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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.

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1. Buch. 1. Tit.
Entscheidungen der Rechtsstühle, oder gemeine Meinun-
gen der Rechtsgelehrten, insofern sie denen unstreitig
geltenden Gesetzen entgegen sind, können aber eben so
wenig das Ansehen einer gerichtlichen Observanz be-
haupten, als den Richter verbinden, dasjenige, was
vormahls in ähnlichen Fällen erkannt worden, gleichfalls
auch noch jezt zu erkennen, gesezt auch daß noch so
lange auf solche Art gesprochen worden wäre 78). Denn
eines Theils sind Richter eben so wenig, als die Rechts-
gelehrten, Gesezgeber; und andern Theils wird der Rich-
ter, wenn er gegen die Praeiudicia seiner Vorfahren
spricht, sich immer mit der deutlichen Verordnung des
K. Justinians 79) decken können, welche die Richter
anweißt, nicht darnach zu sprechen, was hin und wie-
der in ähnlichen Fällen ist erkannt worden, sondern
jederzeit die Gesetze selbst zur Richtschnur zu nehmen.
Hieraus wird sich nun leicht beurtheilen lassen, was von
der Behauptung derjenigen zu halten sey, welche den
verliehrenden Theil von Erstattung der Proceßkosten be-
freyet wissen wollen, wenn derselbe die gemeine Meinung

der
78) Auser dem von Hellfeld Not. o. angeführten grieb-
ner
haben eben so geurtheilet reinharth select.
Observat. ad Christinaeum
Vol. I. Obs. 3. pufen-
dorf
Proc. civ. P. III. C
. 22. §. 16. Seyfarth im
teutschen Reichsproces
Cap. 23. §. 4. Quistorp
Grundsätze des peinlichen Rechts 1. Th. 1. Abschn.
1. Cap. §. 13. u. a. m.
79) L. 13. C. de Sent. et interlocut. iudic. Nemo iudex
vel arbiter existimet, neque consultationes, quas non
rite iudicatas esse putaverit, sequendum, non enim, si
quid non bene dirimatur, hoc et in aliorum iudicum
vitium extendi oportet, quum non exemplis, sed legibus
iudicandum sit;
neque etc. -- sed omnes iudices no-
stros veritatem, et legum et iustitiae sequi vestigia san-
cimus
.

1. Buch. 1. Tit.
Entſcheidungen der Rechtsſtuͤhle, oder gemeine Meinun-
gen der Rechtsgelehrten, inſofern ſie denen unſtreitig
geltenden Geſetzen entgegen ſind, koͤnnen aber eben ſo
wenig das Anſehen einer gerichtlichen Obſervanz be-
haupten, als den Richter verbinden, dasjenige, was
vormahls in aͤhnlichen Faͤllen erkannt worden, gleichfalls
auch noch jezt zu erkennen, geſezt auch daß noch ſo
lange auf ſolche Art geſprochen worden waͤre 78). Denn
eines Theils ſind Richter eben ſo wenig, als die Rechts-
gelehrten, Geſezgeber; und andern Theils wird der Rich-
ter, wenn er gegen die Praeiudicia ſeiner Vorfahren
ſpricht, ſich immer mit der deutlichen Verordnung des
K. Juſtinians 79) decken koͤnnen, welche die Richter
anweißt, nicht darnach zu ſprechen, was hin und wie-
der in aͤhnlichen Faͤllen iſt erkannt worden, ſondern
jederzeit die Geſetze ſelbſt zur Richtſchnur zu nehmen.
Hieraus wird ſich nun leicht beurtheilen laſſen, was von
der Behauptung derjenigen zu halten ſey, welche den
verliehrenden Theil von Erſtattung der Proceßkoſten be-
freyet wiſſen wollen, wenn derſelbe die gemeine Meinung

der
78) Auſer dem von Hellfeld Not. o. angefuͤhrten grieb-
ner
haben eben ſo geurtheilet reinharth ſelect.
Obſervat. ad Chriſtinaeum
Vol. I. Obſ. 3. pufen-
dorf
Proc. civ. P. III. C
. 22. §. 16. Seyfarth im
teutſchen Reichsproces
Cap. 23. §. 4. Quiſtorp
Grundſaͤtze des peinlichen Rechts 1. Th. 1. Abſchn.
1. Cap. §. 13. u. a. m.
79) L. 13. C. de Sent. et interlocut. iudic. Nemo iudex
vel arbiter exiſtimet, neque conſultationes, quas non
rite iudicatas eſſe putaverit, ſequendum, non enim, ſi
quid non bene dirimatur, hoc et in aliorum iudicum
vitium extendi oportet, quum non exemplis, ſed legibus
iudicandum ſit;
neque etc. — ſed omnes iudices no-
ſtros veritatem, et legum et iuſtitiae ſequi veſtigia ſan-
cimus
.
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[218/0238] 1. Buch. 1. Tit. Entſcheidungen der Rechtsſtuͤhle, oder gemeine Meinun- gen der Rechtsgelehrten, inſofern ſie denen unſtreitig geltenden Geſetzen entgegen ſind, koͤnnen aber eben ſo wenig das Anſehen einer gerichtlichen Obſervanz be- haupten, als den Richter verbinden, dasjenige, was vormahls in aͤhnlichen Faͤllen erkannt worden, gleichfalls auch noch jezt zu erkennen, geſezt auch daß noch ſo lange auf ſolche Art geſprochen worden waͤre 78). Denn eines Theils ſind Richter eben ſo wenig, als die Rechts- gelehrten, Geſezgeber; und andern Theils wird der Rich- ter, wenn er gegen die Praeiudicia ſeiner Vorfahren ſpricht, ſich immer mit der deutlichen Verordnung des K. Juſtinians 79) decken koͤnnen, welche die Richter anweißt, nicht darnach zu ſprechen, was hin und wie- der in aͤhnlichen Faͤllen iſt erkannt worden, ſondern jederzeit die Geſetze ſelbſt zur Richtſchnur zu nehmen. Hieraus wird ſich nun leicht beurtheilen laſſen, was von der Behauptung derjenigen zu halten ſey, welche den verliehrenden Theil von Erſtattung der Proceßkoſten be- freyet wiſſen wollen, wenn derſelbe die gemeine Meinung der 78) Auſer dem von Hellfeld Not. o. angefuͤhrten grieb- ner haben eben ſo geurtheilet reinharth ſelect. Obſervat. ad Chriſtinaeum Vol. I. Obſ. 3. pufen- dorf Proc. civ. P. III. C. 22. §. 16. Seyfarth im teutſchen Reichsproces Cap. 23. §. 4. Quiſtorp Grundſaͤtze des peinlichen Rechts 1. Th. 1. Abſchn. 1. Cap. §. 13. u. a. m. 79) L. 13. C. de Sent. et interlocut. iudic. Nemo iudex vel arbiter exiſtimet, neque conſultationes, quas non rite iudicatas eſſe putaverit, ſequendum, non enim, ſi quid non bene dirimatur, hoc et in aliorum iudicum vitium extendi oportet, quum non exemplis, ſed legibus iudicandum ſit; neque etc. — ſed omnes iudices no- ſtros veritatem, et legum et iuſtitiae ſequi veſtigia ſan- cimus.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/238>, abgerufen am 24.11.2024.