Anderer Meinung &#x017F;ind zwar <hi rendition="#fr">Struben</hi> in Neben&#x017F;tunden<lb/><hi rendition="#aq">V.</hi> Th. 32. Abh. §. 12. und <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Io. Mich. Frid</hi>. <hi rendition="#k">lochner</hi> in<lb/>
Select. iuris univer&#x017F;i,</hi> oder Sammlung ver&#x017F;chiedener in<lb/>
die Rechtsgelehr&#x017F;amkeit geho&#x0364;riger Materien und Fa&#x0364;lle. <hi rendition="#aq">II.</hi><lb/>
Stu&#x0364;ck. <hi rendition="#aq">N. I.</hi> S. 146. Allein man &#x017F;ehe vorzu&#x0364;glich <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Ge.<lb/>
Chri&#x017F;t. Alb</hi>. <hi rendition="#k">spies</hi> Di&#x017F;&#x017F;. de cauta germanicorum mixti<lb/>
generis &#x017F;tatutorum interpretatione. Altorf. 1764. §. VIIII.</hi></note>.</p><lb/>
              <p>2) <hi rendition="#g">Wenn hingegen eine Verordnung in<lb/>
denen teut&#x017F;chen Reichs- oder particularen<lb/>
Landesge&#x017F;etzen aus dem fremden Rechte her-<lb/>
fließt, und die&#x017F;e unvoll&#x017F;ta&#x0364;ndig, oder dunkel<lb/>
und zweifelhaft, in dem fremden Rechte aber<lb/>
weit deutlicher be&#x017F;timmt i&#x017F;t, &#x017F;o i&#x017F;t &#x017F;ie aus<lb/>
die&#x017F;em allein fu&#x0364;glich zu erkla&#x0364;ren, in &#x017F;o weit<lb/>
nehmlich das einheimi&#x017F;che Ge&#x017F;ez mit dem<lb/>
fremden Rechte ein&#x017F;timmig i&#x017F;t</hi> <note place="foot" n="71)">S. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Chri&#x017F;t. Gottl</hi>. <hi rendition="#k">riccius</hi></hi> von Stadtge&#x017F;etzen oder <hi rendition="#aq">Sta-<lb/>
tutis. II.</hi> Buch. <hi rendition="#aq">XI.</hi> Haupt&#x017F;t. §. 12. S. 447. und folgg.</note>. Denn jedes<lb/>
Ge&#x017F;ez muß aus &#x017F;einer Quelle erkla&#x0364;ret werden. Wenn<lb/>
demnach z. B. ein Reichs- oder Landesge&#x017F;ez von <hi rendition="#g">Te-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#g">&#x017F;tamen-</hi></fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[381/0401] de Origine Iuris. fremden Rechte ſind nur als Huͤlfsrechte in Teutſchland angenommen (Aut. §. 79.), und muͤſſen alſo denen teut- ſchen Geſetzen weichen, wenn ſie durch dieſelben abge- aͤndert worden ſind. So z. B. gehen in Vormund- ſchaftsſachen, desgleichen in der Materie von Zinſen die Reichsgeſetze von dem roͤmiſchen Recht ganz ab. Es kommt alſo hierin heut zu Tage auf die Vor- ſchriften der gemeinen Reichsgeſetze hauptſaͤchlich an. Eben ſo iſt es, wenn z. E. ein Stadtgeſez deutlich be- ſagt, ein Erblaſſer ſey nicht gehalten, ſeinen Geſchwi- ſtern etwas zu vermachen 69); der Richter kann hier nicht die Ausnahme hinzu denken, wenn eine ehrloſe Perſohn zum Erben eingeſezt, und den Geſchwiſtern vor- gezogen worden 70). 2) Wenn hingegen eine Verordnung in denen teutſchen Reichs- oder particularen Landesgeſetzen aus dem fremden Rechte her- fließt, und dieſe unvollſtaͤndig, oder dunkel und zweifelhaft, in dem fremden Rechte aber weit deutlicher beſtimmt iſt, ſo iſt ſie aus dieſem allein fuͤglich zu erklaͤren, in ſo weit nehmlich das einheimiſche Geſez mit dem fremden Rechte einſtimmig iſt 71). Denn jedes Geſez muß aus ſeiner Quelle erklaͤret werden. Wenn demnach z. B. ein Reichs- oder Landesgeſez von Te- ſtamen- 69) Nuͤrnberg. Reformation Tit. XXIX. n. 8. 70) Anderer Meinung ſind zwar Struben in Nebenſtunden V. Th. 32. Abh. §. 12. und Io. Mich. Frid. lochner in Select. iuris univerſi, oder Sammlung verſchiedener in die Rechtsgelehrſamkeit gehoͤriger Materien und Faͤlle. II. Stuͤck. N. I. S. 146. Allein man ſehe vorzuͤglich Ge. Chriſt. Alb. spies Diſſ. de cauta germanicorum mixti generis ſtatutorum interpretatione. Altorf. 1764. §. VIIII. 71) S. Chriſt. Gottl. riccius von Stadtgeſetzen oder Sta- tutis. II. Buch. XI. Hauptſt. §. 12. S. 447. und folgg.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/401
Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/401>, abgerufen am 24.11.2024.