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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.

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de Origine Iuris.
Reichsgesetzen theils ausdrücklich und nahmentlich 48),
theils stillschweigend unter dem allgemeinen Ausdruck der
gemeinen Rechte bestättiget worden 49), ist eine
Wahrheit, die wohl billig zu denen völlig ausgemach-
ten und daher ganz unbestrittenen gehört; so wie es
denn überhaupt auch eben so bekannt und ohne Zweifel
ist, daß sich das päbstliche Recht noch nach der Refor-
mation selbst unter den Protestanten im beständigen
Werthe und Ansehen erhalten habe, so sehr sich auch
Luther bemühete, dasselbe aus den evangelischen Gerich-
ten gänzlich zu verdrengen und auszurotten 50). Al-
lein wenn die Frage ist, wieweit das canonische
Recht in den teutschen, und besonders evan-
gelischen Gerichten gelte, oder nicht gelte
,
so finden wir hierin eine grosse Verschiedenheit in den Mei-
nungen der Rechtsgelehrten, indem einige den Gebrauch
des canonischen Rechts blos auf einzelne Materien ein-
schränken, andere hingegen denselben durch gewisse Re-
geln zu bestimmen suchen. Um mich jedoch hierauf nicht
einlassen zu dürfen, will ich mich der Kürze wegen nur
auf die unten angeführten 51) Schriften beziehen, wor-

in
48) Reichshofraths-Ordnung Tit. 7. §. 24.
49) Kaiserl. Cammergerichts-Ordnung Th. I. Tit. 71.
Neuester Reichsabschied §. 105.
50) Die Gründe, warum die gänzliche Abschaffung des ca-
nonischen und päbstlichen Rechts bey der Reformation
nicht möglich gewesen, habe ich in meinen angeführten
Praecognitis S. 332. und folgenden entwickelt.
51) Ich will unter denen hierher gehörigen genugsam bekann-
ten Schriften vorzüglich des seel. Canzlers Just. Henning
Böhmers beyde Abhandlungen 1) de praxi iuris ca-
nonici in terris protestantium
Halae 1712. 2)
de media via in studio et applicatione iuris
canonici inter Protestantes tenenda
,
in eius
Exer-
A a 3

de Origine Iuris.
Reichsgeſetzen theils ausdruͤcklich und nahmentlich 48),
theils ſtillſchweigend unter dem allgemeinen Ausdruck der
gemeinen Rechte beſtaͤttiget worden 49), iſt eine
Wahrheit, die wohl billig zu denen voͤllig ausgemach-
ten und daher ganz unbeſtrittenen gehoͤrt; ſo wie es
denn uͤberhaupt auch eben ſo bekannt und ohne Zweifel
iſt, daß ſich das paͤbſtliche Recht noch nach der Refor-
mation ſelbſt unter den Proteſtanten im beſtaͤndigen
Werthe und Anſehen erhalten habe, ſo ſehr ſich auch
Luther bemuͤhete, daſſelbe aus den evangeliſchen Gerich-
ten gaͤnzlich zu verdrengen und auszurotten 50). Al-
lein wenn die Frage iſt, wieweit das canoniſche
Recht in den teutſchen, und beſonders evan-
geliſchen Gerichten gelte, oder nicht gelte
,
ſo finden wir hierin eine groſſe Verſchiedenheit in den Mei-
nungen der Rechtsgelehrten, indem einige den Gebrauch
des canoniſchen Rechts blos auf einzelne Materien ein-
ſchraͤnken, andere hingegen denſelben durch gewiſſe Re-
geln zu beſtimmen ſuchen. Um mich jedoch hierauf nicht
einlaſſen zu duͤrfen, will ich mich der Kuͤrze wegen nur
auf die unten angefuͤhrten 51) Schriften beziehen, wor-

in
48) Reichshofraths-Ordnung Tit. 7. §. 24.
49) Kaiſerl. Cammergerichts-Ordnung Th. I. Tit. 71.
Neueſter Reichsabſchied §. 105.
50) Die Gruͤnde, warum die gaͤnzliche Abſchaffung des ca-
noniſchen und paͤbſtlichen Rechts bey der Reformation
nicht moͤglich geweſen, habe ich in meinen angefuͤhrten
Praecognitis S. 332. und folgenden entwickelt.
51) Ich will unter denen hierher gehoͤrigen genugſam bekann-
ten Schriften vorzuͤglich des ſeel. Canzlers Juſt. Henning
Boͤhmers beyde Abhandlungen 1) de praxi iuris ca-
nonici in terris proteſtantium
Halae 1712. 2)
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canonici inter Proteſtantes tenenda
,
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Exer-
A a 3
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[371/0391] de Origine Iuris. Reichsgeſetzen theils ausdruͤcklich und nahmentlich 48), theils ſtillſchweigend unter dem allgemeinen Ausdruck der gemeinen Rechte beſtaͤttiget worden 49), iſt eine Wahrheit, die wohl billig zu denen voͤllig ausgemach- ten und daher ganz unbeſtrittenen gehoͤrt; ſo wie es denn uͤberhaupt auch eben ſo bekannt und ohne Zweifel iſt, daß ſich das paͤbſtliche Recht noch nach der Refor- mation ſelbſt unter den Proteſtanten im beſtaͤndigen Werthe und Anſehen erhalten habe, ſo ſehr ſich auch Luther bemuͤhete, daſſelbe aus den evangeliſchen Gerich- ten gaͤnzlich zu verdrengen und auszurotten 50). Al- lein wenn die Frage iſt, wieweit das canoniſche Recht in den teutſchen, und beſonders evan- geliſchen Gerichten gelte, oder nicht gelte, ſo finden wir hierin eine groſſe Verſchiedenheit in den Mei- nungen der Rechtsgelehrten, indem einige den Gebrauch des canoniſchen Rechts blos auf einzelne Materien ein- ſchraͤnken, andere hingegen denſelben durch gewiſſe Re- geln zu beſtimmen ſuchen. Um mich jedoch hierauf nicht einlaſſen zu duͤrfen, will ich mich der Kuͤrze wegen nur auf die unten angefuͤhrten 51) Schriften beziehen, wor- in 48) Reichshofraths-Ordnung Tit. 7. §. 24. 49) Kaiſerl. Cammergerichts-Ordnung Th. I. Tit. 71. Neueſter Reichsabſchied §. 105. 50) Die Gruͤnde, warum die gaͤnzliche Abſchaffung des ca- noniſchen und paͤbſtlichen Rechts bey der Reformation nicht moͤglich geweſen, habe ich in meinen angefuͤhrten Praecognitis S. 332. und folgenden entwickelt. 51) Ich will unter denen hierher gehoͤrigen genugſam bekann- ten Schriften vorzuͤglich des ſeel. Canzlers Juſt. Henning Boͤhmers beyde Abhandlungen 1) de praxi iuris ca- nonici in terris proteſtantium Halae 1712. 2) de media via in ſtudio et applicatione iuris canonici inter Proteſtantes tenenda, in eius Exer- A a 3

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/391>, abgerufen am 27.11.2024.