Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische und ökonomische Abhandlungen. Bd. 2. Berlin, 1789.

Bild:
<< vorherige Seite

wobey sie die unfruchtbaren Weiber verführten und
ihnen einbildeten, daß sie bey dem Gebrauche ihrer
Arzeneyen schwanger werden sollten: außer noch vie-
len andern Ausschweifungen, um welcher willen sie
bey keiner guten Einrichtung geduldet werden konn-
ten. Dergleichen menschliche Scheusaale sollen sich
nach des Jornades Zeugnissen de rebus Gericis Cap.
24. ehemals häufig unter dem Volke des Gothischen
Königes Philimer befunden haben. Die Geschichte
sagt, daß weil sie bey der Untersuchung verdächtig
befunden worden, er dieses Gesindel von der Armee
verjagt, und in die Wüsteneyen zusammen bringen
lassen, wie die Zigeuner. Die Fabelgeschichte aber
hat von diesem Gesindel, durch Vermischung mit
den bösen Geistern, das so mächtige Volk der Hun-
nen
entstehen lassen. Diese und mehrere Umstän-
de, die den Namen von Alraunen betreffen, bey
Seite gesetzt, so wird uns die Beschreibung einer
natürlichen und blos zu abergläubischen Absichten
mißbrauchten Mandragora und deren Früchte und
Wurzel in der Geschichte ein mehreres Licht geben,
wovon sich in dem Zustande, in welchen sie als ein
fremdes Gewächs in unsern Gärten unterhalten
wird, folgende zuverläßigere Umstände anführen
lassen.

Diese Pflanze gehöret unter die beständigen,
die wir niedrige Staudengewächse nennen. Ihre
4 bis 5 Finger starke und, im Verhältnisse gegen das
übrige Kraut, sehr große, einen auch fast 2 Fuß lan-

ge

wobey ſie die unfruchtbaren Weiber verfuͤhrten und
ihnen einbildeten, daß ſie bey dem Gebrauche ihrer
Arzeneyen ſchwanger werden ſollten: außer noch vie-
len andern Ausſchweifungen, um welcher willen ſie
bey keiner guten Einrichtung geduldet werden konn-
ten. Dergleichen menſchliche Scheuſaale ſollen ſich
nach des Jornades Zeugniſſen de rebus Gericis Cap.
24. ehemals haͤufig unter dem Volke des Gothiſchen
Koͤniges Philimer befunden haben. Die Geſchichte
ſagt, daß weil ſie bey der Unterſuchung verdaͤchtig
befunden worden, er dieſes Geſindel von der Armee
verjagt, und in die Wuͤſteneyen zuſammen bringen
laſſen, wie die Zigeuner. Die Fabelgeſchichte aber
hat von dieſem Geſindel, durch Vermiſchung mit
den boͤſen Geiſtern, das ſo maͤchtige Volk der Hun-
nen
entſtehen laſſen. Dieſe und mehrere Umſtaͤn-
de, die den Namen von Alraunen betreffen, bey
Seite geſetzt, ſo wird uns die Beſchreibung einer
natuͤrlichen und blos zu aberglaͤubiſchen Abſichten
mißbrauchten Mandragora und deren Fruͤchte und
Wurzel in der Geſchichte ein mehreres Licht geben,
wovon ſich in dem Zuſtande, in welchen ſie als ein
fremdes Gewaͤchs in unſern Gaͤrten unterhalten
wird, folgende zuverlaͤßigere Umſtaͤnde anfuͤhren
laſſen.

Dieſe Pflanze gehoͤret unter die beſtaͤndigen,
die wir niedrige Staudengewaͤchſe nennen. Ihre
4 bis 5 Finger ſtarke und, im Verhaͤltniſſe gegen das
uͤbrige Kraut, ſehr große, einen auch faſt 2 Fuß lan-

