Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.1. Buch. 1. Tit. sey, so gelte die Entsagung nicht. Aus allem diesen er-hellet also so viel, daß man den sichersten Weg erwäh- let, wenn man die Zuläßigkeit der Entsagung in der Regel verneinet, und nur in so fern Ausnahmen davon aner- kennet, als die Rechte selbst solche in einzelnen Fällen bestättiget haben 86). So verbietet z. B. Justinian dem Mann schlechterdings alle Veräusserung des Braut- schatzes seiner Ehefrau, wenn solcher in liegenden Grün- den bestehet; auch wenn die Frau darinn consentiren wollte 87). Hätte hingegen die Frau die Alienation, welche mit ihrer Einwilligung geschehen, nach zwey Jah- ren genehmigt, und sie sich übrigens an den Gütern des Mannes erholen könnte, so kann sie die Veräusse- rung alsdann nicht weiter impugniren 88). Unter diesen Umständen erklärt also das Gesez selbst die Entsagung des zum Besten der Ehefrauen abzweckenden Veräusserungs- verbots für zulässig. Eben so kann auch eine Ehefrau nach Justinianischen Rechten in gewissen Fällen dem Vel- lejanischen Senatusconsulto gültig entsagen 89), welches man in Praxi noch weiter, wie wohl gegen die Absicht und den wahren Sinn der Gesezgeber, ausgedehnt hat 90). Was übrigens der Eid bey solcher Entsagung gegen die Vorschrift verbietender Gesetze wirke, wird in der Folge beym §. 341. gezeigt werden. Nur das einzige muß ich noch bemerken, daß auch schlechterdings gebietende Ge- setze ihrer Natur nach eben so wenig, als verbietende, durch 86) Eben so denkt Herr Prof. Weber in Entwikel. der Lehre von der natürlichen Verbindlichkeit. 2te Abth. §. 74. S. 301. 87) L. un. §. 15. C. de rei uxor. act. 88) Nov. 61. cap. I. §. 3. 89) Nov. 94. cap. 2. Nov. 118. cap. 5. 90) leyser. Medit. ad Pandect. Spec. 170. Qui-
storp in den Beyträgen 1. St. Nr. VIII. 1. Buch. 1. Tit. ſey, ſo gelte die Entſagung nicht. Aus allem dieſen er-hellet alſo ſo viel, daß man den ſicherſten Weg erwaͤh- let, wenn man die Zulaͤßigkeit der Entſagung in der Regel verneinet, und nur in ſo fern Ausnahmen davon aner- kennet, als die Rechte ſelbſt ſolche in einzelnen Faͤllen beſtaͤttiget haben 86). So verbietet z. B. Juſtinian dem Mann ſchlechterdings alle Veraͤuſſerung des Braut- ſchatzes ſeiner Ehefrau, wenn ſolcher in liegenden Gruͤn- den beſtehet; auch wenn die Frau darinn conſentiren wollte 87). Haͤtte hingegen die Frau die Alienation, welche mit ihrer Einwilligung geſchehen, nach zwey Jah- ren genehmigt, und ſie ſich uͤbrigens an den Guͤtern des Mannes erholen koͤnnte, ſo kann ſie die Veraͤuſſe- rung alsdann nicht weiter impugniren 88). Unter dieſen Umſtaͤnden erklaͤrt alſo das Geſez ſelbſt die Entſagung des zum Beſten der Ehefrauen abzweckenden Veraͤuſſerungs- verbots fuͤr zulaͤſſig. Eben ſo kann auch eine Ehefrau nach Juſtinianiſchen Rechten in gewiſſen Faͤllen dem Vel- lejaniſchen Senatusconſulto guͤltig entſagen 89), welches man in Praxi noch weiter, wie wohl gegen die Abſicht und den wahren Sinn der Geſezgeber, ausgedehnt hat 90). Was uͤbrigens der Eid bey ſolcher Entſagung gegen die Vorſchrift verbietender Geſetze wirke, wird in der Folge beym §. 341. gezeigt werden. Nur das einzige muß ich noch bemerken, daß auch ſchlechterdings gebietende Ge- ſetze ihrer Natur nach eben ſo wenig, als verbietende, durch 86) Eben ſo denkt Herr Prof. Weber in Entwikel. der Lehre von der natuͤrlichen Verbindlichkeit. 2te Abth. §. 74. S. 301. 87) L. un. §. 15. C. de rei uxor. act. 88) Nov. 61. cap. I. §. 3. 89) Nov. 94. cap. 2. Nov. 118. cap. 5. 90) leyser. Medit. ad Pandect. Spec. 170. Qui-
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1. Buch. 1. Tit.
ſey, ſo gelte die Entſagung nicht. Aus allem dieſen er-
hellet alſo ſo viel, daß man den ſicherſten Weg erwaͤh-
let, wenn man die Zulaͤßigkeit der Entſagung in der Regel
verneinet, und nur in ſo fern Ausnahmen davon aner-
kennet, als die Rechte ſelbſt ſolche in einzelnen Faͤllen
beſtaͤttiget haben 86). So verbietet z. B. Juſtinian
dem Mann ſchlechterdings alle Veraͤuſſerung des Braut-
ſchatzes ſeiner Ehefrau, wenn ſolcher in liegenden Gruͤn-
den beſtehet; auch wenn die Frau darinn conſentiren
wollte 87). Haͤtte hingegen die Frau die Alienation,
welche mit ihrer Einwilligung geſchehen, nach zwey Jah-
ren genehmigt, und ſie ſich uͤbrigens an den Guͤtern
des Mannes erholen koͤnnte, ſo kann ſie die Veraͤuſſe-
rung alsdann nicht weiter impugniren 88). Unter dieſen
Umſtaͤnden erklaͤrt alſo das Geſez ſelbſt die Entſagung
des zum Beſten der Ehefrauen abzweckenden Veraͤuſſerungs-
verbots fuͤr zulaͤſſig. Eben ſo kann auch eine Ehefrau
nach Juſtinianiſchen Rechten in gewiſſen Faͤllen dem Vel-
lejaniſchen Senatusconſulto guͤltig entſagen 89), welches
man in Praxi noch weiter, wie wohl gegen die Abſicht
und den wahren Sinn der Geſezgeber, ausgedehnt hat 90).
Was uͤbrigens der Eid bey ſolcher Entſagung gegen die
Vorſchrift verbietender Geſetze wirke, wird in der Folge
beym §. 341. gezeigt werden. Nur das einzige muß ich
noch bemerken, daß auch ſchlechterdings gebietende Ge-
ſetze ihrer Natur nach eben ſo wenig, als verbietende,
durch
86) Eben ſo denkt Herr Prof. Weber in Entwikel. der
Lehre von der natuͤrlichen Verbindlichkeit.
2te Abth. §. 74. S. 301.
87) L. un. §. 15. C. de rei uxor. act.
88) Nov. 61. cap. I. §. 3.
89) Nov. 94. cap. 2. Nov. 118. cap. 5.
90) leyser. Medit. ad Pandect. Spec. 170. Qui-
ſtorp in den Beytraͤgen 1. St. Nr. VIII.
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