Arten der Moose gar bald gewahr, wenn man sie aus ihren natürlichen Standorten, sehr geschwind oder bey warmer Witterung in andere bringet, da sie sich nicht lange hernach zusammen ziehen, welk werden, und eine dabey sehr unkenntliche und unan- genehme Gestalt erhalten.
In einem so geringen Grade des Lebens, in welchen sie jährlich, oder auch sonst, durch das all- mählige Zusammentrocknen versetzet werden, kön- nen sie sich eine geraume Zeit befinden, ohne daß sie eben deswegen aufhören sollten zu leben. Man kann ihnen vielmehr hernach ihre Lebhaftigkeit wie- der geben, wenn sie nur nicht wirklich am Feuer, oder sonst durch eine schnell trocknende Hitze getödet worden sind. Denn wenn man sie an ihren ersten schattigen, verdeckten, kühlen und gemäßigten seuch- ten Ort bringet, oder aber dem Regen aussetzet, oder ins kalte Wasser leget, so leben sie auf, dehnen sich aus, und wachsen fort.
Es ist indessen unmerklich genug, daß derglei- chen Moose, welche, wie schon erwähnet, ohnge- fähr schon vor 6, 8, 10, 20, 40, 80, 100, 150, auch 200 Jahren wirklich gelebt, und eingesamm- let worden, nach Verlauf einer so langen Zeit, durch das eindringende kalte Wasser, sich wieder aus- dehnen und einen so großen Grad der Lebhaftigkeit annehmen, daß sie sich dadurch den lebendigen über- aus vergleichen lassen. Diese merkwürdige Eigen-
schaft
Arten der Mooſe gar bald gewahr, wenn man ſie aus ihren natuͤrlichen Standorten, ſehr geſchwind oder bey warmer Witterung in andere bringet, da ſie ſich nicht lange hernach zuſammen ziehen, welk werden, und eine dabey ſehr unkenntliche und unan- genehme Geſtalt erhalten.
In einem ſo geringen Grade des Lebens, in welchen ſie jaͤhrlich, oder auch ſonſt, durch das all- maͤhlige Zuſammentrocknen verſetzet werden, koͤn- nen ſie ſich eine geraume Zeit befinden, ohne daß ſie eben deswegen aufhoͤren ſollten zu leben. Man kann ihnen vielmehr hernach ihre Lebhaftigkeit wie- der geben, wenn ſie nur nicht wirklich am Feuer, oder ſonſt durch eine ſchnell trocknende Hitze getoͤdet worden ſind. Denn wenn man ſie an ihren erſten ſchattigen, verdeckten, kuͤhlen und gemaͤßigten ſeuch- ten Ort bringet, oder aber dem Regen ausſetzet, oder ins kalte Waſſer leget, ſo leben ſie auf, dehnen ſich aus, und wachſen fort.
