§. 11. Eintheilung der Römischen Juristen in ius naturale, gentium et civile.
Ulpian sagt in L. 1. §. 3. D. b. t.Natur- recht sey, was die Natur allen lebendigen Geschöpfen durch die ihnen eingepflanzte thierische Triebe gelehrt hat; und welches also Menschen und unvernünftige Thiere mit einander gemein haben. Dahin rechnet er, daß Menschen heirathen, Kinder zeugen und Kinder erziehen. Dies sey im Raturrecht gegründet, weil auch die ver- nunftlosen Thiere sich begatten, ihr Geschlecht fortpflan- zen, und ihre Junge erziehen. Videmus etenim sagt Ulpian, caetera quoque animalia, feras etiam, istius iuris peritia censeri. Diese letztern Worte haben Ei- nigen corrupt zu seyn geschienen, welche statt peritia vielmehr perita lesen wollen; allein die Emendation ist unnütz, peritia censeri ist gerade so viel als perita esse24), also ist der Sinn der Worte dieser: denn wir sehen, daß auch die unvernünftige und wilde Thiere dasselbige Naturgesez in sich fühlen. So umschreibt es auch Theophilus in seiner grigischen Paraphrase der Institutionen 25). Videmus enim non homines modo, sed caetera quoque animalia his, qui legem hanc observant, adscribi. Ueber jenen Begrif des Ulpians vom Naturrecht ist nun viel gestritten und viel geschrieben worden. Einige haben den Juristen wegen dieses Begrifs getadelt; Andere hingegen denselben zu vertheidigen ge- sucht. Man vergleiche, was Gregor LopezMadera26),
Ferrand
24) So heißt's z. B. auch in L. 8. D. de adsign. libertor. manumissoris iure censeri, d. i. manumissoris ius habere.
25)Tit. de iure natur. gent. et civili.
26)Animadversion, iuris civ. cap. 2.
F 2
de Iuſtitia et Iure.
§. 11. Eintheilung der Roͤmiſchen Juriſten in ius naturale, gentium et civile.
Ulpian ſagt in L. 1. §. 3. D. b. t.Natur- recht ſey, was die Natur allen lebendigen Geſchoͤpfen durch die ihnen eingepflanzte thieriſche Triebe gelehrt hat; und welches alſo Menſchen und unvernuͤnftige Thiere mit einander gemein haben. Dahin rechnet er, daß Menſchen heirathen, Kinder zeugen und Kinder erziehen. Dies ſey im Raturrecht gegruͤndet, weil auch die ver- nunftloſen Thiere ſich begatten, ihr Geſchlecht fortpflan- zen, und ihre Junge erziehen. Videmus etenim ſagt Ulpian, caetera quoque animalia, feras etiam, iſtius iuris peritia cenſeri. Dieſe letztern Worte haben Ei- nigen corrupt zu ſeyn geſchienen, welche ſtatt peritia vielmehr perita leſen wollen; allein die Emendation iſt unnuͤtz, peritia cenſeri iſt gerade ſo viel als perita eſſe24), alſo iſt der Sinn der Worte dieſer: denn wir ſehen, daß auch die unvernuͤnftige und wilde Thiere daſſelbige Naturgeſez in ſich fuͤhlen. So umſchreibt es auch Theophilus in ſeiner grigiſchen Paraphraſe der Inſtitutionen 25). Videmus enim non homines modo, ſed caetera quoque animalia his, qui legem hanc obſervant, adſcribi. Ueber jenen Begrif des Ulpians vom Naturrecht iſt nun viel geſtritten und viel geſchrieben worden. Einige haben den Juriſten wegen dieſes Begrifs getadelt; Andere hingegen denſelben zu vertheidigen ge- ſucht. Man vergleiche, was Gregor LopezMadera26),
Ferrand
24) So heißt’s z. B. auch in L. 8. D. de adſign. libertor. manumiſſoris iure cenſeri, d. i. manumiſſoris ius habere.
25)Tit. de iure natur. gent. et civili.
26)Animadverſion, iuris civ. cap. 2.
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Ulpian, caetera quoque animalia, feras etiam, iſtius
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ſed caetera quoque animalia his, qui legem hanc
obſervant, adſcribi. Ueber jenen Begrif des Ulpians
vom Naturrecht iſt nun viel geſtritten und viel geſchrieben
worden. Einige haben den Juriſten wegen dieſes Begrifs
getadelt; Andere hingegen denſelben zu vertheidigen ge-
ſucht. Man vergleiche, was Gregor Lopez Madera 26),
Ferrand
24) So heißt’s z. B. auch in L. 8. D. de adſign. libertor.
manumiſſoris iure cenſeri, d. i. manumiſſoris ius habere.
25) Tit. de iure natur. gent. et civili.
26) Animadverſion, iuris civ. cap. 2.
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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/103>, abgerufen am 18.12.2024.
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