ge
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0025" n="15"/>
wobey &#x017F;ie die unfruchtbaren Weiber verfu&#x0364;hrten und<lb/>
ihnen einbildeten, daß &#x017F;ie bey dem Gebrauche ihrer<lb/>
Arzeneyen &#x017F;chwanger werden &#x017F;ollten: außer noch vie-<lb/>
len andern Aus&#x017F;chweifungen, um welcher willen &#x017F;ie<lb/>
bey keiner guten Einrichtung geduldet werden konn-<lb/>
ten. Dergleichen men&#x017F;chliche Scheu&#x017F;aale &#x017F;ollen &#x017F;ich<lb/>
nach des <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Jornades</hi></hi> Zeugni&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#aq">de rebus Gericis Cap.</hi><lb/>
24. ehemals ha&#x0364;ufig unter dem Volke des Gothi&#x017F;chen<lb/>
Ko&#x0364;niges <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Philimer</hi></hi> befunden haben. Die Ge&#x017F;chichte<lb/>
&#x017F;agt, daß weil &#x017F;ie bey der Unter&#x017F;uchung verda&#x0364;chtig<lb/>
befunden worden, er die&#x017F;es Ge&#x017F;indel von der Armee<lb/>
verjagt, und in die Wu&#x0364;&#x017F;teneyen zu&#x017F;ammen bringen<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en, wie die Zigeuner. Die Fabelge&#x017F;chichte aber<lb/>
hat von die&#x017F;em Ge&#x017F;indel, durch Vermi&#x017F;chung mit<lb/>
den bo&#x0364;&#x017F;en Gei&#x017F;tern, das &#x017F;o ma&#x0364;chtige Volk der <hi rendition="#fr">Hun-<lb/>
nen</hi> ent&#x017F;tehen la&#x017F;&#x017F;en. Die&#x017F;e und mehrere Um&#x017F;ta&#x0364;n-<lb/>
de, die den Namen von <hi rendition="#fr">Alraunen</hi> betreffen, bey<lb/>
Seite ge&#x017F;etzt, &#x017F;o wird uns die Be&#x017F;chreibung einer<lb/>
natu&#x0364;rlichen und blos zu abergla&#x0364;ubi&#x017F;chen Ab&#x017F;ichten<lb/>
mißbrauchten <hi rendition="#fr">Mandragora</hi> und deren Fru&#x0364;chte und<lb/>
Wurzel in der Ge&#x017F;chichte ein mehreres Licht geben,<lb/>
wovon &#x017F;ich in dem Zu&#x017F;tande, in welchen &#x017F;ie als ein<lb/>
fremdes Gewa&#x0364;chs in un&#x017F;ern Ga&#x0364;rten unterhalten<lb/>
wird, folgende zuverla&#x0364;ßigere Um&#x017F;ta&#x0364;nde anfu&#x0364;hren<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Die&#x017F;e Pflanze geho&#x0364;ret unter die be&#x017F;ta&#x0364;ndigen,<lb/>
die wir niedrige Staudengewa&#x0364;ch&#x017F;e nennen. Ihre<lb/>
4 bis 5 Finger &#x017F;tarke und, im Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e gegen das<lb/>
u&#x0364;brige Kraut, &#x017F;ehr große, einen auch fa&#x017F;t 2 Fuß lan-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ge</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[15/0025] wobey ſie die unfruchtbaren Weiber verfuͤhrten und ihnen einbildeten, daß ſie bey dem Gebrauche ihrer Arzeneyen ſchwanger werden ſollten: außer noch vie- len andern Ausſchweifungen, um welcher willen ſie bey keiner guten Einrichtung geduldet werden konn- ten. Dergleichen menſchliche Scheuſaale ſollen ſich nach des Jornades Zeugniſſen de rebus Gericis Cap. 24. ehemals haͤufig unter dem Volke des Gothiſchen Koͤniges Philimer befunden haben. Die Geſchichte ſagt, daß weil ſie bey der Unterſuchung verdaͤchtig befunden worden, er dieſes Geſindel von der Armee verjagt, und in die Wuͤſteneyen zuſammen bringen laſſen, wie die Zigeuner. Die Fabelgeſchichte aber hat von dieſem Geſindel, durch Vermiſchung mit den boͤſen Geiſtern, das ſo maͤchtige Volk der Hun- nen entſtehen laſſen. Dieſe und mehrere Umſtaͤn- de, die den Namen von Alraunen betreffen, bey Seite geſetzt, ſo wird uns die Beſchreibung einer natuͤrlichen und blos zu aberglaͤubiſchen Abſichten mißbrauchten Mandragora und deren Fruͤchte und Wurzel in der Geſchichte ein mehreres Licht geben, wovon ſich in dem Zuſtande, in welchen ſie als ein fremdes Gewaͤchs in unſern Gaͤrten unterhalten wird, folgende zuverlaͤßigere Umſtaͤnde anfuͤhren laſſen. Dieſe Pflanze gehoͤret unter die beſtaͤndigen, die wir niedrige Staudengewaͤchſe nennen. Ihre 4 bis 5 Finger ſtarke und, im Verhaͤltniſſe gegen das uͤbrige Kraut, ſehr große, einen auch faſt 2 Fuß lan- ge

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen02_1789
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen02_1789/25
Zitationshilfe: Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische und ökonomische Abhandlungen. Bd. 2. Berlin, 1789, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen02_1789/25>, abgerufen am 22.11.2024.