Es iſt indeſſen unmerklich genug, daß derglei- chen Mooſe, welche, wie ſchon erwaͤhnet, ohnge- faͤhr ſchon vor 6, 8, 10, 20, 40, 80, 100, 150, auch 200 Jahren wirklich gelebt, und eingeſamm- let worden, nach Verlauf einer ſo langen Zeit, durch das eindringende kalte Waſſer, ſich wieder aus- dehnen und einen ſo großen Grad der Lebhaftigkeit annehmen, daß ſie ſich dadurch den lebendigen uͤber- aus vergleichen laſſen. Dieſe merkwuͤrdige Eigen-
ſchaft
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0080"n="68"/>
Arten der Mooſe gar bald gewahr, wenn man ſie<lb/>
aus ihren natuͤrlichen Standorten, ſehr geſchwind<lb/>
oder bey warmer Witterung in andere bringet, da<lb/>ſie ſich nicht lange hernach zuſammen ziehen, welk<lb/>
werden, und eine dabey ſehr unkenntliche und unan-<lb/>
genehme Geſtalt erhalten.</p><lb/><p>In einem ſo geringen Grade des Lebens, in<lb/>
welchen ſie jaͤhrlich, oder auch ſonſt, durch das all-<lb/>
maͤhlige Zuſammentrocknen verſetzet werden, koͤn-<lb/>
nen ſie ſich eine geraume Zeit befinden, ohne daß<lb/>ſie eben deswegen aufhoͤren ſollten zu leben. Man<lb/>
kann ihnen vielmehr hernach ihre Lebhaftigkeit wie-<lb/>
der geben, wenn ſie nur nicht wirklich am Feuer,<lb/>
oder ſonſt durch eine ſchnell trocknende Hitze getoͤdet<lb/>
worden ſind. Denn wenn man ſie an ihren erſten<lb/>ſchattigen, verdeckten, kuͤhlen und gemaͤßigten ſeuch-<lb/>
ten Ort bringet, oder aber dem Regen ausſetzet,<lb/>
oder ins kalte Waſſer leget, ſo leben ſie auf, dehnen<lb/>ſich aus, und wachſen fort.</p><lb/><p>Es iſt indeſſen unmerklich genug, daß derglei-<lb/>
chen Mooſe, welche, wie ſchon erwaͤhnet, ohnge-<lb/>
faͤhr ſchon vor 6, 8, 10, 20, 40, 80, 100, 150,<lb/>
auch 200 Jahren wirklich gelebt, und eingeſamm-<lb/>
let worden, nach Verlauf einer ſo langen Zeit,<lb/>
durch das eindringende kalte Waſſer, ſich wieder aus-<lb/>
dehnen und einen ſo großen Grad der Lebhaftigkeit<lb/>
annehmen, daß ſie ſich dadurch den lebendigen uͤber-<lb/>
aus vergleichen laſſen. Dieſe merkwuͤrdige Eigen-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſchaft</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[68/0080]
Arten der Mooſe gar bald gewahr, wenn man ſie
aus ihren natuͤrlichen Standorten, ſehr geſchwind
oder bey warmer Witterung in andere bringet, da
ſie ſich nicht lange hernach zuſammen ziehen, welk
werden, und eine dabey ſehr unkenntliche und unan-
genehme Geſtalt erhalten.
In einem ſo geringen Grade des Lebens, in
welchen ſie jaͤhrlich, oder auch ſonſt, durch das all-
maͤhlige Zuſammentrocknen verſetzet werden, koͤn-
nen ſie ſich eine geraume Zeit befinden, ohne daß
ſie eben deswegen aufhoͤren ſollten zu leben. Man
kann ihnen vielmehr hernach ihre Lebhaftigkeit wie-
der geben, wenn ſie nur nicht wirklich am Feuer,
oder ſonſt durch eine ſchnell trocknende Hitze getoͤdet
worden ſind. Denn wenn man ſie an ihren erſten
ſchattigen, verdeckten, kuͤhlen und gemaͤßigten ſeuch-
ten Ort bringet, oder aber dem Regen ausſetzet,
oder ins kalte Waſſer leget, ſo leben ſie auf, dehnen
ſich aus, und wachſen fort.
Es iſt indeſſen unmerklich genug, daß derglei-
chen Mooſe, welche, wie ſchon erwaͤhnet, ohnge-
faͤhr ſchon vor 6, 8, 10, 20, 40, 80, 100, 150,
auch 200 Jahren wirklich gelebt, und eingeſamm-
let worden, nach Verlauf einer ſo langen Zeit,
durch das eindringende kalte Waſſer, ſich wieder aus-
dehnen und einen ſo großen Grad der Lebhaftigkeit
annehmen, daß ſie ſich dadurch den lebendigen uͤber-
aus vergleichen laſſen. Dieſe merkwuͤrdige Eigen-
ſchaft
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische Abhandlungen. Bd. 1. Berlin, 1789, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen01_1789/80>, abgerufen am 23.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.